Warum Lanxess Mitarbeitergespräche abschaffen will

In vielen Unternehmen laufen gerade die jährlichen Mitarbeitergespräche. Doch oft kritisieren die Mitarbeiter dieses HR-Instrument als zu formell und punktuell. Zhengrong Liu, Personalleiter bei Lanxess, erklärt, warum er diese Gespräche durch ein innovatives Instrument ersetzen will.

Haufe Online Redaktion: Sie planen, das jährliche Mitarbeitergespräch bei Lanxess abzuschaffen. Warum?

Zhengrong Liu: Wir sind fest davon überzeugt, dass nicht ein bestimmtes Format die Bedeutung eines Gesprächs determiniert.

Was die meisten Unternehmen hier praktizieren, ist im Wesentlichen das Folgende: Sie sehen das Mitarbeitergespräch als das wichtigste Gespräch im ganzen Jahr an. Darauf müssen sich die Führungskräfte und ihre Mitarbeiter umfassend vorbereiten, unter anderem indem sie die Technik erlernen, die es für das meist softwaregestützte Feedback braucht. Zudem muss das Gespräch hinterher noch nachbereitet und dokumentiert werden. Bei Lanxess fragten wir uns aber, was passiert, wenn eine Führungskraft in diesem Moment des Gesprächs nicht gut aufgelegt ist? Oder wenn der Mitarbeiter gerade eine schwierige Phase durchläuft und sich nicht richtig auf das Gespräch und die Vorbereitung konzentrieren kann? Ist es nicht viel wichtiger, dass die Beziehung zwischen Mitarbeiter und Chef dynamisch und nicht statisch auf einen Termin fokussiert ist – vom ersten bis zum letzten Tag der Zusammenarbeit?

Haufe Online Redaktion: Ihre Antworten darauf?

Liu: Wie Sie schon sagten, wir sind gerade dabei, das einmalige Gesprächsformat abzuschaffen. Unser Ziel, an dem wir gerade arbeiten, ist es, eine Art Tagebuch, sozusagen ein Tage-Beziehungsbuch, einzuführen.

Haufe Online Redaktion: Wie soll das aussehen?

Liu: Wenn zum Beispiel ein Mitarbeiter neu ins Team kommt, sollen er und seine Führungskraft das elektronische Tagebuch erhalten. Dieses Buch kann nur von diesen beiden Personen eingesehen werden – auf keinen Fall von einer weiteren Führungskraft, von Kollegen oder gar von der Personalabteilung. Die beiden nutzen das Buch dann, indem sie sich zu Beginn der Zusammenarbeit zusammensetzen, sich über gemeinsame Spielregeln, zum Beispiel für das Verhalten in Konfliktsituationen, austauschen und diese Spielregeln in dem Buch festhalten. Später ist es natürlich möglich, diese neu zu diskutieren und zu ändern. Der Effekt, den wir dadurch erreichen wollen: Sobald ein Störgefühl zwischen Mitarbeiter und Führungskraft auftritt, wird dies nicht unter den Teppich gekehrt, sondern angesprochen. Kommt man dann zu einem Konsens, kann man das im Buch festhalten. Kommt man nicht zu einem Konsens, kann man das auch aufschreiben und später erneut darüber reden.

Zhengrong Liu hat seit der Gründung des Chemiekonzerns Lanxess die Position als Personalleiter inne.