Bedeutung intrinsischer Motivation für HR-Entscheidungen

Intrinsische oder extrinsische Motivation? Welche für Bewerbungsprozesse eher ausschlaggebend ist, wird aus Recruiterperspektive häufig anders eingeschätzt als aus Bewerberperspektive. Eine Studie zeigt, dass die Bedeutung intrinsischer Motivation in der Regel unterschätzt wird.

Intrinsisch motivierte Bewerber werden eher eingestellt, die Motivation spielt aber auch eine wesentliche Rolle bei der Entscheidung von Kandidaten, ob sie einen Job annehmen oder nicht. Die Bedeutung intrinsischer Motivation wird allerdings sowohl aus Recruiter- als auch aus Bewerberperspektive häufig unterschätzt, das zeigt eine kürzlich veröffentlichte Studienreihe. Diese Unterschätzung führt dazu, dass Bewerber ihre eigene intrinsische Motivation im Bewerbungsverfahren häufig nicht optimal darstellen.

Katlin Woolley von der Cornell University und Ayelet Fishbach von der University of Chicago haben diese Ergebnisse aus fünf Studien nun im Fachmagagzin „Organizational Behavior and Human Decision Processes“ vorgestellt. Die Untersuchungsreihe umfasst insgesamt 1.428 Probanden und vergleicht, wie die Bewertung von intrinsischer Motivation von Bewerbern und von Personalverantwortlichen eingeschätzt wurde und wie die intrinsische Motivation in Bewerbungsverfahren tatsächlich bewertet wurde.

Definition intrinsischer Motivation

Die beiden Forscher grenzen dabei intrinsische Motivation von extrinsischer Motivation wie folgt ab: Intrinsische Motivation umfasse Beweggründe, bei denen man den Prozess selbst als lohnend empfindet. Intrinsisch Motivierte würden demnach in ihrer Arbeit selbst positive Erfahrungen machen und sich anstrengen, weil ihnen gefällt, was sie tun. Bei extrinsischer Motivation hingegen stehe das Ergebnis im Vordergrund, das sich nur durch die Arbeit erreichen lässt.

Aussagen wie „Ich mache meine Arbeit gerne.“ oder „Ich schätze es, wenn die Arbeit Spaß macht.“ deuteten demnach eher auf intrinsische Motivation hin, „Ich schätze es, meine Karriere voranzubringen.“ oder „Ich finde die Arbeit nützlich, um meine langfristigen Ziele zu erreichen.“ werden in der Studie als Zeichen für extrinsische Motivation gewertet.  In der Praxis treten beide Formen der Motivation meist gemeinsam auf, in jedem Job spielen sowohl extrinsische Motivationen – zumindest in Form von Gehalt – als auch intrinsische Motivationen – etwa Selbstentfaltung oder Interesse am Thema – eine Rolle.

Wer über ein Jobangebot entscheidet, achtet mehr auf intrinsische Motivation

Der Studie zufolge bestätigt sich die Annahme, dass Bewerber und Recruiter die Bedeutung intrinsischer Motivation für die Auswahl unterschätzen und deshalb die intrinsische Motivation nicht stark genug herausstellen.

Um zu diesem Ergebnis zu gelangen, haben Koolley und Fishbach Mitarbeiter und Studierende einschätzen lassen, ob ihnen bestimmte Aussagen in einem Bewerbungsverfahren nützen würden. Eine Kontrollgruppe hingegen nahm die Recruiter-Rolle ein und bewertete, ob bestimmte Aussagen zu einer positiven Entscheidung und zu einer Anstellung beitragen würden. Dabei schätzten die Bewerber den Einfluss der Aussagen, die auf intrinsische Motivation zielten, deutlich geringer ein als die Recruiter angaben, sich von diesen Aussagen beeinflussen zu lassen. In Bezug auf Aussagen, die auf die Darstellung extrinsischer Motivation zielten, ist dieser Unterschied zwischen Wahrnehmung seitens Bewerber und Realität der Recruiter hingegen kaum messbar.

Auch Recruiter unterschätzen Bedeutung intrinsischer Motivation

Darauf aufbauend konnte ebenfalls gemessen werden: Wenn Recruiter einen Kandidaten für ein fiktives Jobangebot gewinnen sollten, unterschätzen auch sie die Bedeutung intrinsischer Motivation für eine positive Entscheidung seitens der Bewerber. Sollten die Bewerber zwischen zwei vorgegebenen Bewerbungen wählen – einer, die eher auf intrinsische Motivation fokussiert war, und einer, die auf extrinsische Motivation fokussiert war – entschied sich die Mehrheit für die extrinsisch motivierte Bewerbung. Unter Recruitern allerdings wurde die intrinsisch motivierte Bewerbung als vielversprechender bewertet.

Kandidaten unterschätzen demnach den Einfluss, den die Darstellung intrinsischer Motivation in Bewerbungsverfahren auf die Entscheidung zur Anstellung hat. Recruiter wiederum unterschätzen den Einfluss, den intrinsischer Motivation auf die Entscheidung hat, ein Jobangebot anzunehmen. In Bezug auf extrinsische Motivation hingegen stimmen tatsächliche und eingeschätzte Bewertung eher überein.

Fremdwahrnehmung von intrinsischer Motivation

Die Autoren begründen diese Unterschiede der tatsächlichen Bedeutung intrinsischer Motivation mit der angenommenen Fremdwahrnehmung damit, dass in der Regel angenommen werde, dass intrinsische Motivation für andere weniger wichtig sei als für einen selbst. Wir können uns demnach grundsätzlich nur schwer vorstellen, dass unsere eigene intrinsische Motivation auch von anderen als wertvoll empfunden wird.

Um dieser Wahrnehmungsverzerrung entgegenzuwirken, zeichnet sich in der Untersuchung jedoch auch eine Lösung ab: Wenn die Probanden aufgefordert werden, sich in die Rolle ihres jeweiligen Gegenübers hinein zu versetzen, werden die Unterschiede zwischen tatsächlicher und erwarteter Einschätzung abgemildert. Ein solcher Perspektivwechsel könnte also wesentlich zu einer besseren Einschätzung der Bedeutung intrinsischer Motivation und somit zu einer verbesserten Präsentation der jeweils ausschlaggebenden Aspekte beitragen.

Schlagworte zum Thema:  Recruiting, Personalauswahl, Studie