Kein Ausschluss des Zugewinnausgleichs wegen langer Trennungszeit
Manchmal braucht es erst viele Jahre der Trennung, bevor sich einer der Partner endgültig dazu entschließt, sich scheiden zu lassen. Findet während dieser langen Trennungszeit keine vollständige wirtschaftliche Trennung des Vermögens statt, begründet allein die Dauer der Trennung kein Leistungsverweigerungsrecht für den Ausgleichspflichtigen, so der BGH in seiner erst kürzlich ergangenen Entscheidung.
Ungewöhnlich lange Trennungszeit
Nach fast 18 Ehejahren trennten sich Klägerin und Beklagter im Januar 1990. Nachdem der Beklagte dann im Juni 2007 den Scheidungsantrag erhielt, wurde die Ehe der Parteien kurz darauf geschieden und der Versorgungsausgleich durchgeführt. Das Gericht sprach der Klägerin zusätzlich ein Zugewinnausgleich in Höhe von 596.938 EUR zu. Mit dieser Höhe war der Beklagte nicht einverstanden und legte Einspruch ein. Da der Beklagte auch in der Berufungsinstanz nur einen Teilerfolg erzielte, landete der Fall schließlich beim BGH.
Beklagter besteht auf Leistungsverweigerungsrecht
Strittig waren die Bewertungen von drei Grundstücken an einem See, die der Beklagten bereits im Oktober 1982 von seiner Mutter geschenkt bekommen hatte und die die Grundlage für die Berechnung des Zugewinns bildeten. Darüber hinaus vertrat der Beklagte mit der Revision weiterhin die Auffassung, dass ihm ein Leistungsverweigerungsrecht nach § 1381 BGB zusteht, da die Parteien bereits eine ungewöhnlich lange Zeit getrennt lebten.
BGH: keine grobe Unbilligkeit gem. § 1381 BGB
Die Bundesrichter schlossen sich der Beurteilung des OLG an und wiesen die Revision als unbegründet zurück. Der Beklagte könne die Ausgleichsforderung nicht gemäß § 1381 BGB wegen grober Unbilligkeit verweigern. Der Zugewinnausgleich solle den Parteien ermöglichen, an dem in der Ehe gemeinsam erwirtschafteten Vermögen teilzuhaben. Nur wenn ein solcher Ausgleich grob unbillig und dem Gerechtigkeitsempfinden in unerträglicher Weise widersprechenden würde, kann der Schuldner die Ausgleichspflicht verweigern. Zwar könne ein Fall von unbilliger Härte bei ungewöhnlich langer Trennungszeit vorliegen (vgl. BGH, Urteil v. 6.2. 2002, XII ZR 213/00), allerdings müsse in diesen Fällen nachweislich das Endvermögen erst nach der Trennung erwirtschaftet worden sein und es dürfe keine innere Beziehung des Vermögens zur ehelichen Lebensgemeinschaft mehr bestehen.
Keine vollständige wirtschaftliche Trennung
Auch wenn die wesentliche Wertsteigerung der streitgegenständlichen Grundstücke erst nach der Trennung eingetreten sei, so haben die Parteien keine vollständige wirtschaftliche Trennung des Vermögens durchgeführt. Für eine während der Trennungszeit weiterhin bestehende innere Beziehung zur ehelichen Lebensgemeinschaft sprachen nach Ansicht der Bundesrichter folgende Punkte:
- der Zeitpunkts des Erwerbs der Grundstücke lag acht Jahre vor der Trennung
- eines der Häuser wurde noch während des Zusammenlebens renoviert und erweitert
- der Nießbrauch der Mutter des Beklagten wurde mehrere Jahre vor der Trennung gelöscht
- bis zum Jahr 2005 wurden beide steuerlich noch gemeinsam veranlagt
Beklagter verlangte keine vorzeitige Aufhebung der Zugewinngemeinschaft
Auch die Tatsache, dass der Beklagte von der Möglichkeit der vorzeitigen Aufhebung der Zugewinngemeinschaft bzw. des vorzeitigen Zugewinnausgleichs gem. §§ 1385, 1386 BGB keinen Gebrauch machte, spreche nach Auffassung der Richter ebenfalls gegen die Annahme einer groben Unbilligkeit. Der Zugewinnausgleich findet für den Zeitraum der Trennung bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags statt (§ 1384 BGB). Hätte der Beklagte verhindern wollen, dass der Vermögenszuwachs der Grundstücke während dieser Zeit in die Ausgleichsberechnung mit einbezogen wird, hätte er nach dreijährigem Getrenntleben von der Klägerin die vorzeitige Aufhebung der Zugewinngemeinschaft bzw. den vorzeitigen Zugewinnausgleich verlangen können. Auch das bis zum 1.9.2009 geltende Zugewinnausgleichsrecht, das vorliegend Anwendung findet, sah diese Möglichkeiten vor.
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