Aufsichtspflicht von Kindergärtnerinnen – oder: Wenn Kinder Steine auf Autos schmeißen
Der Steinwurf eines Fünfjährigen war Anlass für das Amtsgericht, sich näher mit der Aufsichtspflicht des Kindergartenpersonals im Sinne des § 1631 BGB zu beschäftigen.
Ein Stein als Stein des Anstoßes
Gemeinsam mit einem Spielkameraden hatte der Junge vom Freigelände eines Kindergartens einen Stein auf ein davor parkendes Auto geworfen. Die Folge: ein Schaden von 2.340 EUR. Der Halter des Fahrzeugs verklagte den Träger der Einrichtung in dieser Höhe auf Schadensersatz. Sein Argument: Der Träger bzw. das Personal hätte die ihm per Aufnahmevertrag übertragene Aufsichtspflicht verletzt. Ohne Erfolg: das Amtsgericht München wies die Klage als unbegründet ab. Es legte bei seiner Entscheidung die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zugrunde, nach der sich der Grad der gebotenen Aufsicht nach den folgenden Kriterien bestimmt:
- dem Alter des Kindes,
- seinem bisherigen Verhalten, seinen Eigenheiten und dem Charakter,
- den örtlichen Gegebenheiten,
- dem Ausmaß der drohenden Gefahr,
- der Vorhersehbarkeit und der Zumutbarkeit für den Aufsichtspflichtigen.
Fünfjähriges unauffälliges Kind muss nicht permanent beaufsichtigt werden
Bei Abwägung all dieser Faktoren konnte der Amtsrichter keine Aufsichtspflichtverletzung der Kindergärtnerinnen feststellen. Bei einem fünfjährigen Kind sei keine permanente Überwachung erforderlich, sondern vielmehr eine Kontrolle alle 15 bis 30 Minuten geboten. Dieser Turnus war jedoch im konkreten Fall eingehalten worden, wie die Beweisaufnahme ergab. Auch war der Junge bisher noch nicht mit ähnlichem Verhalten auffällig geworden. Die Erzieherinnen mussten also nicht damit rechnen, dass er Steine auf ein Auto werfen würde.
(AG München, Urteil v. 1.12.2015, 133 C 20101/15)
Weitere News zum Thema:
Wie weit reicht die Aufsichtspflicht von Lehrern?
Kita-Kids werfen Steine auf parkendes Fahrzeug - Stadt haftet
-
Wohnrecht auf Lebenszeit trotz Umzugs ins Pflegeheim?
1.2472
-
Wie kann die Verjährung verhindert werden?
932
-
Minderung schlägt auf Betriebskostenabrechnung durch
720
-
Klagerücknahme oder Erledigungserklärung?
690
-
Diese Compliance-Regelungen gelten für Geschenke und Einladungen
550
-
Überbau und Konsequenzen – wenn die Grenze zum Nachbargrundstück ignoriert wurde
490
-
Transparenzregister: Wirtschaftlich Berechtigter nach GWG
448
-
Brief- und Fernmelde-/ Kommunikationsgeheimnis: Was ist erlaubt, was strafbar?
434
-
Eigenbedarfskündigung bei Senioren – Ausschluss wegen unzumutbarer Härte?
419
-
Wann ist ein Anspruch verwirkt? Worauf beruht die Verwirkung?
413
-
Anwaltsregress: Haftungsverteilung bei Fehlern von Erst- und Folgeanwalt
18.12.2025
-
Nachträgliche Herabsetzung der Riester-Rente durch Versicherung nicht zulässig
16.12.2025
-
Wucherähnliches Sale-and-rent-back-Geschäft
17.11.2025
-
Einseitige Preisanpassung von Amazon Prime ist rechtswidrig
06.11.2025
-
Sind die Bonus-Apps der Discounter kostenlos?
29.10.2025
-
Mann tritt beim Aussteigen in Schlagloch: Keine Amtshaftung
27.10.2025
-
Supermarkt haftet nicht für Ausrutscher auf Salatblatt
08.10.2025
-
Kündigung einer Reise wegen eines nicht renovierten Hotelzimmers
18.09.2025
-
Kein Auskunftsanspruch gegen E-Mail-Hosting-Dienst
17.09.2025
-
BGH erleichtert Schadensersatz bei Glättesturz
11.09.2025