Urteil

Geldentschädigung wegen unzulässiger Videoüberwachung


Entschädigung wegen Videoüberwachung

Die permanente Überwachung des Arbeitsplatzes über einen längeren Zeitraum war unzulässig und verletzte einen Arbeitnehmer in seinem Persönlichkeitsrecht. Das LAG Hamm sprach ihm aus diesem Grund einen hohen Schadensersatz zu.

Eine offene Videoüberwachung ist im Unternehmen nur dann erlaubt, wenn es dafür einen besonderen Grund gibt und sie nicht unverhältnismäßig ist. Im vorliegenden Fall installierte der Arbeitgeber 34 Videokameras in nahezu allen Betriebsräumen, die 24 Stunden am Tag aufzeichneten, was auf dem Betriebsgelände passiert. Diesem Beobachtungsdruck widersprach ein Arbeitnehmer, insbesondere weil sich eine Kamera zehn Meter hinter seinem Arbeitsplatz befand. Es kam zur rechtlichen Auseinandersetzung.

Der Fall: Arbeitnehmer wehrt sich gegen Videoüberwachung

Der Arbeitnehmer war seit dem 1. August 2020 als Produktionsmitarbeiter in einem Unternehmen beschäftigt, das hauptsächlich Stahlblöcke produziert. In seinem Arbeitsvertrag heißt es unter § 14: "Der Arbeitnehmer ist damit einverstanden, dass im Rahmen der Zweckbestimmung des Arbeitsverhältnisses und unter Beachtung der Vorschriften des Datenschutzes ihre personenbezogenen Daten verarbeitet werden können."

Seit Januar 2023 arbeitete er überwiegend an einer sogenannten Schälmaschine in der Produktionshalle. Der sicherheitsrelevante Auf- und Abladebereich der Maschine wurde durch eine Videokamera, die zehn Meter hinter ihm angebracht war, überwacht. In der Regel war das Gesicht des Arbeitnehmers nicht zu sehen, da er mit dem Rücken zur Kamera arbeitete. Aber sobald er sich umdrehte oder den Arbeitsplatz verließ, zeichnete die Kamera ihn zwangsläufig auch von vorne auf. Über weitere Kameras konnte kontrolliert werden, ob und wann sich der Arbeitnehmer auf dem Weg zum Büro, zum Pausenraum oder zum WC befand.

Überwachung, um Straftaten zu verhindern?

Während der Arbeitnehmer sich durch die Kameras und die ständige Überwachung eingeschränkt und unter Druck gesetzt fühlte, argumentierte der Arbeitgeber, dass die Kameraüberwachung erforderlich sei, um Straftaten in Form von Diebstahl und Vandalismus zu verhindern. Außerdem diene die Videoüberwachung der Arbeitssicherheit in der Produktion, im Lager, im Ladebereich und auf dem unübersichtlichen Außengelände.

LAG Hamm: Arbeitnehmer hat Anspruch auf Geldentschädigung

Das LAG Hamm entschied, dass der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Entschädigung in Höhe von 15.000 Euro hat. Mit der übermäßigen Kameraüberwachung habe der Arbeitgeber das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers in rechtswidriger, schuldhafter und erheblicher Weise verletzt, hieß es in der Begründung. Keinen der Gründe, die der Arbeitgeber vorgebracht hatte, hielt das LAG Hamm für so berechtigt, dass er eine dauerhafte Videoüberwachung über 22 Monate in diesem Ausmaß rechtfertige.

Die Kameraüberwachung war weder nach den Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes noch der DSGVO zulässig. Das LAG Hamm prüfte, ob die Videoüberwachung nach § 26 Abs. 1 S.1. BDSG zulässig war, konnte jedoch keinen konkreten Anlass für eine präventive Überwachung aufgrund möglicher Straftaten feststellen.

Die Videoüberwachung war auch nicht nach Art. 6 Abs. 1 Buchstabe f DSGVO zulässig, entschied das LAG Hamm. Diese Vorschrift erlaubt die Datenverarbeitung zur Wahrung berechtigter Interessen. Die Kameraüberwachung sei weder zur Verhinderung von Diebstählen oder aus Gründen der Arbeitssicherheit geeignet, noch verhältnismäßig gewesen.

Keine Einwilligung zur Videoüberwachung

Insbesondere war die Videoüberwachung auch nicht durch die Klausel im Arbeitsvertrag gerechtfertigt, urteilte das Gericht. Eine wirksame Einwilligung nach Art. 6 Abs. 1 Buchstabe a DSGVO durch den Arbeitnehmer erfordere Freiwilligkeit. An dieser fehle es schon bei einer Unterzeichnung des Arbeitsvertrags.

Zugunsten des Arbeitgebers sprach für das Gericht, dass es sich um eine offene Videoüberwachung handelte. Mit 22 Monaten war die tägliche Dauerüberwachung über einen so langen Zeitraum für das LAG Hamm jedoch besonders schwerwiegend und habe einen extrem hohen Anpassungsdruck auf den Arbeitnehmer und die anderen Beschäftigten ausgeübt. Die Höhe von 15.000 Euro, die das Arbeitsgericht Dortmund als Vorinstanz festgesetzt hatte, hielt das LAG Hamm für angemessen.

Hinweis: LAG Hamm, Urteil vom 28. Mai 2025, Az. 18 SLa 959/24; Vorinstanz: Arbeitsgericht Dortmund, Az. 3 Ca 1093/24


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