Zwölf Tipps für überzeugende Auftritte in Videokonferenzen

Videokonferenzen machen es schwer, Nähe herzustellen und Empathie zu zeigen. Deshalb müssen Führungskräfte mehr noch als im physischen Gespräch klar und eindeutig kommunizieren. Die Medienprofis Kay-Sölve Richter und Christoph Münzer zeigen auf, wie man sich in Videocalls überzeugend präsentiert.

Auf ihrer jährlichen Sommerpressekonferenz erörterte Bundeskanzlerin Angela Merkel die Chancen der virtuellen Kommunikation und sprach dabei einen weisen Satz gelassen aus: Auf eine Videokonferenz, sagte sie, müsse man sich "genauso vorbereiten (…), wie auf jeden anderen Gesprächstermin."

Das können wir nicht nur so unterschreiben, wir würden sogar noch einen draufsetzen: Eine Videokonferenz stellt alle Beteiligten vor besondere Herausforderungen, und sollte darum mindestens so gut vorbereitet werden wie ein Gespräch von Angesicht zu Angesicht. Nur dann kann es Führungskräften gelingen, ihre Stärken, ihre Persönlichkeit, ihre Executive Presence auch online sichtbar zu machen. Auch in einem winzigen Laptopfenster oder via Smartphone kann man sich überzeugend präsentieren – wenn die Vorbereitung stimmt.

Die Tücken von Videokonferenzen

Die organisatorische und technische Basis ist mittlerweile in den meisten Fällen vorhanden: eine zumindest semi-professionelle Ausleuchtung, die Webcam auf Augenhöhe, ein aufgeräumter Hintergrund ohne verräterische Botschaften. Die Online-Tools wurden vorher getestet, Telefone und Türklingel sind stummgeschaltet, die Kinder in der Kita. Aber das reicht nicht.

Zu den Tücken von Videokonferenzen zählt, dass die wichtigen nonverbalen Signale im Verborgenen bleiben. Ein zustimmendes Nicken oder eine skeptisch gerunzelte Stirn sind selten zu erkennen. Das macht es schwierig, Interaktion herzustellen, Nähe und Empathie zu spüren und zu zeigen. Genau aus diesem Grund gilt: Wer mit Inhalten und Botschaften überzeugen und auch die stilleren Mitarbeiter mitnehmen und integrieren will, braucht vor allem Klarheit. Mehr noch als im physischen Gespräch müssen klare Strukturen, eine klare Sprache, Gestik und Mimik vorhanden sein.

Videokonferenzen: so schaffen Sie eine klare Struktur


  • Setzen Sie Orientierungspunkte: Leiter von Videokonferenzen haben die Aufgabe, regelmäßig den Stand der Dinge mitzuteilen beziehungsweise zusammenzufassen ("Bisher haben wir besprochen", "Wir sind an dieser und jener Stelle"). Wer einmal den Anschluss an die Diskussion verliert und draußen ist (und sei es wegen einer kurzen Störung im WLAN oder sonstigen Ablenkung), kommt nur schwer wieder hinein.
  • Geben Sie Rückmeldung: "War das jetzt gut, was ich gesagt habe, oder kompletter Unsinn?" Fehlende Rückmeldung sorgt für Unsicherheit bei jedem Einzelnen. Feedback sollte daher Teil der Konferenzstruktur sein und vernehmbar ausgesprochen werden. Mit dem Icon "Daumen hoch" eine Wortmeldung zu kommentieren ist nett gemeint – bleibt aber oft unsichtbar. Verbalisieren Sie Ihre Wertschätzung. Empathie ist (nicht nur) Führungsaufgabe.
  • Binden Sie alle Beteiligten ein: Introvertiertere Kolleginnen und Kollegen brauchen länger, bis sie sich zu Wort melden. Es mangelt online an Möglichkeiten, sich nonverbal bemerkbar zu machen (leichtes Aufrichten im Stuhl, der Blickkontakt zur Konferenzleitung) – mit dem Ergebnis, dass die Stillen still bleiben. Schaffen Sie daher aktiv Absätze und Zeiträume, in denen Teilnehmerinnen und Teilnehmer einige Sekunden über eine Antwort nachdenken können.
  • Setzen Sie Moderatoren ein: Von einem unverständlichen Durcheinander profitiert niemand. Planen Sie bei wichtigen Konferenzen mit mehreren Teilnehmern eine Moderatorin bzw. einen Moderator ein, dessen Aufgabe es ist, Struktur zu geben, Redebeiträge zu kanalisieren und die mitteilungsbedürftigsten Dauerredner zu bremsen.

So sorgen Sie für Klarheit in der Sprache


  • Konzentrieren Sie sich aufs Wesentliche: Videokonferenzen sind Stress. Verzerrte Bilder, rauschender Ton, die fehlenden Reaktionen auf den eigenen Wortbeitrag – all das sorgt dafür, dass alle Teilnehmer sehr viel mehr an Konzentration aufbringen müssen. Deshalb gilt es, zum Punkt zu kommen. Halten Sie jeden Wortbeitrag kurz und klar. Nur dann werden Sie gehört.
  • Bleiben Sie natürlich: Die Position vor der Kamera kann zu einer Verkündigungshaltung verleiten, und führt leicht zu einer Sprache, die präsidial daherkommt. Begreifen Sie Ihre Kommunikation in der Videokonferenz als Dialog, nicht als Bühne für offizielle Statements. In Ihrer eigenen Sprache zu bleiben ist zudem das beste Rezept gegen Versprecher und Blackouts.
  • Sprechen Sie verständlich: Dazu gehören aktive statt passiver Formulierungen, Verben statt Substantive, kurze Hauptsätze statt komplizierter Nebensatzkonstruktionen. Was für jede Präsentation und jeden Vortrag gilt, gilt auch und besonders in Videokonferenzen. Hier ist es noch mühsamer, einem unverständlichen Redner zu folgen.
  • Formulieren Sie eindeutig: Ironie, eine augenzwinkernde Bemerkung oder gar Sarkasmus sind in Präsenzmeetings schon ein heikles Thema, vor der Konferenzkamera ein Tabu. Zu groß ist die Gefahr, dass Zwischentöne ungehört bleiben und damit zu Missverständnissen führen ("Hat der/die das jetzt wirklich so gemeint?").

So erreichen Sie in Videokonferenzen Klarheit in Gestik und Mimik


  • Testen Sie vorab, in welchem Bildausschnitt Sie zu sehen sind: Es macht keinen Sinn – und wird eher verwirren – wenn Ihre Hände etwas illustrieren, aber für Ihr Gegenüber unsichtbar bleiben. Im Zweifelsfall sollten Sie Ihre Gestik etwas reduzierter einsetzen, um keine Hektik im Bild zu erzeugen.
  • Schauen Sie in die Kamera: Nur wenn Sie direkt in das Kameraobjektiv schauen, fühlt sich Ihr Gegenüber angesprochen. Selbst flüchtige Augenbewegungen Richtung Stichwortzettel, Chatfenster oder zu sich selbst auf dem Monitorbild wirken irritierend. Die Crux an der Sache ist: Wenn Sie dem Gegenüber auf dem Monitor ins Gesicht schauen, schauen Sie in dessen Wahrnehmung an ihm vorbei. Der Blick in das kleine schwarze Loch fühlt sich unangenehm an – es führt kein Weg daran vorbei: man muss ihn üben. Ein Post-It mit einem aufgemalten Pfeil kann helfen, die Augen Richtung Kameralinse zu lenken.
  • Halten Sie Abstand: Wenn Sie sich während eines physischen Meetings leicht nach vorne beugen, wird dies kaum wahrgenommen. Sich bis auf wenige Zentimeter der Laptopkamera zu nähern kann bereits als übergriffige Bedrohungsgeste interpretiert werden.
  • Nehmen Sie eine für Sie angenehme Position ein: Es gibt kein Gesetz, dass Sie bei einer Videokonferenz sitzen müssen. Eine stehende Position erleichtert in der Regel die Gestik der Hände und sorgt dafür, dass Sie auf natürliche Weise überschüssiges Adrenalin abbauen. Testen Sie, mit welcher Position Sie sich präsenter und komfortabler fühlen – das alleine zählt.

Das Ziel: Eine Konferenzkultur der Klarheit und Empathie

Hohe Flexibilität, eine bessere Öko-Bilanz und eingesparte Reisekosten sind nur einige der Vorteile von Videokonferenzen, die zahlreiche Unternehmen im vergangenen halben Jahr zu schätzen lernten. Das persönliche Miteinander werden sie niemals ersetzen, aber sie sind ein hilfreiches, ergänzendes Instrument, und als solches sollte man sie verstehen. Gut vorbereitet und klar strukturiert ist es durchaus möglich, Kunden und Partner zu begeistern, statt nur zu beschallen, und Mitarbeiter zu integrieren, statt sie zu isolieren.


Zum Autor: Christoph Münzner ist Hörfunk- und Fernsehjournalist und unterstützt zusammen mit Kay-Sölve Richter Unternehmen bei ihrer Kommunikation nach innen und außen. Das Ziel ihrer Coachingarbeit ist, die Executive Presence von Führungskräften sichtbar zu machen. Ihr Buch "Viel mehr als nur Körpersprache – Executive Presence" ist soeben im Gabal Verlag erschienen.


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