Es besteht kein Beweisverwertungsverbot für Videoaufnahmen auf Autobahnen zur Überführung von Verkehrssündern. Auch unter Berücksichtigung der vom BVerfG für die Videoüberwachung aufgestellten Grundsätze ist die Verwertung zur Aufdeckung von Straßenverkehrsvergehen zulässig.

So jedenfalls hat es das OLG Koblenz im Rahmen der Ahndung einer Geschwindigkeitsüberschreitung entschieden.

 

Die Aufzeichnungstechnik

Die zuständige Polizeibehörde hatte eine Videoüberwachung eines Autobahnabschnitts auf folgende Weise durchgeführt:

  • Zwei auf einer Brücke aufgestellte Videokameras erfassten den laufenden Verkehr auf einer Gesamtstrecke von ca. 400 m.
  • Die Aufzeichnungen wurden von Polizeibeamten beobachtet. Sie zeigten ein nur unscharfes Bild. Weder Fahrzeugführer noch Kennzeichen waren auch nur andeutungsweise erkennbar.
  • Eine Fahreridentifizierung anhand dieser Aufnahmen war auch nicht beabsichtigt.

 

Erst bei Verdacht Identifizierungskamera in Gang gesetzt

Erst wenn aufgrund der Aufzeichnungen der konkrete Verdacht einer Verkehrsübertretung durch ein Fahrzeug entstand, wurde eine weitere Aufzeichnung durch eine dritte Kamera in Gang gesetzt.

  • Diese dritte Kamera zeichnete dann ein identifizierendes Bild des Fahrzeugs sowie des Fahrers.
  • Außerdem wurden diverse Parameter wie Geschwindigkeit und Abstand zum Vordermann ermittelt.

 

Keine Verletzung des Persönlichkeitsrechts durch nicht identifizierende Videoüberwachung

Das Oberlandesgericht sah die Reihenfolge der Vorgehensweise als entscheidend für die Beurteilung der Zulässigkeit der Überwachung an. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts wurde durch die ersten beiden „unscharfen“  Kameras nicht in das Persönlichkeitsrecht der Verkehrsteilnehmer eingegriffen. Erst wenn sich aus der Beobachtung die Wahrscheinlichkeit eines Straßenverkehrsvergehens ergab, wurde eine identifizierende Beobachtung eingeleitet.

 

Bei Wahrscheinlichkeit einer Regelübertretung ist identifizierende Videoüberwachung zulässig

Die identifizierende Beobachtung sah das Oberlandesgericht nun als gerechtfertigt an: Entscheidend sei, dass aufgrund eines konkreten Verdachts die Aufzeichnung zur Identifizierung des Tatverdächtigen führen solle. Hierbei bezog sich das Oberlandesgericht  auf zwei unterschiedliche Vorschriften der StPO. Hiernach sind bei einem konkreten Tatverdacht die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, die zur Identifizierung des Tatverdächtigen führen.

Diese Art der Überwachung sei auch zur Aufdeckung von Straßenverkehrsübertretungen verhältnismäßig und damit zulässig . Abzuwarten bleibt, ob diese Sichtweise (so auch in einer ähnlichen Entscheidung des Oberlandesgerichts Bamberg vom 16.11.2009) auch vom Bundesverfassungsgericht geteilt wird.

(OLG Koblenz, Beschluss v. 04.03.2010; 1 Ss Bs 23/10).