Tochterunternehmen: Erleichterungen Rechnungslegung

Der IDW-HFA hat sich mit Zweifelsfragen zu den Erleichterungen für Tochterunternehmen im Sinne der §§ 264 Abs. 3 und 4, 264b HGB sowie § 5 Abs. 6 PublG befasst: U.a. Einstandspflicht im mehrstufigen Konzern, Präklusion der Befreiung bei verspäteter Offenlegung.

§§ 264 Abs. 3 und 4, 264b HGB sowie § 5 Abs. 6 PublG eröffnen für Tochterunternehmen Erleichterungen bei der Aufstellung, Prüfung und/oder Offenlegung ihrer Rechnungslegung, die zuletzt durch das Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz (BilRUG) grundlegend geändert wurden (s. ausführlich Oser, Beck'sches Handbuch der Rechnungslegung, 56. Aufl., B 110, Stand: August 2018).

Der HFA des IDW hat sich in 2017/2018 neuerlich mit Zweifelsfragen der Auslegung und Anwendung der einzelnen Befreiungsvorschriften befasst, die im Folgenden dargestellt werden sollen.

Einstandspflicht im mehrstufigen Konzern

Nach § 264 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 HGB muss das Mutterunternehmen erklären, für die von dem Tochterunternehmen bis zum Abschlussstichtag eingegangenen Verpflichtungen im folgenden Geschäftsjahr einzustehen (= Einstandspflicht). Im mehrstufigen Konzern muss die Einstandspflicht von dem Mutterunternehmen erklärt werden, das die befreiende Konzernrechnungslegung, in die die Tochter einbezogen ist, präsentiert. In einem mehrstufigen Konzern (z. B. einem 2-stufigen Konzern bestehend aus Mutter – Tochter – Enkel) kann – falls das Enkelunternehmen die Erleichterungen des § 264 Abs. 3 HGB in Anspruch nehmen möchte und nur das Mutterunternehmen einen (befreienden) Konzernabschluss und -lagebericht aufstellt – die Einstandspflicht entweder

  1. unmittelbar durch das Mutter- gegenüber dem Enkelunternehmen erklärt oder
  2. durch eine lückenlose Kette von Einstandspflichten (Mutter gegenüber Tochter und Tochter gegenüber Enkel)

erfüllt werden.

Abb. 1: Einstandspflicht im mehrstufigen Konzern

BCU: Einstandspflicht im mehrstufigen Konzern

Der HFA des IDW bestätigt die Zulässigkeit der Inanspruchnahme von Erleichterungen durch ein Enkelunternehmen bei Existenz einer lückenlosen Kette von Einstandspflichten (h. M.). Voraussetzung ist indes, dass – im Beispiel – für das Enkelunternehmen nicht nur dessen unmittelbares Mutterunternehmen (hier: Tochterunternehmen) eine Einstandspflicht erklärt und diese – in ihren wesentlichen Eckpunkten – offengelegt wird, sondern für Enkelunternehmen auch die Existenz ("dass") einer lückenlosen Kette von Einstandspflichten bis zu dem die befreiende Konzernrechnungslegung präsentierenden Mutterunternehmen (hier: Mutterunternehmen) offengelegt wird (so bereits Oser/Ollinger, DB 2017, S. 2046).

Hinsichtlich der Existenz einer ununterbrochenen Kette von Einstandspflichten gilt: Ist ein Unternehmen der Kette – z. B. das Tochterunternehmen – eine (in- oder ausländische) Personen(handels)gesellschaft (innerhalb oder außerhalb des Anwendungsbereichs des § 264a HGB), besteht für das dieser nachgeordnete Tochterunternehmen (hier: Enkelunternehmen) nur dann eine ununterbrochene Kette, wenn das der Personen(handels)gesellschaft unmittelbar übergeordnete Mutterunternehmen (hier: Mutterunternehmen) deren persönlich haftender Gesellschafter ist (so HFA, IDW-Life 2018, S. 848 f.).

Ferner bestätigt der HFA, dass die (gleichwertigen) Rechtsinstitute "Einstands- und Verlustausgleichspflicht" auf den einzelnen Konzernebenen unterschiedlich in Anspruch genommen werden (z. B. Mutter übernimmt Verluste gegenüber der Tochter und Tochter steht für Verpflichtungen der Enkelgesellschaft ein), so bereits Bilanz Check-up 2018, Kap. A.2.2.7, S. 70.

Einstandspflicht und § 5 Abs. 6 PublG

§ 5 Abs. 6 PublG bestimmt: "Unternehmen im Sinne des § 3 Absatz 1 sind von den Anforderungen dieses Gesetzes befreit, wenn sie … und sie im Übrigen die entsprechend geltenden Voraussetzungen des § 264 Abs. 3 des Handelsgesetzbuchs erfüllen" (Herv. d. Verf.).

Fraglich ist, ob eine "entsprechende" Anwendung des § 264 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 HGB eine Einstandspflicht erfordert. Da es im Anwendungsbereich des § 264b HGB, in dem begünstigtes Unternehmen eine (haftungsbeschränkte) Personenhandelsgesellschaft i. S. v. § 264a HGB ist, keiner Einstandspflicht bedarf, sollte dies erst recht für nicht haftungsbeschränkte Personenhandelsgesellschaften i. S. v. § 3 Abs. 1 Nr. 1 PublG gelten (so Oser, Beck'sches Handbuch der Rechnungslegung, 56. Aufl., B 110, Rn. 167, Stand: August 2018, nach dem § 5 Abs. 6 PublG insoweit teleologisch zu reduzieren ist). Dem steht indes (formal) entgegen, dass § 5 Abs. 6 PublG auf die entsprechende Anwendung des § 264 Abs. 3 HGB und nicht auf die des § 264b HGB verweist.

Befreiender Konzernabschluss nach PublG

Im Anwendungsbereich der §§ 264 Abs. 3, 264b HGB ist – in Ermangelung von Offenlegungserleichterungen im HGB – der aufgestellte (und geprüfte) Konzernabschluss offen zu legen. Im Anwendungsbereich der §§ 264 Abs. 4, 264b HGB ist fraglich, ob ein Konzernabschluss einer Personen(handels)gesellschaft (≠ § 264a HGB) nach dem PublG bei Inanspruchnahme (nur) von Offenlegungserleichterungen befreiend i. S. v. §§ 264 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5c, 264b Nr. 4 Halbsatz 1 HGB ist. Die Offenlegungserleichterungen umfassen den

  • zusammengefassten Ausweis des Eigenkapitals (§ 9 Abs. 3 PublG analog) und/oder
  • Verzicht auf die Offenlegung der Konzern-Gewinn- und Verlustrechnung zugunsten bestimmter Angaben im Konzernanhang und/oder
  • Verzicht auf die die Konzern-GuV betreffenden Angaben (soweit sie sich aus dem HGB ergeben) im Konzernanhang.

Dagegen erfolgt kein Verzicht auf die Angabe der Organbezüge nach § 13 Abs. 3 Satz 1 PublG.

Da § 264 Abs. 4 Halbsatz 1 HGB nur § 13 Abs. 3 Satz 1 PublG (= kein Verzicht auf die Offenlegung der Organbezüge) nennt, ist die Inanspruchnahme anderer, sich aus dem PublG ergebender Erleichterungsmöglichkeiten für den Konzernabschluss für die Befreiung von Tochterunternehmen nach den §§ 264 Abs. 4, 264b HGB nicht schädlich. Hinzu kommt, dass es der Gesetzgeber im Zuge des KapCoRiLiG (und auch später) unterlassen bzw. nicht für erforderlich erachtet hat, in §§ 264 Abs. 4, 264b HGB die Offenlegung des aufgestellten PublG-Konzernabschlusses (d. h. ohne Inanspruchnahme von Offenlegungserleichterungen des PublG) anzuordnen (so HFA, IDW-Life 2018, S. 849 f.).

Präklusion der Befreiung bei verspäteter Offenlegung

Die Inanspruchnahme von Erleichterungen bei der Aufstellung, Prüfung und/oder Offenlegung der Rechnungslegung durch ein Tochterunternehmen (z. B. eine Kapitalgesellschaft) ist an mehrere Voraussetzungen geknüpft, die kumulativ zu erfüllen sind. U. a. sind für das Tochterunternehmen die Unterlagen nach § 264 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 HGB nach § 325 Abs. 1 bis 1b HGB offen zu legen.

Bei Inanspruchnahme nur der Befreiung von der Pflicht zur Offenlegung der Rechnungslegung ist es nach h. M. in der Literatur ausreichend, wenn die Unterlagen nach § 264 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 HGB bis zum Ablauf der gesetzlichen Offenlegungsfrist für die Rechnungslegung offengelegt werden (bei Geschäftsjahr = Kalenderjahr: 12 Monate nach dem Abschlussstichtag).

Fraglich ist, ob die Befreiung von der Pflicht zur Offenlegung der Rechnungslegung rechtwidrig ist, wenn die Offenlegungspflichten nach § 264 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 HGB nicht fristgerecht erfüllt werden. Nach dem Beck'schen Bilanzkommentar (11. Aufl., 2018, § 264 HGB Tz. 198) soll die Versäumung der 12-Monatsfrist für die Offenlegung "zu keinem Rechtsverlust" führen, wenn die Voraussetzungen – wenn auch verspätet – erfüllt werden.

U. E. vermag dies nicht zu überzeugen (vgl. Oser, StuB 2018, S. 369). § 264 Abs. 3 HGB eröffnet Erleichterungen für die Rechnungslegung. Preis für die Erleichterungen ist, dass die Befreiungsvoraussetzungen ordnungs- und fristgemäß erfüllt werden. Durch den Verweis in § 264 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 HGB auf § 325 Abs. 1 bis 1b HGB ist für die Erfüllung der Offenlegung der Unterlagen nach § 264 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 HGB ein Fristende ausdrücklich angeordnet. Anders als bei der Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Pflicht zur Offenlegung der Rechnungslegung, von der – mit Ausnahme der Befreiungsvorschriften – nicht dispensiert werden kann und die deshalb auch bei Fristversäumnis erfüllt werden muss, eröffnet § 264 Abs. 3 HGB ein Recht auf die Inanspruchnahme von Erleichterungen für Tochterunternehmen. Dieser rechtssystematische Unterschied hindert den Schluss, dass die Erfüllungswirkung einer verspäteten Offenlegung der Rechnungslegung auch für einen Verstoß gegen die fristgerechte Offenlegung der Unterlagen nach § 264 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 HGB gelte(n könne).

Schlagworte zum Thema:  Bilanzierung, Jahresabschluss