Unternehmensbewertung: Kritische Fragen und positive Argumente

Um die Unternehmensbewertunter Berücksichtigung möglicher Einflüsse des Ukraine-Krieges realistischer vornehmen zu können, ist es u. a. erforderlich, kritische Fragen zu prüfen. Potenzielle Verkäufer sollten aber nicht nur mögliche Risiken erfassen, sondern auch prüfen, welche Sachverhalte dafür sprechen, dass der kalkulierte Preis berechtigt ist.

Ziel ist es, die Risikoeinschätzung zu verbessern sowie auf entsprechende Fragen möglicher Käufer besser vorbereitet zu sein.

Fragenkatalog zur Vorbereitung der Unternehmensbewertung

Mögliche Fragen können sein:

  1. Ist man direkt vom Krieg betroffen, z. B. weil man Beschaffungsgüter aus den beteiligten Staaten bezieht, dort produziert oder Waren exportiert (hat)?
  2. Wie hoch ist der Anteil an diesen Positionen und wie wirken sich mögliche Totalausfälle auf Umsätze und Ergebnisse aus?
  3. Lassen sich mögliche Ausfälle kurz- oder mittelfristig vollständig oder teilweise ersetzen?
  4. Wie soll das erfolgen? Gibt es ein Konzept oder wurden sogar schon erste Schritte umgesetzt?
  5. Ist man mittelbar betroffen, weil man z. B. Geschäftsbeziehungen zu Firmen hat, die ihrerseits direkt mit Russland oder der Ukraine agieren? Auch hier ist es notwendig, die Auswirkungen auf Umsätze, Kosten, Gewinn und Liquidität zu berechnen bzw. zu schätzen.
  6. Basieren die Planungen zum Teil noch auf der Annahme, dass man z. B. eine Intensivierung der Geschäftsbeziehungen mit Russland oder der Ukraine geplant hat? Dann sollten diese Positionen aus der Kalkulation herausgerechnet werden.
  7. Inwieweit ist man generell von Problemen wie Lieferengpässen, Knappheiten und Preissteigerungen im Einkauf betroffen? Hier muss ggf. auch die Lage in China analysiert werden, wo es immer wieder auf Grund von Corona-Ausbrüchen zu Schließungen von Produktionsstätten oder Häfen kommen kann.
  8. Wie gestaltet sich die aktuelle Auftragslage gegenüber den bisherigen Planungen? Hat es Veränderungen gegeben? Wenn ja, in welche Richtung (besser, schlechter)?
  9. Welche Überlegungen bzw. bereits umgesetzte Maßnahmen gibt es, um diesen Problemen zu begegnen, z. B. eigene Preiserhöhungen, Aufbau von Materialbeständen oder Umsetzung interner Verbesserungen?
  10. Welche weiteren Risikofaktoren gibt es? Wurden z. B. Währungseffekte oder mögliche Zinssteigerungen adäquat berücksichtigt?
  11. Mit welchem Verhalten des Personals muss bei einem Verkauf gerechnet werden? Wie hoch ist das Risiko, dass vor allem Mitarbeiter in Schlüsselpositionen den Betrieb verlassen?
  12. Wie abhängig ist der Betrieb von der Persönlichkeit und dem Netzwerk des Inhabers? Laufen alle Fäden und Kontakte beim Inhaber zusammen oder hat er bereits damit begonnen, die Aufgaben und Zuständigkeiten zu verteilen? Was passiert, wenn der Verkäufer während des Verkaufs oder kurz danach ausfällt, ohne dass der neue Inhaber ausreichend Möglichkeiten hat, sich mit dem Kundenstamm vertraut zu machen?

Sicher werden im Laufe von Gesprächen oder Analysen weitere Fragen auftreten, die beantwortet werden müssen. Darauf sollten sich Verkäufer einstellen und die Berechnungen ggf. auch mehrmals überarbeiten.

Positive Argumente zusammenstellen

Argumente für die Berechtigung eines entsprechenden Verkaufspreises können z. B. sein:

  • Eine ausgezeichnete Marktstellung, z. B. weiter existierende Marktführerschaft in einem Segment. Hier sollte auch gezeigt werden, wie man diese ausbauen will.
  • Eine über viele Jahre hervorragende und wachsende Kundenstruktur mit hoher Kundenbindung, zu belegen z. B. mit Kennzahlen wie Kundenindex oder Kunden-Altersstruktur. Auch Erklärungen oder bereits vorhandene oder verlängerte (Rahmen-)Verträge können als Beleg dienen.
  • Grundsätzlich Konzentration bei der täglichen Arbeit auf Werttreiber, z. B. besonders profitable Produkte oder Kunden.
  • Ein Differenzierungsmerkmal, das über eine gute Qualität und einen günstigen Preis hinausgeht, mit dem man sich positiv vom Wettbewerb absetzen kann, z. B. Lieferterminzuverlässigkeit, persönliche Betreuung oder besondere Freundlichkeit.
  • Bereits umgesetzte oder geplante Umsetzung eigener Preiserhöhungen, die möglichst über den zu erwartenden Kostensteigerungen liegen.
  • Neue und bessere Produkte als Wettbewerber sowie große oder steigende Anzahl von Schutzrechten und Patenten.
  • Aufzeigen von Wegen und Möglichkeiten, wie die Abhängigkeit vom Inhaber verringert werden kann, z. B. durch begleitenden Übergang oder eine Ausstiegsoption für den Käufer, wenn der Verkäufer ausfällt, etwa wegen einer Krankheit. Speziell der letzte Punkt ist wichtig, wenn der Käufer befürchtet, dass beim Ausfall des Verkäufers Betrieb und Kapital zu großen Teilen verloren gehen kann.

Praxis-Tipp: Gute Dokumentation ist wichtig

Alle getroffenen Annahmen und mögliche Auswirkungen der Veränderungen sollten dokumentiert werden. Die ursprüngliche und die modifizierte Berechnung sollten gegenübergestellt werden und aufzeigen, wodurch sich was ändert.

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