
Deutsche Unternehmen werden familienfreundlicher. Das geht aus dem neuen "Unternehmensmonitor Familienfreundlichkeit 2019" hervor. Welche Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie Unternehmen konkret ergreifen können, lesen Sie hier.
Ein familienfreundliches Arbeitsumfeld macht Unternehmen für Beschäftigte attraktiver. Das erkennen auch immer mehr Geschäftsleitungen und Personalverantwortliche. Für 83 Prozent von ihnen sind familienfreundliche Maßnahmen wichtig – vor drei Jahren waren es noch 77 Prozent. Der zunehmende Fokus auf das Thema beeinflusst auch die Wahrnehmung der Beschäftigten: 39 Prozent von ihnen sind der Meinung, dass ihr Arbeitgeber eine ausgeprägte familienfreundliche Unternehmenskultur hat. 2015 waren es drei Prozentpunkte weniger. Das ergab der aktuelle "Unternehmensmonitor Familienfreundlichkeit", der seit 2003 alle drei Jahre den Stand der Familienfreundlichkeit in deutschen Unternehmen untersucht. Die Erhebung wird vom Insitut der deutschen Wirtschaft in Köln (IW) durchgeführt und vom Bundesfamilienministerium gefördert.
Vereinbarkeit von Beruf und Familie nimmt zu
In acht von zehn Betrieben können die Beschäftigten ihre Arbeitszeiten individuell mit den Führungskräften abstimmen, um Familie und Beruf zu vereinbaren. Besonders die Väter sind in den vergangenen Jahren verstärkt in das Blickfeld geraten: Boten 2015 knapp 35 Prozent der Unternehmen spezielle Förderungen für Väter an, waren es 2018 bereits über die Hälfte. Die Unternehmen erweitern damit die Optionen, unterschiedliche Rollenbilder zu leben und Lebensmodelle zu wählen.
Familienfreundlichkeit in Unternehmen: Maßnahmen
Unternehmen, die familienfreundliche Maßnahmen einführen wollen, müssen dafür nicht immer mit ein großes Budget bereitstellen. Welche konkreten Maßnahmen - auch mit geringeren Budget - möglich sind, zeigt die Tabelle.
Maßnahmen | Nutzen | Stolpersteine |
Sonderurlaub gewähren, Kurzabwesenheiten tolerieren, Freistellung bei familiären Problemen | Stärkung der Loyalität | Organisation einer Vertretung bei dringenden Aufträgen |
Beratung und Vermittlung von Kinder- bzw. Seniorenbetreuung | Beratung zu rechtlichen Regelungen und Betreuungsmöglichkeiten spart Zeit und ermöglicht die Konzentration auf die Arbeit | Bei interner Beratung ist Sachverstand bezüglich gesetzlicher Regelungen nötig |
Zuschuss für Kinderbetreuung | Für Kinder im Vorschulalter ist der Zuschuss steuer- und sozialabgabenfrei. Durch die finanzielle Entlastung bei der Unterbringung des Kinds wird die schnelle Rückkehr in den Betrieb erleichtert | Verwaltungsaufwand |
Reservierung von Belegplätzen für Mitarbeiterkinder in benachbarten Kitas | Bezahlbare Alternative zum Betriebskindergarten | Die Suche nach geeignetem Kooperationspartner kann Mühe machen |
Hausaufgabenbetreuung für Mitarbeiterkinder | Entlastung der Mitarbeiter, Steigerung der Loyalität | Problem der Räumlichkeiten |
Erlaubnis, Kind zur Arbeit mitzubringen | Weniger Ausfälle, Organisationsstress entfällt | Lärmpegel steigt, Arbeit unter erschwerten Bedingungen |
Eltern-Kind-Büro | Schnellerer Wiedereinstieg nach Elternzeit | Räumlichkeiten |
Informelles Netzwerk für Notfälle organisieren bzw. Organisation einer Dienstleistungstauschbörse | Entlastung | Organisationsaufwand |
Kontakt halten während der Eltern- und Pflegezeit | Steigerung der Loyalität, Know-how-Erhaltung | Macht etwas Aufwand, Weiterbildung während der Elternzeit verursacht zunächst Kosten |
Unterstützung beim Wiedereinstieg | Erhöht die Zufriedenheit, Wahrscheinlichkeit, qualifizierte Mitarbeiter zu verlieren, sinkt | - |
Familienfreundliche Unternehmenskultur
Doch allein einzelne Maßnahmen können das Ziel der Familienfreundlichkeit in den Unternehmen noch nicht erfüllen. Vielmehr muss auch die Unternehmenskultur dazu passen. Dafür müssen Unternehmen - zum Beispiel über Mitarbeiterbefragungen - analysieren, wie die Familienfreundlichkeit im Unternehmen wahrgenommen wird. Gibt es beispielsweise Unterschiede zwischen Geschäftsführung und Belegschaft? Haben die Mitarbeiter bestimmte Wünsche an das Unternehmen, dass dieses noch nicht erfüllt?
Zudem gilt es heute nicht nur die Zielgruppe der Mütter einzubeziehen. Auch Väter und Beschäftigte mit pflegebedürftigen Eltern müssen in den Fokus rücken. Damit sich die Unternehmenskultur familienfreundlich entwickeln kann, ist eine gezielte Kommunikation an die gesamte Zielgruppe nötig als auch entsprechende bedarfsgerechte Angebote für den gesamten Nutzerkreis.
Das Unternehmensnetzwerk "Erfolgsfaktor Familie" gibt in einem Leitfaden Umsetzungstipps und nennt Praxisbeispiele für die Entwicklung einer familienfreundlichen Unternehmenskultur.
Zertifizierung: Familienfreundliches Unternehmen
Inzwischen gibt es auch einige Arbeitgebersiegel, die speziell familienfreundliche Unternehmen auszeichnen. Ein bekanntes Beispiel ist dabei das "Audit Beruf und Familie". Schon vor 15 Jahren wurde das Audit als Siegel und Managementinstrument ins Leben gerufen. In einem mehrjährigen strukturierten Prozess werden Unternehmen dabei unterstützt, Lösungen für eine familien- und lebensphasenbewusste Personalpolitik zu finden.
Einen Zertifizierungsprozess bietet auch das Deutsche Institut für Qualitätsstandards und -prüfung e.V. (DIQP), eine private Non-Profit-Organisation, an. "Familienfreundlicher Arbeitgeber (DIQP)" ist das Gütesiegel, das am Ende des Prozesses steht.
Auch die Bertelsmann-Stiftung bietet ein Siegel an: das Qualitätssiegel "Familienfreundlicher Arbeitgeber". Die Stiftung beschreibt den Prozess als Prüfung, Bewertung und Auszeichnung familienbewusster Personalpolitik.
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