Rn. 16

Stand: EL 42 – ET: 05/2024

Bedingt durch die alternative Zulassung beider Gliederungsverfahren in der Bilanz-R (zuvor: 4. EG-R) sowie durch die verschiedenen Gesetzesentwürfe ihre Umsetzung in deutsches Recht betreffend, in denen das UKV als Alternative zum früher allein vorgeschriebenen GKV teils zugelassen, teils nicht vorgesehen war, kam es in der Literatur zu einer intensiven Diskussion beider Verfahren sowie ihrer (angenommenen) Vor- und Nachteile (vgl. ausführlich Niehus, DB 1982, S. 657ff.; zur späteren Diskussion Baetge/Fischer (1987), S. 197 (dortige Fn. 13); Baetge/Fischer, BFuP 1988, S. 1ff.; Glade, BFuP 1987, S. 16ff.; Lachnit, BFuP 1987, S. 33ff.; Rogler, DB 1992, S. 749ff.; ADS (1997), § 275, Rn. 33f.; überdies zur aktuellen Diskussion Beck Bil-Komm. (2022), § 275 HGB, Rn. 34ff.; MünchKomm. HGB (2024), § 275, Rn. 16ff.; Bilanz-HB (2015), Kap. G, Rn. 71ff., 545ff.).

1. Wesentliche Argumente

 

Rn. 17

Stand: EL 42 – ET: 05/2024

(1)

Betriebswirtschaftliche Aussagefähigkeit (aus der Sicht des externen Informationsempfängers):

  • Das GKV zeigt alle wesentlichen Aufwandsarten. Das UKV weist demgegenüber im betrieblichen Bereich die Aufwendungen nach Funktionsbereichen aus und gewährt damit einen grds. Einblick in die Kostenstruktur (Kalkulationsschema).
  • Das GKV weist die Gesamtleistung der Periode aus. Beim UKV wird das Bruttoergebnis vom Umsatz angegeben.
  • Das GKV zeigt produktionsbezogen sämtliche in der Periode angefallenen Aufwendungen. Beim UKV werden dagegen die Herstellungsaufwendungen auf den Umsatz bezogen ausgewiesen.
  • Das GKV ist das aussagefähigere Verfahren bei langfristiger Fertigung. Dagegen eignet sich das UKV insbesondere bei UN mit Serienfertigung sowie für Handelsbetriebe.
(2)

Einfache Erstellung:

Die GuV nach dem GKV ist einfacher und leichter zu erstellen, da die Werte direkt aus der i. d. R. nach Aufwandsarten aufgebauten Buchhaltung entnommen werden können. Zeitaufwendige Schlüsselungen und Verrechnungen (z. B. mittels BAB) sind hier nicht erforderlich.

(3)

Willkürfreiheit:

Das GKV vermeidet durch diese direkte Übernahme ohne Schlüsselungen etc. Ungenauigkeiten, Abgrenzungsprobleme und Gestaltungsspielräume beim Ausweis der einzelnen Posten.

(4)

Gebräuchlichkeit und Vergleichbarkeit:

Für nach HGB rechenschaftspflichtige UN ist das GKV das überwiegend gebräuchliche Verfahren. Deshalb fördert seine Anwendung die Vergleichbarkeit im nationalen Bereich. International ist überwiegend das UKV bekannt und gebräuchlich. Deshalb begünstigt seine Anwendung die internationale Vergleichbarkeit sowie die Information ausländischer Geschäftspartner und erleichtert damit auch den Zugang zu den internationalen Kap.-Märkten.

2. Kritische Würdigung

 

Rn. 18

Stand: EL 42 – ET: 05/2024

Um das GKV und UKV gegeneinander abzuwägen, sind diese in der Literatur genannten Argumente einer kritischen Würdigung zu unterziehen:

Ad (1): Wie bereits unter HdR-E, HGB § 275, Rn. 5ff., ausgeführt, ist im Hinblick auf die Aussagefähigkeit der GuV eine eindeutige Rangordnung in der Weise, dass Aufwendungen besser nach Arten oder Funktionsbereichen aufgegliedert werden sollten, nicht festzustellen. Vielmehr bieten beide Alternativen auf unterschiedliche Art wichtige Informationen über die betrieblichen Aufwendungen der Periode. Die Höhe der einzelnen Aufwandsarten beim GKV, ihre Struktur bzw. der Anteil einzelner Arten bezogen auf den Gesamtaufwand oder die Gesamtleistung, ihre absoluten und relativen Veränderungen im Zeitvergleich sowie ihre absolute oder relative Höhe bei Betriebsvergleichen können wesentliche Informationen zur Analyse der Ertragslage darstellen. Dies gilt aber auch für die funktionale Darstellung nach dem UKV, das die betrieblichen Aufwendungen nach den Bereichen "Herstellung", "Vertrieb", "Allg. Verwaltung" und "Sonstiges" getrennt ausweist. Eine solche Darstellung entspricht vielfach dem Kalkulationsschema der UN, wird für interne (kurzfristige) Erfolgsrechnungen häufig verwendet und beweist schon damit, dass sie einen aussagefähigen Einblick in die Kostenstruktur gewährt. Die Aufwendungen der Funktionsbereiche absolut oder relativ zum Umsatz – im Zeit- oder Betriebsvergleich – können also ebenfalls wichtige Informationen zur Beurteilung der Ertragslage geben.

 

Rn. 18a

Stand: EL 42 – ET: 05/2024

Die grds. Gleichwertigkeit beider Verfahren in dieser Hinsicht wird allerdings in der Ausgestaltung nach HGB teilweise aufgehoben: Erstens werden beim GKV nach § 275 Abs. 2 außer Material- und Personalaufwand sowie AfA im Einzelfall wesentliche Aufwandsarten (z. B. Werbung, Mieten und Pachten, Lizenzen, Provisionen) nicht gesondert ausgewiesen, sondern im Posten "Sonstige betriebliche Aufwendungen" zusammengefasst. Zweitens haben bei Anwendung des UKV die betreffenden UN i. d. R. (vgl. § 285 Nr. 8 i. V. m. §§ 288, 326f.) den Material- und Personalaufwand in entsprechender Aufgliederung zusätzlich im Anhang anzugeben. Ebenso sind die AfA des GJ entweder aus der Bilanz oder dem Anhang ersichtlich (vgl. auch HdR-E, HGB §§ 284–288, Rn. 139ff.). Nur die den üblichen Rahm...

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