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Warum Frauen von Netzwerken weniger profitieren


Warum Frauen von Netzwerken weniger profitieren

Frauen erkennen soziale Verbindungen am Arbeitsplatz genauer, doch Männer nutzen Netzwerke erfolgreicher für ihren Aufstieg. Das zeigen aktuelle Forschungsergebnisse. Demnach büßen Frauen ihren Vorteil genau dort ein, wo Netzwerke offen und unübersichtlich sind - und oftmals entscheidend für Karrieren.

Frauen haben ein feineres Gespür für Beziehungen im Berufsleben. Sie erkennen präziser, wer mit wem in Kontakt steht, und merken sich diese Strukturen zuverlässiger. Das zeigen drei Studien von Forschenden von der ESMT Berlin, der University of South Carolina, der Neoma Business School und der UCL School of Management. Die Ergebnisse wurden jüngst in der Fachzeitschrift "Personnel Psychology" publiziert.

Frauen profitieren von dichten Netzwerken

In den drei Studien mit insgesamt mehr als 10.000 Teilnehmenden zeigte sich ein klares Muster: Frauen erinnern sich genauer an Beziehungsgeflechte in Teams, insbesondere in dichten, vertrauten Netzwerken. Das wiesen die Forschenden sowohl in einer groß angelegten Befragung in den USA als auch in einer Untersuchung realer Freundschaftsnetzwerke von MBA-Studierenden und in einem Online-Experiment mit Berufstätigen nach.

Sobald berufliche Netzwerke jedoch offener und weniger verbunden sind, also sogenannte strukturelle Löcher aufweisen, verschwindet dieser Vorsprung. Und das kann sich auf den Karriereerfolg von Frauen auswirken.

Netzwerke und strukturelle Löcher

Strukturelle Löcher entstehen zum Beispiel in abteilungsübergreifenden Projektteams, in denen sich viele Teammitglieder untereinander kaum kennen und Informationen nur über wenige zentrale Personen fließen, oder in informellen Netzwerken rund um Führungskräfte, bei denen einige Schlüsselpersonen mehrere Entscheidungsträger miteinander verbinden, während andere keinen direkten Zugang haben. In beiden Fällen sind es die Personen an den Schnittstellen, die Einfluss gewinnen können. 

"Frauen scheinen stärker auf ein mentales Schema der triadischen Schließung zurückzugreifen. Dabei wird eine Beziehung zwischen zwei Personen angenommen, wenn beide mit einer dritten Person verbunden sind", erklärt Eric Quintane, Associate Professor für Organizational Behavior an der ESMT Berlin. "Diese gedankliche Abkürzung verbessert ihre Treffsicherheit in dichten, vertrauten Teams, führt jedoch in locker verbundenen Netzwerken mit strukturellen Löchern zu Phantomverbindungen und lässt ihren Vorteil in genau diesen Kontexten verschwinden."

Was das für Unternehmen bedeutet

Organisationen brauchen ein Bewusstsein für die unterschiedlichen kognitiven Wahrnehmungsmuster von Frauen und Männern, so das Fazit der Forschenden. "Netzwerkveranstaltungen und Schulungen sind zwar gut gemeint, haben jedoch nur geringe Auswirkungen, wenn sie so strukturiert sind, als würden Männer und Frauen mit identischen Vorurteilen und Tendenzen zur Anwendung bestimmter Heuristiken an Netzwerke herangehen", heißt es in der Studie.

Die unterschiedliche kognitiven Schemata seien nicht biologisch begründet, sondern eine Folge der unterschiedlichen Sozialisation von Männern und Frauen. Unternehmen sollten daher darauf achten, die Maßnahmen auf die jeweilige Zielgruppe anzupassen und Männer im Aufbau von dichten Netzwerken sowie Frauen im Aufbau von stark verbundenen kohärenten Netzwerken zu schulen. 


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