Tz. 92

Eine besondere Zurechnungsfrage stellt sich bei Abschluss von Leasingverträgen. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass die zivilrechtliche Eigentumslage und das Tragen der wirtschaftlichen Chancen und Risiken an einem Vermögensgegenstand teilweise auseinanderfallen. Es stellt sich deshalb hier besonders die Frage, in wessen Bilanz das Leasinggut auszuweisen ist. Im deutschen Handelsrecht selbst finden sich – anders als in der internationalen Rechnungslegung – keine konkreten Vorgaben zur bilanziellen Abbildung. Eine im Zuge des BilMoG geplante Annäherung an die internationalen Vorschriften wurde nicht weiter verfolgt. Hilfsweise kann daher nur auf die steuerrechtlichen Vorgaben aus den Leasingerlassen und eine Verlautbarung des IDW, die allerdings nur im Entwurf vorliegt (IDW ERS HFA 13) und für die eine Finalisierung in absehbarer Zeit nicht zu erwarten ist, zurückgegriffen werden.

dd1) Allgemeine Grundsätze der Leasingbilanzierung

 

Tz. 93

Rechtlicher Eigentümer ist der Leasinggeber, der das Leasingobjekt entweder im Hinblick auf das Leasinggeschäft extra erwirbt oder bereits hat. Er überlässt das Objekt dem Leasingnehmer gegen Zahlung der Leasing­raten. Unterschiede bestehen hinsichtlich der Dauer der Gebrauchsüberlassung, ihrem Zweck und der Frage, wer die Chancen und Risiken trägt. Das Schrifttum zu den Einzelfragen ist kaum noch überschaubar.[176] In der Praxis spielen die Leasing-Erlasse der Steuerverwaltung eine beherrschende Rolle (dazu sogleich).[177] Grob können folgende Typen des Leasings unterschieden werden:

 

Tz. 94

Kurzfristige Nutzungsüberlassung, Operating-Leasing : Es handelt sich um ein vertragliches Verhältnis, das zur Nutzung einer Sache berechtigt, aber mit kurzen Kündigungsfristen: die Risiken bleiben beim Leasinggeber, der hierfür die Leasingraten erhält. Daher liegt ein echter Mietvertrag vor, der als schwebendes Geschäft nicht vom Leasingnehmer auszuweisen ist.[178] Die Einordnung als Leasingvertrag ist daher eher irreführend als nützlich. Ansatzpflichtig bleibt der Leasinggeber.

 

BEISPIEL

Ein Unternehmen mietet drei Kfz von einer Autovermietung an. Der Vertrag ist nicht in der Laufzeit beschränkt, aber jederzeit mit Monatsfrist kündbar. Die "Leasingraten" werden monatlich im Voraus bezahlt.

Wird das Leasing zur Finanzierung der Anschaffung einer Sache genutzt, etwa indem die Leasingraten über einen festgelegten Zeitraum zur Vollamortisation beim Leasinggeber führen, liegt die wirtschaftliche Verfügungsmacht unter bestimmten Voraussetzungen beim Leasingnehmer; in diesem Fall ist bei ihm zu bilanzieren. Das ist insbes. in folgenden Konstellationen der Fall:[179]

  • Die vertragliche Nutzungsdauer entspricht der gewöhnlichen betrieblichen Nutzungsdauer oder der Vertrag enthält eine entsprechende Verlängerungsoption, die voraussichtlich gezogen wird, weil die Verlängerungsmiete unter dem Wertverzehr der Restnutzungszeit des Gegenstandes liegt.
  • Die vertragliche Nutzungsdauer ist kürzer als die gewöhnliche betriebliche Nutzungsdauer, dem Leasingnehmer ist aber eine Kaufoption eingeräumt, bei deren Ausübung die Leasingraten auf den Kaufpreis angerechnet werden und die günstig ist, weil der Kaufpreis unter dem Buchwert oder dem niedrigeren gemeinen Wert der Sache liegt.
  • Der Leasinggegenstand ist ausschließlich für die Zwecke des Leasingnehmers geeignet (Spezial-Leasing).
 

Tz. 95

Sale-and-lease-back:[180] Hier wird eine Sache veräußert, um stille Reserven zu heben oder die Liquidität zu erhöhen. Das gelingt nur, wenn bilanzrechtlich ein entsprechender Realisationsvorgang stattfindet, die Sache also auch wirtschaftlich nicht mehr dem bisherigen Eigentümer zuzurechnen ist. Das richtet sich nach den dargestellten Grundsätzen, also vor allem danach, wer die Chancen und Risiken trägt oder ob diese durch die Zahlung von Leasingraten ausgeglichen sind. Entspricht das lease-back Geschäft im Anschluss an die Veräußerung danach typischen Mietvertragsstrukturen (Gebrauchsüberlassung gegen Geld mit Kündigungsmöglichkeiten), liegt insofern ein schwebendes Geschäft vor; die Veräußerung (Sale-Geschäft) führt dann zur Ausbuchung beim Veräußerer und einem entsprechenden Realisationsvorgang, mit dem stille Reserven gehoben werden. Behält der Veräußerer hingegen die wirtschaftliche Verfügungsmacht und dienen die Leasingraten der Vollamortisation des Gegenstandes, entspricht das Vorgehen also der Funktion eines Finanzierungs-Leasings, bleibt der Veräußerer für den Gegenstand bilanzierungspflichtig.

[176] Ausführlich und mit vielen Nachweisen etwa Hoffmann/Lüdenbach, HGB, § 246 HGB Rn. 240 ff.; knapper ADS, § 246 HGB Rn. 385 ff.; Hennrichs, in: MüKo-BilR, § 246 HGB Rn. 204 ff.
[177] BStBl. I 1971, 264 (bewegliche Sachen); BStBl. I 1972, 188 (Immobilien); BB 1976, 72 und BStBl. I 1992, 13 (Teilamortisationsverträge).
[178] Hennrichs, in: MüKo-BilR, § 246 HGB Rn. 207.
[179] Hennrichs, in: MüKo-BilR, § 246 HGB Rn. 208 ff.
[180] Förschle/Ries, in: BeckBiKo, § 246 HGB Rn. 40.

dd2) Vorgaben der Leasingerlasse im Einzelnen

 

Tz. 96

Vollamortisationsverträge über bewegliche Sachen

Hier unterscheidet der Leasingerlass[181] vier Art...

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