Tz. 135

Stimmt der zur Abgabe einer solchen Erklärung Befugte der Offenbarung oder Verwertung des Gesellschaftsgeheimnisses zu, liegt ein Einverständnis vor; die Strafbarkeit entfällt bereits auf Tatbestandsebene. Dies gilt unabhängig davon, ob durch eine allgemeine Offenbarung bereits der Geheimnischarakter verloren geht (vgl. Tz. 125 ff.) oder die Information gegenüber sonstigen Dritten weiterhin als Geheimnis geschützt bleiben soll.[190] Zuständig für die Entbindung sind die vertretungsberechtigten Organe. Nach einer wohl nicht mehr als h. M. zu bezeichneten Ansicht[191] kann ein Insolvenzverwalter nicht ohne zusätzliche Erklärung der früheren gesetzlichen Vertreter von der Schweigepflicht entbinden. Diese Ansicht ist mittlerweile im Rückzug befindlich; sie erscheint auch zweifelhaft, insbesondere in Bezug auf Wirtschaftsprüfer, wo ganz offensichtlich nur mit der Gesellschaft (und nicht mit den Organen persönlich) ein Mandatsverhältnis begründet wird.[192] Entsprechendes gilt für den Wechsel der vertretungsberechtigten Organe.

 

Tz. 136

Eine mutmaßliche Einwilligung kann die Offenbarung eines Geheimnisses rechtfertigen, wenn die Entscheidung des zuständigen Organs nicht eingeholt werden kann und das Handeln im Interesse des Unternehmens liegt.[193] Bei Straftaten eines Vorstandsmitglieds sind allerdings i. d. R. vorrangig die übrigen Vorstandsmitglieder zu informieren, bei Straftaten des gesamten Vorstands die Aufsichtsratsmitglieder, bei Straftaten des Aufsichtsrats die Hauptversamm­lung.[194] Diese können dann stellvertretend eine Entbindung im Interesse der Gesellschaft vornehmen. Zu § 34 StGB (Notstand) vgl. Tz. 140.

[190] Altenhain, in: KK-RechnR, § 333 HGB Rn. 40; Quedenfeld, in: MüKo-HGB, § 333 HGB Rn. 20; Lenckner/Eisele, in: Schönke/Schröder, StGB, § 203 StGB Rn. 21; differenzierend Dannecker, in: GroßKo-HGB, § 333 HGB Rn. 59; Sorgenfrei, in: MüKo-StGB. § 333 HGB Rn. 44, 51 ff.; Waßmer, in: MüKo-BilR, § 333 HGB Rn. 23.
[191] Dannecker, in: GroßKo-HGB, § 333 HGB Rn. 76; Grottel/Hoffmann, in: BeckBilKo, § 333 HGB Rn. 13; Sorgenfrei, in: MüKo-StGB, § 333 HGB Rn. 53; Waßmer, in: MüKo-BilR, § 333 HGB Rn. 50; jeweils unter Bezugnahme auf OLG Düsseldorf v. 14.12.1992, 1 Ws 1155/92, wistra 1993, 120; OLG Koblenz v. 22.02.1985, 2 VAs 21/84, NStZ 1985, 426; OLG Schleswig v. 27.05.1980, 1 Ws 160/80, 1 Ws 161/80, NJW 1981, 294.
[192] So OLG Oldenburg v. 28.05.2004, 1 Ws 242/04, NJW 2004, 2176; OLG Nürnberg v. 18.06.2009, 1 Ws 289/09, NZI 2009, 817; LG Bonn v. 13.02.2012, 27 Qs 21/11, NZI 2012, 686; Kiethe, NZI 2006, 267; nunmehr auch Meyer-Goßner/Schmitt, Straf­prozessordnung, 59. Aufl., München 2016, § 53 StPO Rn. 46b.
[193] Dannecker, in: GroßKo-HGB, § 333 HGB Rn. 82.
[194] Quedenfeld, in: MüKo-HGB, § 333 HGB Rn. 40.

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