Politische Unterstützung für lebenslanges Lernen gefordert
Bereits seit 2018 beschäftigt sich der HR-Kreis der deutschen Akademie der Technikwissenschaften (Acatech) mit dem Thema lebenslanges Lernen. Im HR-Kreis tauschen sich Personalvorstände von Technologie- und Dienstleistungsunternehmen mit Dialogpartnern aus der Wissenschaft aus, um die Chancen der Digitalisierung für die Arbeitswelt zu diskutieren. In einem aktuellen Bericht zeigt der HR-Kreis 14 Beispiele für gelungene Weiterbildungsprojekte und nimmt dies zum Anlass, politische Forderungen zu betonen, die im Wesentlichen bereits vor eineinhalb Jahren veröffentlicht wurden.
Neben der stärkeren finanziellen Förderung von Forschung und Innovation und der konsequenteren steuerlichen Begünstigung von Weiterbildung und lebenslangem Lernen, fordert der HR-Kreis beispielsweise das Einrichten von breit angelegten Kompetenz- sowie Weiterbildungs-Monitorings, um die Notwendigkeiten und Erfolge bei dem Thema bewerten zu können. Mit diesen Forderungen werden teilweise tiefgreifende Veränderungen angeregt, deren Auswirkungen sicherlich diskussionswürdig sind: Beispielsweise strebt der HR-Kreis einen Ideenwettbewerb zum Weiterbildungs-BAföG an. Dabei hatte der Bundestag gerade erst beschlossen, Weiterbildungen im Rahmen des Aufstiegs-BAföG stärker zu fördern. Unklar bleibt dabei, inwieweit die Ideen des HR-Kreises über die bereits umgesetzten Förderkonzepte hinausgehen sollen.
HR-Kreis benennt "politische Handlungsoptionen"
Die Anregungen, die in der Acatech-Publikation explizit als "politische Handlungsoptionen" benannt werden, sind weitreichend: Zu den umfassendsten Vorschlägen gehört vermutlich das Einrichten eines deutschlandweiten Kompetenz-Monitorings sowie eines ebenfalls deutschlandweiten Weiterbildungs-Monitorings. Die Mitglieder des HR-Kreises erhoffen sich von einem nationalen Kompetenz-Monitoring einen regelmäßigen Überblick über die anzustrebenden und in Deutschland bereits vorhandenen Kompetenzen, die aus volkswirtschaftlicher Perspektive für die Innovationsfähigkeit notwendig sind. Ob entsprechende Bemühungen seitens der Politik und privater Akteure dann auch Erfolge im Bereich lebenslanges Lernen herbeiführen, soll wiederum im vorgeschlagenen Weiterbildungs-Monitoring untersucht werden.
Ein weiterer Vorstoß betrifft Ideen zum "Weiterbildungs-BAföG": Um systematische Umstiege auf neue Jobprofile zu fördern, brauche es neben der steuerlichen Entlastung von lebenslangem Lernen auch Konzepte für ein mögliches BAföG für Weiterbildungen, das über bestehende Fördermöglichkeiten hinausgeht. Nach den Vorstellungen des HR-Kreises könnte ein Ideenwettbewerb beispielsweise unter den Studienförderwerke in Deutschland solche Instrumente hervorbringen und die Konzepte könnten zugleich erprobt werden. Inwiefern diese Forderung beispielsweise durch die jüngst beschlossene Ausweitung des Aufstiegs-BAföG abgedeckt ist, bleibt im Bericht offen.
Weitere Vorschläge zur Förderung der Weiterbildung
Neben diesen Projekten umfasst der Maßnahmenkatalog folgende Vorschläge:
- Die Hochschulen sollen als Weiterbildungsanbieter gestärkt werden, wobei die Angebote nicht nur auf Akademiker abzielen sollten.
- Die Förderprogramme im Bereich Forschung und Innovation sollten gezielt um Konzepte zur Qualifizierung erweitert werden.
- Um die Wissensweitergabe von Führungskräften zu sichern, sollte die Ausgründung unternehmenseigener Akademien gerade für Klein- und Mittelständler staatlich gefördert werden.
- Bildungsgutscheine sollten steuerlich begünstigt werden.
- Der Einsatz von künstlicher Intelligenz und intelligenter Lernsysteme sollte gestärkt werden.
Praxisbeispiele zeigen Relevanz von lebenslangem Lernen
Quasi als Beleg für die Brisanz des Themas und als hilfreichen Einblick in die Fachpraxis hat der HR-Kreis 14 Beispiele für Weiterbildungsprojekte aus namhaften Unternehmen zusammengetragen. Beim Automobilhersteller BMW beispielsweise kooperieren Azubis und dual Studierende in interdisziplinären Teams und entwickeln in einem an Startups angelehnten Umfeld Produkte und Dienstleistungen für Fachabteilungen und externe Kunden. Somit sollen Erfahrungen mit agilen Arbeitsmethoden und Projektarbeit möglich werden.
Die Versicherungsgesellschaft Munich Re setzt hingegen gezielt auf ein "Data Analytics Curriculum", da der Umgang mit Daten und Algorithmen im Zusammenhang mit der Digitalisierung eine Schlüsselrolle einnehme. Unterschiedliche Qualifizierungangebote richten sich dabei an unterschiedliche Mitarbeitergruppen mit unterschiedlichen Vorkenntnissen. Die grundlegenden Angebote aber stehen für alle Unternehmensmitglieder offen.
Beim Energieunternehmen Innogy steht die individuelle Begleitung und Erfahrung von Lernenenden im Vordergrund. Zunächst wurden anhand von Matrizen vorhandene Kompetenzen im Team sowie die Anforderungen an bestimmte Jobprofile ermittelt. Anhand von individuellen "Lernreisen", die über eine digitale Lernplattform abgebildet und ortsunabhängig durchlaufen werden können, sollen die so ermittelten Lernziele erreicht werden. Zunächst war das Projekt nur für die Personalabteilung konzipiert, es wird aber allmählich auf das gesamte Unternehmen ausgeweitet.
Erfahrungen aus den Praxisbeispielen
Neben den politischen Forderungen gehen aus diesen Praxisbeispielen auch Empfehlungen auf organisatorischer und auf individueller Ebene hervor. Unternehmen sollten neben einem dauerhaften Kulturwandel beispielsweise ein lernförderliches Klima und günstige Rahmenbedingungen schaffen. Dabei seien die unterschiedlichen Arbeitssituationen der Beschäftigten zu berücksichtigen. Auch die konstruktive Zusammenarbeit und die stetige, zielgerichtete Kommunikation sei zu fördern. Bei Weiterbildungsinitiativen käme es außerdem auf eine systematische Unterstützung über alle Management-Ebenen hinweg (bis hin zur Vorstandsebene) an. Und das frühzeitige Einbinden von Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite in die Planung und Entwicklung von Bildungskonzepten beschleunige die Umsetzung.
Auf individueller Ebene legt der Bericht nahe, konsequent Nutzer-Feedback einzuholen und auf dieser Grundlage das Angebot stetig weiterzuentwickeln. Um den nachhaltigen Lernerfolg zu sichern, sollten außerdem Konzepte für den Lerntransfer entwickelt und eingebunden werden. Außerdem sei es wichtig, den Lernenden eine persönliche Standortbestimmung zu ermöglichen, da somit die Weiterbildungsmöglichkeiten bedarfsgerecht angeboten werden können und sich damit auch die Lernmotivation und der Lernerfolg erhöhe.
Den gesamten Bericht mit einer Beschreibung von allen 14 Praxisbeispielen können Sie auf der Website des HR-Kreises herunterladen.
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