I. §§ 257–261 HGB

 

Tz. 112

 

§ 257 Aufbewahrung von Unterlagen. Aufbewahrungsfristen

(1) Jeder Kaufmann ist verpflichtet, die folgenden Unterlagen geordnet aufzubewahren:

  1. Handelsbücher, Inventare, Eröffnungsbilanzen, Jahresabschlüsse, Einzelabschlüsse nach § 325 Abs. 2a, Lageberichte, Konzernabschlüsse, Konzernlageberichte sowie die zu ihrem Verständnis erforderlichen Arbeitsanweisungen und sonstigen Organisationsunterlagen,
  2. die empfangenen Handelsbriefe,
  3. Wiedergaben der abgesandten Handelsbriefe,
  4. Belege für Buchungen in den von ihm nach § 238 Abs. 1 zu führenden Büchern (Buchungsbelege).

(2) Handelsbriefe sind nur Schriftstücke, die ein Handelsgeschäft betreffen.

(3) 1Mit Ausnahme der Eröffnungsbilanzen und Abschlüsse können die in Absatz 1 aufgeführten Unterlagen auch als Wiedergabe auf einem Bildträger oder auf anderen Datenträgern aufbewahrt werden, wenn dies den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entspricht und sichergestellt ist, dass die Wiedergabe oder die Daten

  1. mit den empfangenen Handelsbriefen und den Buchungsbelegen bildlich und mit den anderen Unterlagen inhaltlich übereinstimmen, wenn sie lesbar gemacht werden,
  2. während der Dauer der Aufbewahrungsfrist verfügbar sind und jederzeit innerhalb angemessener Frist lesbar gemacht werden können.

2Sind Unterlagen auf Grund des § 239 Abs. 4 Satz 1 auf Datenträgern hergestellt worden, können statt des Datenträgers die Daten auch ausgedruckt aufbewahrt werden; die ausgedruckten Unterlagen können auch nach Satz 1 aufbewahrt werden.

(4) Die in Absatz 1 Nr. 1 und 4 aufgeführten Unterlagen sind zehn Jahre, die sonstigen in Absatz 1 aufgeführten Unterlagen sechs Jahre aufzubewahren.

(5) Die Aufbewahrungsfrist beginnt mit dem Schluß des Kalenderjahrs, in dem die letzte Eintragung in das Handelsbuch gemacht, das Inventar aufgestellt, die Eröffnungsbilanz oder der Jahresabschluß festgestellt, der Einzelabschluss nach § 325 Abs. 2a oder der Konzernabschluß aufgestellt, der Handelsbrief empfangen oder abgesandt worden oder der Buchungsbeleg entstanden ist.

 

Tz. 113

 

§ 258 Vorlegung im Rechtsstreit

(1) Im Laufe eines Rechtsstreits kann das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Vorlegung der Handelsbücher einer Partei anordnen.

(2) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Verpflichtung des Prozeßgegners zur Vorlegung von Urkunden bleiben unberührt.

 

Tz. 114

 

§ 259 Auszug bei Vorlegung im Rechtsstreit

1Werden in einem Rechtsstreit Handelsbücher vorgelegt, so ist von ihrem Inhalt, soweit er den Streitpunkt betrifft, unter Zuziehung der Parteien Einsicht zu nehmen und geeignetenfalls ein Auszug zu fertigen. 2Der übrige Inhalt der Bücher ist dem Gericht insoweit offenzulegen, als es zur Prüfung ihrer ordnungsmäßigen Führung notwendig ist.

 

Tz. 115

 

§ 260 Vorlegung bei Auseinandersetzungen

Bei Vermögensauseinandersetzungen, insbesondere in Erbschafts-, Gütergemeinschafts- und Gesellschaftsteilungssachen, kann das Gericht die Vorlegung der Handelsbücher zur Kenntnisnahme von ihrem ganzen Inhalt anordnen.

 

Tz. 116

 

§ 261 Vorlegung von Unterlagen auf Bild- oder Datenträgern

Wer aufzubewahrende Unterlagen nur in der Form einer Wiedergabe auf einem Bildträger oder auf anderen Datenträgern vorlegen kann, ist verpflichtet, auf seine Kosten diejenigen Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen, die erforderlich sind, um die Unterlagen lesbar zu machen; soweit erforderlich, hat er die Unterlagen auf seine Kosten auszudrucken oder ohne Hilfsmittel lesbare Reproduktionen beizubringen.

1. Einleitung

a) Überblick

 

Tz. 117

Die Vorschriften der §§ 257262 HGB regeln für sämtliche Kaufleute, also für Einzelkaufleute ebenso wie für Gesellschaften, die Aufbewahrung und Vorlage der kaufmännischen Unterlagen. Diese Bestimmungen sind zwingender Natur und können nicht durch privatrechtliche Vereinbarung abgeändert oder aufgehoben werden.

b) Entstehungsgeschichte

 

Tz. 118

Die kaufmännische Aufbewahrungspflicht bezweckt die Dokumentation und gehört seit der französischen Ordonnance de commerce von 1673, dem preußischen Allgemeinen Landrecht und dem ADHGB von 1873 zum Kernbestand der Regelungen zur kaufmännischen Rechnungslegung. Die Dokumentation ihrerseits soll vor ungerechtfertigten Vermögensverschiebungen zulasten der Gläubiger schützen. Als weiterer Zweck hinzu tritt die besondere verfahrensrechtliche Beweiskraft kaufmännischer Unterlagen.[154]

 

Tz. 119

Die §§ 257261 HGB entsprechen weitestgehend den §§ 44–47a a. F. § 257 HGB wurde gegenüber der Vorgängernorm lediglich um Konzernabschlüsse und -lageberichte ergänzt. Die Vorschrift des § 262 HGB über die Buchführungspflicht der Sollkaufleute wurde zusammen mit den Vorschriften über Solkaufleute durch das Handelsrechtsreformgesetz ersatzlos aufgehoben.

[154] Walz, in: Heymann, HGB, § 257 HGB Rn. 2 f.

c) Geltungsbereich

 

Tz. 120

Vom subjektiven Geltungsbereich der §§ 257 ff. HGB werden alle Kaufleute erfasst. Bei der OHG sind alle Gesellschafter, bei der KG und bei der KG sind die persönlich haftenden Gesellschafter und bei der KapGes die gesetzlichen Vertreter für die Erfüllung der Aufbewahrungspflichten verantwortlich. Das gilt auch, wenn die Buch...

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