aa) Einfrierungs- oder Durchbuchungsmethode

 

Tz. 621

Für die Umsetzung der Rechtsfolgen in der Bilanz und der GuV steht nach h. M. sowohl die sog. Bruttomethode als auch die sog. Nettomethode zu Verfügung (Wahlrecht).[727] Bei der Nettomethode, auch als Einfrierungsmethode bezeichnet, wird das Grundgeschäft zum Sicherungskurs bilanziert, Wertveränderungen beim Sicherungsgeschäft nicht erfasst.[728] In dem Umfang, wie sich die Zahlungsströme ausgleichen, bleibt die Bilanzierung also trotz der sich real ändernden Werte unverändert. Die Bruttomethode, auch als Durchbuchungsmethode bezeichnet, stellt die sich ausgleichenden Entwicklungen jeweils in Bilanz und GuV dar. Im Ergebnis bleibt diese Bilanzierung zwar wiederum erfolgsneutral, allerdings verlängert sich die GuV; Aufwendungen und Erträge gleichen sich zwar aus, sind aber zu hoch. Deshalb wird überwiegend für zutreffend gehalten, auch bei Anwendung der Bruttomethode die Wertänderungen nicht in der GuV zu buchen.[729]

[727] Cassel/Kessler, in: Bertram u. a., HGB, § 254 HGB Rn. 43; Hoffmann/Lüdenbach, HGB, § 254 HGB Rn. 63.
[728] Hennrichs, WPg 2010, 1185, (1189).
[729] IDW RS HFA 35 Rn. 86, WPg Supplement 3/2011, 59; Hennrichs, WPg 2010, 1185, (1190); Rimmelspacher/Fey, WPg 2013, 994, (997); für Wahlrecht Förschle/Usinger, in: BeckBilKo, § 254 HGB Rn. 58.

bb) Buchung der Anschaffungskosten bei Beschaffungs- und Absatzgeschäften

 

Tz. 622

Im Falle von gesicherten Beschaffungs- und Absatzgeschäften stellt sich die Frage, wie bzw. wann die Anschaffungskosten und das Sicherungsmittel bilanziell zu erfassen sind. Praktisch ist in erster Linie die Absicherung gegen Währungsschwankungen relevant.

 

BEISPIEL[730]

Die X-AG verpflichtet sich am 01.11.01 in einen Kaufvertrag mit einem US-amerikanischen Lieferanten zur Abnahme von Waren zu 10.000 USD. Diese werden am 01.02.02 geliefert und sind laut Kaufvertrag auch an diesem Tag zu bezahlen. Zur Absicherung des Währungsrisikos schließt die X-AG ein Divisentermingeschäft mit ihrer Bank ab.

  • Kurs am 01.11.01: 1 EUR/1 USD
  • Kurs am 01.01.02: 0,95 EUR/1 USD
  • Kurs am 01.02.02: 0,95 EUR/1 USD

Zum Stichtag 31.12.01 bucht die X-AG das Beschaffungsgeschäft nicht, da es sich um ein schwebendes Geschäft handelt. Nach allgemeinen Regeln müsste sie aber eine Rückstellung bilden, weil aus dem Warentermingeschäft ein Verlust von 500 EUR droht. Da sich die Zahlungssröme jedoch ausgleichen, unterbleibt die Rückstellungsbildung.

Hinsichtlich der Einbuchung der Anschaffungskosten bestehen im Geschäftsjahr 02 zwei Möglichkeiten:

  1. Einbuchung zum Sicherungskurs (10.000 EUR)
  2. Einbuchung zum Kassakurs (9.500 EUR)

Bei konsequenter Anwendung des Anschaffungskostenprinzips müsste der bezahlte Eurobetrag angesetzt werden, die Waren wären zu 9.500 EUR anzusetzen, obwohl 10.000 EUR als Wert vereinbart waren. Denn im Realisationszeitpunkt – Lieferung – war dies der real aufzuwendende Betrag.[731] Demgegenüber wird vertreten, dass im Falle des Abschlusses eines Sicherungsgeschäfts für auf Ziel gekaufte Waren der vereinbarte Kaufpreis "fixiert" wird.[732] Die Gegenauffassung argumentiert, dass lediglich das Wertschwankungsrisiko eliminiert werde, die Anschaffungskosten aber nicht durch den Abschluss eines Termingeschäfts beeinflusst werden könnten.[733] Dem lässt sich entgegenhalten, dass der individuell zwischen den Parteien gefundene Wert der Ware nicht durch die Währungsschwankung tangiert wird, weil dieses Risiko eliminiert wurde. Der zwischen den Parteien ermittelte Wert ist folglich in der Tat "fixiert" und stellt die Anschaffungskosten dar, zu denen die Waren einzubuchen sind.

[730] Nach Hoffmann/Lüdenbach, HGB, § 254 HGB Rn. 89.
[731] Schubert/Gadek, in: BeckBilKo, § 255 HGB Rn. 52.
[732] Ekkenga, in: KK-RechnR, § 255 HGB Rn. 18; Kirsch, in: Bonner HdR, § 255 Rn. 55; Schubert/Gadek, in: BeckBilKo, § 254 HGB Rn. 54.
[733] Nach Hoffmann/Lüdenbach, HGB, § 254 HGB Rn. 92 ff.

cc) Beendigung der Sicherungsbeziehung

 

Tz. 623

Mit Beendigung der Sicherungsbilanzierung sind die allgemeinen Regeln wieder anzuwenden. Dabei kommen folgende Konstellationen in Betracht:[734]

  1. Gleichzeitige Beendigung von Grund- und Sicherungsgeschäft
  2. Beendigung nur des Grundgeschäfts
  3. Beendigung nur des Sicherungsgeschäft
  4. Beendigung der Sicherungsbeziehung
[734] Hoffmann/Lüdenbach, HGB, § 254 HGB Rn. 86.

cc1) Gleichzeitige Beendigung von Grund- und Sicherungsgeschäft

 

Tz. 624

Die gleichzeitige Beendigung von Grund- und Sicherungsgeschäft stellt den Idealfall dar: Beide Schuldverhältnisse werden erfüllt, ihre gegenseitigen Chancen und Risiken haben sich neutralisiert.

 

BEISPIEL

Eine Forderung der X-AG (Stichtag 31.12.) über 10.000 USD aus Lieferung und Leistung sichert diese gegen Fremdwährungsrisiken ab, indem sie ein Devisentermingeschäft abschließt. Die Forderung ist entstanden durch Vertrag vom 30.06.01, Liefertermin ist der 31.03.02. Die Verpflichtungen werden vertragsgemäß erfüllt. Folgende Kursentwicklung sei unterstellt:

  • 30.06.01: 1 USD/1 EUR
  • 31.12.01: 1 USD/0,95 EUR
  • 31.03.02: 1 USD/0,9 EUR

Hier liegt ein perfekter Hedge vor. Zum 31.12.01 ist nichts davon zu bilanzieren, da es sich um zwei schwebende Geschäfte handelt. Der drohende Verlust aus dem Grundgeschäft muss nicht in Form einer Rückstellung für drohende Ve...

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