Tz. 112
Nach Art. 6 Abs. 1 lit. h) Jahresabschlussrichtlinie 2013 sind Posten der GuV sowie der Bilanz unter Berücksichtigung des wirtschaftlichen Gehalts des betreffenden Geschäftsvorfalls oder der betreffenden Vereinbarung zu bilanzieren und darzustellen. Im deutschen Recht ist der Grundsatz der wirtschaftlichen Betrachtungsweise nicht kodifiziert, aber Teil der anerkannten Methoden bei der Anwendung der GoB.
Nach überzeugender Auffassung ist die wirtschaftliche Betrachtungsweise nur ein Arbeitsbegriff für einen Anwendungsbereich der teleologischen Auslegung und die sorgfältige Feststellung des Sachverhalts.[279] Bereits "formalrechtlich" sind bei der Feststellung des zivilrechtlich determinierten Sachverhalts die subjektiven Interessen der Parteien, zu denen die wirtschaftlichen Interessen gehören, zu würdigen. Eine zivilrechtlich zutreffende Bewertung des Sachverhalts entspricht daher in der Regel einer wirtschaftlichen Betrachtung des Sachverhalts.[280]
Der Begriff der wirtschaftlichen Betrachtungsweise wird häufig für eine intuitiv ohne exakte Anwendung der zivilrechtlichen Grundsätze vorgenommene Bewertung eines Sachverhalts unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Interessen missbraucht. Weil die wirtschaftliche Betrachtungsweise außerhalb gefestigter Fallgruppen leicht zu einer willkürlichen Bilanzierung verleiten kann, hat der deutsche Gesetzgeber sich folgerichtig entschieden, mit dem BilRuG keinen unspezifischen Grundsatz der wirtschaftlichen Betrachtungsweise in das Handelsgesetzbuch aufzunehmen. Eine richtlinienkonforme wirtschaftliche Betrachtungsweise ist im geltenden deutschen Bilanzrecht eine methodengerechte Anwendung der GoB.[281]
Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Merkt, Rechnungslegung nach HGB und IFRS (Schäffer-Poeschel). Sie wollen mehr?
Jetzt kostenlos 4 Wochen testen
Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen