KI spart Zeit ein, steigert aber nicht die Produktivität

Beschäftigte in Deutschland sind KI-affiner als viele annehmen – das zumindest legen aktuelle Umfragen nahe. Doch obwohl sich mit KI Zeit sparen lässt, sind kaum Produktivitätssteigerungen zu beobachten. Und: Viele Unternehmen wissen nichts davon, dass ihre Mitarbeitenden KI-Tools verwenden.

Zwei aktuelle Umfragen zeigen: Künstliche Intelligenz (KI) ist längst im Arbeitsalltag angekommen. Während sie Beschäftigten hilft, Aufgaben schneller zu erledigen, führt das aber nicht immer zu mehr Produktivität. Außerdem nutzen viele Beschäftigte KI-Tools heimlich, was Risiken für Unternehmen birgt. Den richtigen Umgang mit KI müssen demnach sowohl Beschäftigte als auch Unternehmen noch lernen.

Global-Workforce-Bericht: Beschäftigte sparen fast zwei Stunden durch KI

Laut dem Bericht "Global Workforce of the Future" des Personaldienstleisters Adecco sparen Beschäftigte in Deutschland nach eigener Einschätzung im Schnitt 113 Minuten pro Tag ein, indem sie KI nutzen. Dennoch lässt die erhoffte Produktivitätssteigerung vielerorts auf sich warten.

Für den Bericht wurden weltweit 37.500 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer befragt, darunter 2.030 Beschäftigte in Deutschland. 85 Prozent der Befragten sind Angestellte wie Büroangestellte, Fachkräfte oder Verwaltungsangestellte, 15 Prozent sind Arbeiterinnen und Arbeiter, die etwa manuelle Arbeit erledigen oder im Handwerk tätig sind.

Mehr Raum für strategisches Denken und Weiterbildung

Die Zeitersparnis lässt die Frage aufkommen, wofür die Beschäftigten die freigewordene Zeit stattdessen nutzen. Laut dem Bericht gaben die Befragten Arbeitnehmende am häufigsten an, mehr Freiraum für strategisches Denken, die Überprüfung von Arbeitsqualität und Genauigkeit sowie für kreative Tätigkeiten zu haben. Auch für Weiterbildungen und Schulungen werde die frei gewordene Zeit genutzt.

Der Bericht zeigt aber auch, dass ein Drittel der Mitarbeitenden die gewonnene Zeit weiterhin mit denselben Tätigkeiten wie zuvor verbringt. Damit die Zeitersparnis auch zu höherer Produktivität führt, empfehlen die Studienautorinnen und -autoren Arbeitgebern, klare Erwartungen zu definieren und festzulegen, welche neuen Aufgaben auf Mitarbeitende zukommen. Damit könne sichergestellt werden, dass die Bemühungen sowohl für die Mitarbeitenden als auch für das Unternehmen einen Mehrwert bringen.  

Denis Machuel, CEO der Adecco Group, betont: "Um Effizienz in geschäftlichen Erfolg zu verwandeln, müssen Unternehmen sicherstellen, dass Mitarbeitende wissen, welchen Beitrag ihre Arbeit leistet." Ziel müsse es sein, sinnvolle Tätigkeiten zu fördern.

KI: Beschäftigte blicken optimistisch in die Zukunft

Ein weiteres Ergebnis der Umfrage: Die große Angst vor KI lässt sich bei den Befragten nicht erkennen. So befürchten nur 23 Prozent, ihren Arbeitsplatz durch Künstliche Intelligenz und Automatisierung zu verlieren, wohingegen sieben von zehn Beschäftigten erwarten, dass sich ihre Arbeitsplätze durch KI weiterentwickeln. Drei Viertel der Befragten erwarten sogar neue Arbeitsplätze in ihrer Branche.

Umfrage: Jeder zweite Beschäftigte nutzt KI heimlich

Auch eine Studie des Marktforschungsunternehmens Opinion Way im Auftrag des Softwareanbieters Cegid bescheinigt Beschäftigten in Deutschland eine hohe KI-Affinität. Für die Studie wurden 2.035 Büroangestellte aus vier Ländern befragt, darunter 508 aus Deutschland.

Demnach setzen zwei Drittel der Beschäftigten KI im Job ein – 28 Prozent regelmäßig. Damit liege Deutschland sogar leicht über dem europäischen Schnitt. Jedoch offenbart die Studie ein potenzielles Sicherheitsproblem: So verschweigt mehr als die Hälfte der Befragten ihrem Arbeitgeber, dass sie bei der Arbeit KI einsetzen.

Nur 13 Prozent nutzen interne KI-Lösungen

Diese Schattennutzung könnte für Organisationen zum Problem werden – etwa, wenn Mitarbeitende fremde KI-Tools mit sensiblen Daten füttern. Umso dringlicher erscheint es, die Beschäftigten darin zu schulen, KI verantwortungsvoll zu nutzen. Dies sieht auch der EU AI Act vor, der seit dem 1. August 2024 in mehreren Stufen in Kraft tritt.

Wie die Studie zeigt, stammen die eingesetzten Tools tatsächlich überwiegend von externen Anbietern: 49 Prozent der Befragten setzen demnach Chat GPT oder Claude ein, weitere 49 Prozent nutzen KI-Funktionen in Office-Software wie Microsoft Copilot. Nur 13 Prozent greifen auf interne Unternehmenslösungen zurück.

KI vor allem für textbasierte Aufgaben beliebt

Zudem zeigt die Studie, wofür Büroangestellte KI verwenden. Demnach unterstützt KI insbesondere bei sprach- und textbasierten Aufgaben: 54 Prozent der KI-Nutzerinnen und -Nutzer fassen mit Künstlicher Intelligenz Dokumente zusammen, 50 Prozent schreiben E-Mails und Texte, und 47 Prozent nutzen sie für Übersetzungen. Zunehmend beliebt werde KI aber auch, um Daten zu analysieren (47 Prozent).

Während die Studien nahelegen, dass sich Beschäftigte in Deutschland offen zeigen, mit Künstlicher Intelligenz zu arbeiten, fehlt es anscheinend noch an Wissen, wie KI genutzt werden kann, damit Unternehmen tatsächlich davon profitieren. Auch die heimliche KI-Nutzung vieler Beschäftigter lässt vermuten, dass es in Unternehmen diesbezüglich an klaren Vorgaben und Strukturen fehlt.


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