Scheidung: Verfahrenskosten weiterhin steuerlich abzugsfähig

Scheiden tut weh. Grabenkämpfe, Sorgerechtsstreitereien – und dann noch der finanzielle Aufwand. Wenn Ehepartner sich trennen, sind viele Baustellen zu bearbeiten. In einer solchen Situation ist es eine gewisse Erleichterung, wenn die Kosten für das Scheidungsverfahren steuerlich geltend gemacht werden können. Ob das nach neuer Gesetzeslage überhaupt noch möglich ist, darüber wird zurzeit vor Gericht viel gestritten. Eine positive Entscheidung hat nun das Finanzgericht Köln gefällt.

Steuerliche Absetzung von Scheidungskosten nach neuer Gesetzeslage unklar

Ob Scheidungskosten weiterhin abzugsfähig sind, ist unklar. Dagegen spricht eigentlich die neue Gesetzeslage. Demnach sind Prozesskosten steuerlich nicht als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen. Eine Ausnahme davon ist nur dann zugelassen, wenn der Steuerpflichtige ansonsten seine Existenzgrundlage verlieren würde und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse nicht mehr decken könnte. Ob das für eine Scheidung zutrifft, ist gerichtlich umstritten.

Positive Entscheidung des FG Kölns

Eine neue Sichtweise eröffnet nun ein Urteil des Finanzgerichts Köln (Az. 14 K 1861/15). Dort hatte eine Frau geklagt, die die Gerichts- und Anwaltskosten ihrer Scheidung in Höhe von rund 5.500 Euro steuerlich geltend gemacht hatte. Das Finanzamt berücksichtigte diese Ausgaben jedoch nicht als außergewöhnliche Belastung mit Verweis auf die neue Gesetzeslage.

Das Finanzgericht Köln jedoch entschied, dass die Klage der geschiedenen Frau begründet sei. Zumindest der Teil der Kosten, der direkt auf die Scheidung entfalle – ein Betrag von rund 2.500 Euro – müsse als außergewöhnliche Belastung eingestuft werden.

FG Köln wertet Scheidungskosten als außergewöhnliche Belastung

Grundsätzlich werden als außergewöhnliche Belastung solche Aufwendungen gewertet, die größer sind als die Kosten der Mehrheit der Steuerzahler und zugleich zwangsläufig entstehen. Dass die Frau sich den Scheidungskosten nicht entziehen konnte und sie damit zwangsläufig tragen musste, sah das Gericht als selbstverständlich gegeben an: „Bei Ehescheidungen muss im Regelfall davon ausgegangen werden, dass sich die Ehepartner nur scheiden lassen, wenn die Ehe so zerrüttet ist, dass ihnen ein Festhalten an ihr nicht mehr möglich ist, sie sich also dem Scheidungsbegehren aus tatsächlichen Gründen nicht entziehen können.“

Scheidungskosten sind keine Prozesskosten

Wichtiger aber erschien dem Gericht jedoch, dass es sich bei Scheidungskosten nicht um Prozesskosten handelt. Denn ein Ehescheidungsverfahren falle nicht unter den Begriff eines Rechtsstreits, auch die kostenrechtlichen Regelungen für andere Prozesse fänden in Familiensachen keine Anwendung. Daher würde hier auch nicht die Bezeichnung Prozess oder Rechtsstreit benutzt, sondern Verfahren: „Das Scheidungsverfahren ist damit kraft gesetzlicher Anordnung kein Prozess, die Kosten des Scheidungsverfahrens keine Prozesskosten.“ Schon aus diesem Grund erfülle das Scheidungsverfahren nicht die Voraussetzungen der neuen Gesetzeslage, da es sich weder um einen Rechtsstreit handele noch Prozesskosten anfielen.

Das Finanzgericht verwies außerdem auf die Entstehungsgeschichte des Gesetzes: Im Entwurfstadium waren ausdrücklich noch die Kosten eines Scheidungsverfahrens erwähnt. Die Neuregelung enthält in seiner abschließenden Fassung keine gesonderte Regelung zu Scheidungssachen. Das Gericht interpretiert dies in seiner Urteilsbegründung so, dass der Gesetzgeber Zivilprozesskosten generell steuerlich nicht berücksichtigen wollte. Zu dieser Art von Kosten zählten aber nicht die Kosten für Scheidungsverfahren.

Praxis-Tipp: Aufwendungen steuerlich geltend machen mit Verweis auf das Verfahren

Das Finanzgericht Köln hat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen, das Verfahren ist dort unter dem Aktenzeichen VI R 9/16 anhängig. Bis Klarheit herrscht, sollten Sie Ihre Aufwendungen steuerlich geltend machen – mit Verweis auf dieses und andere Verfahren, die in der Angelegenheit beim Bundesfinanzhof anhängig sind.

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