Außenwirtschaftsmeldungen: Eine unterschätzte Bußgeldfalle

Außenwirtschaftsmeldungen sind für viele Unternehmen eine lästige Pflicht und stellen sie vor immer größere Herausforderungen. Anne-Kathrin Gillig und Christian Lohss von KPMG erklären mit ihren Kollegen Dr. Jan-Hendrik Gnändiger und Timo Herold, was hinter den Meldungen steckt.

Außenwirtschaftsmeldung: Deutsche Bundesbank und Zollämter prüfen verstärkt

Umfangreiche und regelmäßig novellierte Vorschriften, begleitet von einem stetig ansteigenden Belegvolumen, komplexeren Vertragskonstellationen und damit verbundenen Zahlungs- und Warenströmen sowie Kosteneinsparmaßnahmen zwingen Treasurer, Buchhalter und Prozessmanager zum Handeln. Denn die Einhaltung der Bestimmungen wird regelmäßig und verstärkt durch die Deutsche Bundesbank sowie die Zollämter geprüft und Verstöße werden zunehmend sanktioniert.

Grundsätzliches zu Außenwirtschaftsmeldungen

Bei Außenwirtschaftsmeldungen handelt es sich um statistische Meldungen, die der Erfassung von grenzüberschreitenden Zahlungen, Beständen und Vermögen zwecks Erstellung der Zahlungsbilanz dienen. Sie sind gemäß den Bestimmungen der Außenwirtschaftsverordnung §§ 63 ff. AWV periodisch der Deutschen Bundesbank zu melden.

Zur Berichterstattung der meldepflichtigen Sachverhalte stellt die Bundesbank insgesamt 14 unterschiedliche Meldeblätter (Meldeformulare) bereit, die sich an verschiedene Adressaten richten oder verschiedene Meldezwecke abbilden. So haben Kreditinstitute und Nicht-Kreditinstitute unterschiedliche Meldeblätter zu verwenden. Unterschieden wird außerdem zwischen Zahlungsmeldungen, Meldungen über den Bestand von Forderungen und Verbindlichkeiten sowie Meldungen über den Bestand von Vermögen. Die Meldeblätter stellen jeweils unterschiedliche Anforderungen an meldepflichtige Sachverhalte und Meldemerkmale. Als Meldemerkmale sind weiterführende Informationen zu den einzelnen Meldepositionen zu verstehen, beispielsweise die Meldekennzahl oder das Sitzland. Mithilfe dieser kann die Bundesbank die Position im Rahmen der Zahlungsbilanzerstellung einordnen.

Meldepflichtig sind grundsätzlich:

  • Grenzüberschreitende Zahlungen von mehr als 12.500 Euro, welche nicht innerhalb der Intrastat beziehungsweise der Extrastat-Meldungen im Zusammenhang mit dem grenzüberschreitenden Warenverkehr erfasst werden.
  • Grenzüberschreitende Forderungen und Verbindlichkeiten aus Finanzbeziehungen sowie dem Waren- und Dienstleistungsverkehr.
  • Beteiligungen an und von ausländischen Unternehmen, Niederlassungen und Betriebsstätten.

Außenwirtschaftsmeldungen: Bußgelder im fünfstelligen Bereich pro Verstoß sind möglich

Inkorrekte, unvollständige oder verspätet eingereichte Meldungen werden als Verstöße gegen die AWV bewertet und können von der dafür zuständigen Zollbehörde als Ordnungswidrigkeiten bewertet werden. Gemäß den Bußgeldvorschriften nach § 19 Abs. 6 AWG sind Bußgelder von bis zu 30.000 Euro pro Verstoß möglich. Als Verstoß gilt hierbei jede Transaktion, die nicht oder unvollständig, mit inkorrekten Merkmalen oder verspätet gemeldet wurde. Des Weiteren ist eine Bußgeldhaftung nicht wegen einer konkreten Pflichtverletzung, sondern wegen eines allgemeinen Organisationsverschuldens (Unterlassen der „gehörigen Aufsicht“) gem. § 130 OWiG i.V.m. §§ 9 und 30 OWiG gegenüber dem Unternehmen und den handelnden Personen möglich.

Industrieunternehmen rücken bei Außenwirtschaftsmeldungen zunehmend in den Fokus

Zwar haben die Bußgeldvorschriften des AWG sowie die betreffenden Regelungen zum OWiG in den letzten Jahren keine tiefgreifende Novellierung hinsichtlich der AWV-Meldungen erfahren. Jedoch ist zu erkennen, dass die Deutsche Bundesbank verstärkt die Meldepflichten überprüft und überwacht sowie sich zunehmend auf Industrieunternehmen fokussiert. Darüber hinaus kontrolliert die Bundesbank regelmäßig eingereichte Meldungen und hinterfragt diese in Zweifelsfällen bei dem Einreichenden. Dies ist unter anderem auf die Novellierung der AWV und den Entfall der Z1-Meldungen zum September 2013 zurückzuführen. Anhand dieser wurde die Zahlungsmeldung für Unternehmen durch die beteiligte Bank und nicht durch das Unternehmen selbst vorgenommen.

Im Rahmen von Vor-Ort-Prüfungen sichten Bundesbankprüfer Unterlagen wie Rechnungen, Verträge und Kontoauszüge zu potenziell meldepflichtigen Transaktionen und bewerten, ob Unternehmen diese vollständig, korrekt und fristgerecht eingereicht haben. Die Vorbereitung auf eine solche Prüfung der Bundesbank, deren Organisation, die Bereitstellung von Daten, Systemzugriffen und Unterlagen sowie die notwendige Erläuterung von Prozessen, Systemen und Geschäftsvorfällen bedeuten einen großen Aufwand für die Mitarbeiter des zu prüfenden Unternehmens.

Im Rahmen der Bundesbankprüfungen bewertet die Bundesbank außerdem die Meldeorganisation. Die Prüfung der Aufbauorganisation des Meldewesens und der damit zusammenhängenden Rollen und Verantwortlichkeiten gehören ebenso zum Prüfungsplan wie ablauforganisatorische Regelungen wie betreffende Richtlinien, Prozessbeschreibungen und Arbeitsanweisungen. Zudem werden Schulungsmaterialien gesichtet und Überwachungsmaßnahmen – etwa durch die Interne Revision – berücksichtigt. Die Meldeorganisation nach allgemeinen Compliance-Grundsätzen auszugestalten, unterstützt Vorstand und Geschäftsführung darin, ihre Überwachungs- und Sorgfaltspflichten zu erfüllen und reduziert damit die angesprochenen Haftungsrisiken.

Drei typische Fehlerquellen für Unternehmen bei der Außenwirtschaftsmeldung

Die häufigsten Fehlerquellen für Unternehmen lassen sich grob in folgende Kategorien unterteilen:

  • Unwissenheit und Unklarheiten bzgl. der anwendbaren Regularien: Die Vorschriften des AWV-Meldewesens, welche durch zahlreiche Merkblätter und Erläuterungen der Deutschen Bundesbank konkretisiert und ergänzt werden, sind umfangreich und komplex. Im Falle von Prüfungen sind die Bestimmungen der Bundesbank maßgeblich – den geprüften Unternehmen aber oftmals nicht bekannt, sodass es zu zahlreichen Feststellungen kommen kann. Aufgrund der mangelnden Auseinandersetzung mit den regulatorischen Bestimmungen und nicht vorhandenen Schulungen fehlt daher oftmals das Know-How, das erforderlich ist, um korrekte, vollständige und fristgerechte Meldungen abzugeben.
  • Keine klar definierten Verantwortlichkeiten: Aufgrund fehlender Richtlinien oder Prozessbeschreibungen bestehen Unklarheiten bezüglich der zu erstellenden Meldeblätter sowie der daran mitwirkenden und verantwortlichen Abteilungen. Die Folge ist eine fehlende Abgrenzung der zu meldenden Sachverhalte, was wiederum zu Fehlmeldungen oder Doppelmeldungen führt.
  • Prozessschwächen sowie systembegründete Fehlerquellen: In Anbetracht der Vielzahl meldepflichtiger Transaktionen mit unterschiedlichen Meldemerkmalen, ist die Erfüllung der regulatorischen Anforderungen im Bereich der Außenwirtschaftsmeldungen eine der größten Herausforderungen. Effizienz- und Kostendruck, ein stetig ansteigendes Belegvolumen und nicht zuletzt die kurzen Meldefristen führen dazu, dass manuelle Tätigkeiten zur Erstellung der Meldungen auf ein Minimum reduziert werden müssen. Oftmals sind es aber gerade fehleranfällige und veraltete eigenentwickelte Reports, die meldepflichtige Transaktionen nicht erkennen oder mit inkorrekten Merkmalen ausgeben. Fehlende Plausibilisierung und Kontrollen führen dazu, dass diese über Jahre hinweg nicht erkannt werden und bei Aufdeckung zahlreiche Korrekturmeldungen mit beachtlichen Volumina notwendig werden.

Selbstanzeigen können bei fehlerhaften Außenwirtschaftsmeldungen lohnenswert sein

Gut beraten ist, wer die aufgeführten Fehlerquellen bereits vor einer anstehenden Prüfung erkannt, analysiert und beseitigt hat. Ebenso kann es sich lohnen, bei entdeckten Verstößen eine Selbstanzeige vorzunehmen. Denn gemäß den Vorschriften des AWG unterbleibt die Verfolgung als Ordnungswidrigkeit in den Fällen der fahrlässigen Begehung, wenn der Verstoß im Wege der Eigenkontrolle aufgedeckt und der zuständigen Behörde angezeigt wurde.

Schlagworte zum Thema:  Meldung, Meldepflicht