BFH-Kommentierung – Umsatzsteuer: Fahrschulunterricht

Im Anschluss an eine Entscheidung des EuGH urteilte der BFH, dass der Unterricht einer Fahrschule zum Erwerb der Fahrerlaubnis für Pkw nicht umsatzsteuerfrei ist.

Praxis-Hinweis: Jeder, der Unterricht erteilt, sollte prüfen, ob Umsatzsteuerpflicht besteht

Die Entscheidung des BFH (Urteil vom 23.05.2019 - V R 7/19) kommt nicht überraschend. Nachdem der EuGH in seiner Entscheidung vom 14.03.2019 der Fahrschule die Umsatzsteuerfreiheit auf der Grundlage europäischen Rechts verwehrt hatte, war die Entscheidung des BFH sogar nahezu zwingend. Fahrunterricht in einer Fahrschule zum Erwerb der Fahrerlaubnisklassen B und C1 ist endgültig nicht umsatzsteuerfrei. Hierauf müssen sich betroffene Fahrschulen spätestens jetzt unbedingt einstellen. Allerdings sollte jeder, der Unterricht erteilt und bislang von einer Umsatzsteuerfreiheit seiner Leistungen ausgegangen ist, dies dringend überprüfen.

Nach dem Urteil des BFH handelt es sich beim Fahrschulunterricht

  • nämlich um einen sogenannten spezialisierten Unterricht,
  • nicht aber um die Vermittlung, Vertiefung und Entwicklung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Bezug auf ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen, wie es für den umsatzsteuerfreien Schul- und Hochschulunterricht kennzeichnend ist.

Diese Begründung kann aber auch auf eine Vielzahl anderer Arten von Unterricht zutreffend, sodass Vorsicht geboten ist.

Fahrschulrechnungen ohne Umsatzsteuerausweis – Finanzverwaltung nahm Umsatzsteuerpflicht an – EuGH bestätigt dies

Die Klägerin, eine GmbH, betrieb eine Fahrschule. In den von ihr für die Leistungen ausgestellten Rechnungen wies sie hierbei Umsatzsteuer nicht gesondert aus. Sie vertrat nämlich die Auffassung, dass ihre Leistungen als umsatzsteuerfrei anzusehen seien, da sie Unterricht erteile. Dem folgten aber weder das Finanzamt noch das Finanzgericht. Beide kamen zu einer Umsatzsteuerpflicht.

Im Revisionsverfahren holte der BFH ein Vorabentscheidungsersuchen des EuGH zur Auslegung von Art. 132 Abs. 1 Buchst. i und j der maßgeblichen Richtlinien zum Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) ein, da er das europäische Recht als zentral für die Entscheidung ansah. Der EuGH antwortete mit Urteil vom 14.03.2019 (C 449/17) im Sinne des Finanzamts. Die letzte Entscheidung lag nunmehr beim BFH.

BFH schließt sich dem EuGH an: Umsatzsteuerpflicht der Fahrschule

Nach dem Urteil des BFH ist der von der Fahrschule geleistete Fahrunterricht nicht nach innerstaatlichem Recht steuerfrei. Es handelt sich nicht um eine dem Schul- und Bildungszweck dienende Leistung, die i.S. von § 4 Nr. 21 des Umsatzsteuergesetzes steuerfrei ist. Die Fahrschule kann sich auch nicht unmittelbar auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. i und j MwStSystRL mit dem danach von der Umsatzsteuer zu befreienden "Schul- und Hochschulunterricht" berufen. Denn der Fahrunterricht in einer Fahrschule ist gemäß dem EuGH-Urteil ein spezialisierter Unterricht, der für sich allein nicht der für den Schul- und Hochschulunterricht kennzeichnenden Vermittlung, Vertiefung und Entwicklung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Bezug auf ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen gleichkommt und der deshalb nicht unter den Begriff des Schul- und Hochschulunterrichts i.S. des Art. 132 Abs. 1 Buchst. i und j MwStSystRL fällt (EuGH-Urteil A & G Fahrschul-Akademie, EU:C:2019:202, Rz 29, 30). Dem hat sich der BFH angeschlossen.

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