Arbeitszimmer für Bereitschaftsdienst am Wochenende

Abzug von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer
Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG dürfen die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung grundsätzlich nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden. Bildet das häusliche Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung, dürfen die Aufwendungen in voller Höhe steuerlich berücksichtigt werden. Steht für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, sind die Aufwendungen bis zur Höhe von 1.250 EUR je Wirtschaftsjahr oder Kalenderjahr als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehbar.
Was ist ein "anderer Arbeitsplatz"?
Anderer Arbeitsplatz ist grundsätzlich jeder Arbeitsplatz, der zur Erledigung büromäßiger Arbeiten geeignet ist. Er steht aber nur dann zur Verfügung, wenn ihn der Steuerpflichtige in dem konkret erforderlichen Umfang und in der konkret erforderlichen Art und Weise tatsächlich nutzen kann. Übt der Steuerpflichtige nur eine berufliche Tätigkeit aus, muss geprüft werden, ob der - an sich vorhandene – andere Arbeitsplatz tatsächlich für alle Aufgabenbereiche der Erwerbstätigkeit zur Verfügung steht. Es genügt allerdings nicht, dass nach Feierabend oder am Wochenende im häuslichen Arbeitszimmer Arbeiten verrichtet werden, die grundsätzlich auch an dem anderen Arbeitsplatz verrichtet werden könnten.
BFH lässt Abzug der Arbeitszimmerkosten bei Bereitschaftsdienst zu
Anhand der oben beschriebenen Grundsätze ist der BFH in einer älteren Entscheidung (Urteil v. 7.8.2003, VI R 41/98, BStBl 2004 II S. 80) zu dem Ergebnis gekommen, dass bei einem Bereitschaftsdienst außerhalb der Bürozeiten die Arbeitszimmerkosten bis zu 1.250 EUR geltend gemacht werden können, wenn der – vorhandene – andere Arbeitsplatz hierfür nicht zur Verfügung steht. Im konkreten Fall leistete ein EDV-Organisator außerhalb seiner regulären Arbeitszeit und vom häuslichen Arbeitszimmer aus per Telefon und Teleservice Bereitschaftsdienst (i. d. R. 17:00 – 20:00 Uhr in der Woche und Samstag). Das Verwaltungsgebäude, in welchem der normale Dienst verrichtet wurde, war zu diesen Zeiten verschlossen, sodass der reguläre Arbeitsplatz für diesen Teilbereich der beruflichen Tätigkeit tatsächlich nicht genutzt werden konnte.
Auffassung der Finanzverwaltung
Die Finanzverwaltung erkennt die Rechtsprechung des BFH auch an und hat Beispiele für einen vorhandenen Arbeitsplatz, welcher nicht für alle Aufgabenbereiche der Erwerbstätigkeit zur Verfügung steht, veröffentlicht (BMF, Schreiben v. 2.3.2011, BStBl 2011 I S. 195, Rz. 17).
Bereitschaftsdienst nur am Wochenende
Allerdings hat aktuell ein Finanzamt im Rahmen eines Urteils des FG München (Urteil v. 27.8.2016, 15 K 439/15) in einem ähnlich gelagerten Fall (Zugang zum Betriebsgebäude am Wochenende nicht möglich, aber Erreichbarkeit im Rahmen eines Notdienstes dienstvertraglich vorgeschrieben und aufgrund der Betreuung internationaler Bauprojekte auch zwingend erforderlich) die Auffassung vertreten, dass es bei einem Bereitschaftsdienst, welcher ausschließlich am Wochenende erbracht wurde, unbeachtlich sei, wenn der andere Arbeitsplatz an den Wochenenden nicht zur Verfügung steht. Diese Auffassung könnte auf die Formulierung in Rz. 15 des o. g. BMF-Schreibens zurückzuführen sein, wonach ein anderer Arbeitsplatz auch dann zur Verfügung steht, wenn er außerhalb der üblichen Arbeitszeiten, wie z. B. am Wochenende oder in der Ferien, nicht zugänglich ist (was aber ja nicht heißt, dass er für alle Aufgabenbereiche zur Verfügung steht).
Praxis-Tipp: FG München entscheidet nach den allgemeinen Grundsätzen
Aufgrund der allgemeinen Grundsätze hat das FG München aber folgerichtig entschieden, dass die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nicht vom Abzug ausgeschlossen sind, wenn dem Steuerpflichtigen für die berufliche Tätigkeit (Bereitschaftsdienst) am Wochenende kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. In vergleichbaren Fällen sollte man sich daher auf die rechtskräftige Entscheidung des FG München beziehen.
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