Idiotentest: Zu den Voraussetzungen der Anordnung einer MPU

Die Anordnung der Fahrerlaubnisbehörde zur Beibringung eines Fahreignungsnachweises setzt nicht den Nachweis einer Trunkenheitsfahrt voraus. Ausreichend ist das durch Tatsachen untermauerte Risiko künftiger Trunkenheitsfahrten.

Das nordrhein-westfälische OVG hatte über die Beschwerde eines Fahrzeughalters gegen die Anordnung der durch das VG bestätigten Anordnung der Fahrerlaubnisbehörde zu entscheiden, durch ein medizinisch-psychologisches Gutachten seine Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen nachzuweisen. Gegenüber dem Betroffenen hatte die Polizei einen Blutalkoholtest angeordnet, bei dem eine Blutalkoholkonzentration von 2,56 Promille festgestellt worden war. Die Polizeibeamten hatten den Fahrzeughalter aber nicht unmittelbar beim Führen seines Kraftfahrzeuges beobachtet. Aus dem Umstand, dass die Motorhaube seines Fahrzeugs noch warm war, hatten sie den Schluss gezogen, dass der Betroffene auch gefahren war. Im späteren Strafverfahren hatte dieser die Möglichkeit, selbst gefahren zu sein, nicht ausgeschlossen. Diese Umstände genügten der Fahrerlaubnisbehörde zur Anordnung der Vorlage des Eignungsnachweises. Seine hiergegen gerichtete Beschwerde hat zunächst das VG und anschließend das OVG zurückgewiesen.

Hinreichende Tatsachengrundlage

Nach Auffassung des OVG war die Anordnung der Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens formell und materiell rechtmäßig. Der Anlass für die Anordnung war nach Auffassung der Richter ausreichend. Hierfür sei es nicht erforderlich, dass dem Betroffenen eine Trunkenheitsfahrt nachgewiesen werde. Hinreichend sei bereits der begründete Verdacht und das damit real bestehende Risiko von Trunkenheitsfahrten sowie der damit einhergehenden schweren Gefährdung des Straßenverkehrs. Die festgestellten Tatsachen

  • hohe Blutalkoholkonzentration,
  • warme Motorhaube sowie
  • das Einräumen der Möglichkeit der Trunkenheitsfahrt durch den Betroffenen

bildeten nach Auffassung des OVG eine hinreichende Tatsachengrundlage für die Anordnung der MPU.

Hinweis auf Prozesstaktik nicht überzeugend

Die Einlassung des Betroffenen, er habe im Strafprozess lediglich aus prozesstaktischen Gründen nicht ausgeschlossen, selbst gefahren zu sein, beeindruckte das Gericht nicht. Der Hinweis des Betroffenen, dass er durch diese Einlassung einer Konfrontation mit seinen verfeindeten Nachbarn entgehen wollte, war nicht plausibel, da diese Einlassung erst erfolgte, nachdem die Nachbarn bereits als Zeugen ausgesagt hatten.

Alkoholproblematik wahrscheinlich

Auch die Auffassung des Betroffenen, die hypothetische Annahme, dass eine Blutalkoholkonzentration von 2,56 Promille auf eine Alkoholabhängigkeit hinweise, sei wissenschaftlich nicht zu halten, überzeugte die Richter nicht. Das OVG wies darauf hin, dass nach heutigen verkehrsmedizinischen Erkenntnissen bereits eine Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille auf von der Norm abweichende Trinkgewohnheiten hinweise. Erst recht spreche eine Blutalkoholkonzeption von 2,56 Promille für eine erhebliche Alkoholproblematik, da Personen mit normalen Trinkgewohnheiten eine solche Blutalkoholkonzentration nicht ohne weiteres erreichten (BVerwG, Urteil v. 15.7.1988, 7 C 46.87).

Der Betroffene muss Zweifel an seiner Eignung ausräumen

Auch der Hinweis des Beschwerdeführers, dass er seit seiner Führerscheinprüfung stets beanstandungsfrei am Straßenverkehr teilgenommen habe, vermochte das OVG nicht von den entstandenen Zweifeln an seiner Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen abzubringen. Das Gericht wies darauf hin, dass die Anordnung der Beibringung eines Eignungsnachweises nicht nur bei erwiesener Ungeeignetheit sondern bereits bei begründeten Zweifeln an der Geeignetheit des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen rechtmäßig sei. Grundsätzlich ergehe eine solche Anordnung im Rahmen einer Interessenabwägung. Bei dieser Interessenabwägung komme den besonderen Risiken für die Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs und der Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer durch Fahrer mit einer Alkoholproblematik besondere Bedeutung zu. Die hieraus entstehenden Gefahren für Leib und Leben anderer Verkehrsteilnehmer überwiegen nach Überzeugung des OVG regelmäßig das private Interesse des Betroffenen an einer Teilnahme am Straßenverkehr. Der Beschwerde blieb daher der Erfolg versagt.

(OVG NRW, Beschluss v. 27.6.2014, 16 B358/14)

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