Vatersuche via Handy-Nr.: Telefonanbieter muss mutmaßlichen Vater preisgeben
One-Night-Stand mit Folgen
Die heute 29-jährige Mutter des Jungen hatte vor Jahren eine einmalige Affäre – neudeutsch: One-Night-Stand – mit einer Gelegenheitsbekanntschaft. Diese blieb nicht ohne Folgen: Die Frau wurde schwanger. Sie war sich ihrer Sache in der Vaterschaftsfrage sicher, sie hatte nach eigener Aussage im Empfängniszeitraum ausschließlich mit diesem Mann Sex.
Kein Anschluss unter dieser Nummer ...
Von dem Mann kannte sie nur den Vornamen und die Handynummer. Nachdem sie dem mutmaßlichen Vater telefonisch mitteilte, dass sie ein Kind von ihm erwarte, brach der Mann den Kontakt ab und änderte seine Handynummer.
Namen des Handyinhabers verlangt
Die Mutter hatte für ihren 2006 geborenen Jungen von der Telefongesellschaft den Namen eines Kunden gefordert. Als diese sich weigerte, den Anschlussinhaber zu nennen, klagte sie im Namen ihres Sohnes gegen das Bonner Telekommunikationsunternehmen.
Klage der Mutter abgewiesen: Kein Anspruch auf Auskunft
Nach dem die Frau zunächst ihrerseits eine Auskunftsklage gegen das Telekommunikationsunternehmen erhoben hatte, um an die Identität des mutmaßlichen Vaters zu kommen, diese jedoch mit der Begründung abgewiesen wurde, es gebe keinen allgemeinen Anspruch auf Auskunft, erhob nun im zweiten Anlauf das Kind selbst Klage - und bekam Recht.
Kind klagt erfolgreich: Telefongesellschaft muss Namen herausrücken
Der Auskunftsanspruch des Kindes ergebe sich aus seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht.
- Das verfassungsrechtlich geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht umfasse als Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit auch das Recht des Kindes auf Kenntnis der eigenen Abstammung,
- so das AG Bonn unter ausdrücklicher Bezugnahme auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Urteil v. 13.02.2007, 1 BvR 421/05).
Persönlichkeitsrecht schlägt Datenschutz:
Zwar verleihe dieser Anspruch keinen allgemeinen Anspruch auf die Verschaffung von Kenntnissen über die eigene Abstammung, schütze aber vor der Vorenthaltung von erlangbaren Informationen.
Hier bestehe ein legitimes Auskunftsinteresse, denn ein Kind habe nach der vorgenannten Verfassungsgerichtsentscheidung ein Recht darauf zu erfahren, wer sein leiblicher Vater ist.
Kenntnis der eigenen Abstammung ist wichtiger als Datenschutz
Nach Ansicht des Amtsgerichts überwiegen in der Abwägung der Interessen von Vater und Kind eindeutig die Interessen des Kindes, das seine Herkunft ermitteln und seinen Unterhaltsanspruch durchsetzen will.
- Demgegenüber stünde auf Seiten des mutmaßlichen Erzeugers nur dessen wenig schützenswertes Interesse an Geheimhaltung seiner Personalien gegenüber einer früheren Intimpartnerin
- sowie das vordergründige Interesse, sich seiner Verantwortung zu entziehen, indem er eine Vaterschaftsfeststellung und eine etwaige unterhaltsrechtliche Inanspruchnahme vereitelt.
Schwerer wiege da auf Seiten des Kindes dessen Interesse am Auffinden seines Vaters, zur eigenen Identitätsfindung und v.a. zur Durchsetzung berechtigter Unterhaltsansprüche.
Das verfassungsrechtlich geschützte Recht des Kindes auf Feststellung seiner Abstammung sei daher auch vorrangig gegenüber dem Recht des Telefondienstleisters auf Wahrung des Datenschutzes seiner Kunden (§ 105 TKG). Folglich muss das Telefonunternehmen Namen des Anschlussinhabers und mutmaßlichen Vaters mitteilen. Das Urteil ist rechtskräftig.
(AG Bonn, Urteil v. 08.02.2011 , 104 C 593/10).
Praxishinweis: Nur das Kind hat Anspruch auf Nennung des Anschlussinhabers
Ursprünglich hatte die Mutter selbst gegen das Telekommunikationsunternehmen auf Auskunft geklagt. Das seinerzeit zuständige Landgericht Bonn (Urteil v. 29.09.2010 - Az.: 1 O 207/10) hatte jedoch entschieden, dass ihr kein Auskunftsanspruch zustehe.
Dem Gesetz sei keine Anspruchsgrundlage für einen derartigen Auskunftsanspruch zu entnehmen. Insbesondere ergebe sich auch aus der von der Klägerin beabsichtigten Vaterschaftsfeststellung kein solcher Auskunftsanspruch. Allenfalls dem Kind könne ein derartiger Auskunftsanspruch zustehen. Daraufhin erhob das Kind nun selbst Klage - und obsiegte.
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