Ersatzerbschaft kann nicht als Nacherbschaft um gedeutet werden

Bei der Auslegung von Testamenten droht häufig Streit, wie ein aktueller Fall des OLG Hamm zeigt. Aufgabe ist es, den wirklichen Willen des Erblassers zu erforschen und seine im Testament benutzten Ausdrücke zu hinterfragen. Es kann daher nicht ohne Weiteres angenommen werden, dass ein Ersatzerbe auch Nacherbe werden soll.

Die 74-jährige verstarb 1991 und hinterließ vier Kinder. Im Jahr 1985 hatte sie in ihrem Testament verfügt, dass ihr ältester Sohn Alleinerbe werden soll. Im Falle seines kinderlosen Versterbens vor dem Tod der Mutter, sollte der zweitälteste Sohn als Ersatzerbe die alleinige erbrechtliche Position des Bruders einnehmen.

Ältester Sohn wurde Alleinerbe

Der älteste Sohn wurde jedoch, wie von der Erblasserin in ihrem Testament gewünscht, zunächst Alleinerbe. Als dieser 2012 kinderlos starb, beantragte der Zweitgeborene einen Erbschein beantragt, welcher ihn als alleinigen Erben der Mutter ausweisen sollte.  

Ersatzerbe = Nacherbe? 

Er war der Ansicht, seine Mutter habe die juristischen Begrifflichkeiten nicht genau gekannt, als sie ihn als „Ersatzerben“ in das Testament eingetragen hatte. Vielmehr habe sie ihn auch als „Nacherbe“ einsetzen wollen. 

Subjektives Verständnis des Erblassers für verwendete Begriffe entscheidend 

Dies sah der 15. Zivilsenat jedoch anders und wies den Antrag des Sohnes zurück. Eine von der Erblasserin gewollte Nacherbschaft des jüngeren Sohnes sei dem eigenhändigen Testament nicht zu entnehmen.

Bei der Testamentsauslegung sei der wirkliche Wille des Erblassers zu erforschen. Zwar sei hierbei auch vom Wortlaut auszugehen. Dieser sei jedoch nicht bindend. Vielmehr müsse der Wortsinn hinterfragt und erforscht werden. In dem vorliegenden Fall habe der Begriff des Ersatzerben einen klaren rechtlichen Inhalt. Ob dieser der Erblasserin bekannt war, könne nicht mehr festgestellt werden. 

Umdeutung des Ersatzerben ausgeschlossen 

Allgemeinsprachlich bedeute ein „Ersatzerbe“ nicht mehr, als der Austausch einer der zum Erbe bestimmten Person durch eine andere. Hätte sie ihren jüngeren Sohn als Nacherben vorgesehen, hätte sie eine der Vorerbschaft entsprechende Verfügungsbeschränkung in Bezug auf ihren Nachlass bestimmt. Daher sei von der Ersatzerbenstellung auszugehen. Dieser Erbfall ist jedoch nicht eingetreten, weil die Mutter vor dem ältesten Sohn gestorben ist.

(OLG Hamm, Beschluss v. 18.7.2013, 15 W 88/13)