Beratergremium fordert mehr Tempo bei digitaler Verwaltung
Das unabhängige Gremium überreichte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am 21. Oktober seinen Jahresbericht 2020 unter dem Titel «Krise als Weckruf».
Funktion des Normenkontrollrats
Der NKR prüft als unabhängiges Beratungsgremium der Bundesregierung seit 2006 die transparente und nachvollziehbare Darstellung der Bürokratiekosten aus Informationspflichten und seit 2011 die gesamten Folgekosten in allen Gesetzes- und Verordnungsentwürfen der Bundesregierung. Darüber hinaus berät er die Bundesregierung in Sachen „Bessere Rechtsetzung“.
Verwaltungsprobleme laut NKR teilweise vermeidbar
Der Vorsitzende des NKR, Johannes Ludewig, sagte bei der Übergabe des Jahresberichts: «Viele Probleme bei der Bewältigung der Pandemie wären vermeidbar gewesen. Ich denke zum Beispiel an viel zu langsame Meldewege bei Gesundheitsbehörden. Faxgeräte und Papierverfahren waren und sind teilweise noch Bremsen bei der Krisenbewältigung.»
Eine Lehre aus der Krise sei, das Thema Verwaltungsmodernisierung stärker in den Vordergrund zu rücken. «Bürger und Unternehmen erwarten eine leistungsfähige Verwaltung. Sie muss Stresssituationen bewältigen können und auch in Krisenzeiten auf allen Ebenen, aber auch zwischen Bund, Ländern und Kommunen funktionieren.»
Digital-TÜV für Gesetze soll für bessere Umsetzung der Regelungen sorgen
Der Normenkontrollrat spricht sich etwa für einen «Digital-TÜV» für Gesetze aus, der noch in dieser Legislaturperiode eingeführt werden sollte. Dabei geht es auch um den «digitalen Vollzug» von Gesetzen.
Als Beispiel nannte der Normenkontrollrat eine Ausnahmeregelung des bayerischen Verkehrsministeriums. Um in Zeiten von Corona Autos im Internet einfacher als bisher an-, ab- oder ummelden zu können, sei geregelt worden, dass die Eingabe von Benutzername und Passwort genüge. Bisher seien Kfz-Onlineverfahren nur mit elektronischem Personalausweis und Lesegerät möglich gewesen. Im Ergebnis sei die Nutzung der Kfz-Onlineservices in Bayern um das Neunzehnfache gestiegen.
Praxistauglichkeit erhöhen
Insgesamt agierte die Bundesregierung oft sehr kurzfristig, so der NKR. Zuweilen vernachlässigte sie dabei die Schätzung der Gesetzesfolgen. Auch die kurzen Abstimmungsfristen dürfen nicht weiter zur Regel werden. Jedenfalls bei krisenunabhängigen Gesetzentwürfen und politischen Weichenstellungen müssten die regulären Verfahrensregeln zwingend eingehalten werden. Bessere Rechtsetzung erfordert laut dem Bericht das rechtzeitige Einholen und die konsequente Nutzen von Expertise aus der Praxis im Sinne einer evidenzbasierten Gesetzesvorbereitung.
Der NKR erwartet von der Bundesregierung eine Rückkehr zu den regulären Beteiligungsfristen. Darüber hinaus formulierte der NKR in seinem Jahresbericht konkrete Empfehlungen an die Bundesregierung, um die ministerielle Gesetzesvorbereitung stärker auf Fragen der Wirksamkeit und Vollzugstauglichkeit von neuen Regelungen auszurichten.
Reaktionen auf den Bericht
Der stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Industrie, Holger Lösch, sagte: «Die zunehmende Kluft zwischen öffentlicher und privater digitaler Ausstattung droht zu einem ernsthaften Standortproblem zu werden. Dabei spart konsequentes E-Government auch dem Staat personelle, finanzielle und sachliche Ressourcen in Milliardenhöhe.»
FDP-Fraktionsvize Frank Sitta sagte: «Während die Corona-Krise überdeutlich macht, welches Potenzial in der Digitalisierung unseres Landes steckt, wird auch immer offensichtlicher, wie stiefmütterlich die digitale Revolution, gerade im Hinblick auf die öffentliche Verwaltung, jahrelang angegangen wurde.» Der Staat sei in der Pflicht, sich viel mehr als Dienstleister gegenüber seinen Bürger zu verstehen.
Bürokratieabbau notwendig
Der Normenkontrollrat schlug außerdem vor, Firmen von Bürokratie zu entlasten, zum Beispiel durch Vereinfachungen im Steuerrecht. Bürokratieabbau wirke wie ein Konjunkturpaket zum Nulltarif.
Auch die Union will Firmen von Bürokratie entlasten, Wirtschaftsverbände fordern das seit langem. Konkrete Maßnahmen aber sind in der schwarz-roten Koalition umstritten. So hatte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) zuletzt deutlich gemacht, er lehne eine Anhebung der Verdienstgrenze bei Minijobs ab. In einer koalitionsinterne Arbeitsgruppe wird derzeit über Bürokratieabbau beraten.
Den Jahresbericht können Sie hier einsehen.
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