Betriebsrentenstärkungsgesetz: Einführung reiner Beitragszusagen

Mit der Einführung sog. reiner Beitragszusagen gibt es im durch das Betriebsrentenstärkungsgesetz geänderten deutschen Betriebsrentenrecht erstmals eine Zusageart, die unter IAS 19 als „(lupen-)reiner“ defined contribution plan zu klassifizieren und somit nicht bilanziell zu erfassen ist.

Wichtigste Änderung mit Blick auf Rechnungslegung: Reine Beitragszusagen 

Das Betriebsrentenstärkungsgesetz wurde am 23.8.2017 im BGBl. veröffentlicht und tritt am 1.1.2018 in Kraft. Mit Blick auf die Rechnungslegung besteht in der Einführung reiner Beitragszusagen die wichtigste Änderung. Danach können die Sozialpartner mittels eines Tarifvertrages oder einer auf der Grundlage eines Tarifvertrages abgeschlossenen Betriebs- oder Dienstvereinbarung reine Beitragszusagen vereinbaren.

Bisher galt: Arbeitgeber muss Versorgungs- bzw. Mindestleistung garantieren

Der Arbeitgeber kann Leistungen der betrieblichen Altersversorgung entweder unmittelbar oder mittelbar unter Zwischenschaltung einer Direktversicherung, eines Pensionsfonds, einer Pensions- oder einer Unterstützungskasse erbringen. Sowohl bei der reinen wie auch bei der beitragsorientierten Leistungszusage sowie bei der Beitragszusage mit Mindestleistung musste der Arbeitgeber bei allen Durchführungswegen bislang eine bestimmte Versorgungs- bzw. Mindestleistung garantieren und für deren Erfüllung einstehen (Subsidiärhaftung).

Nach neuem Gesetz ist Arbeitgeber mit Leistung der festgelegten Beiträge an die Versorgungseinrichtung „aus dem Schneider“

Bei einer – nach neuem Gesetz nunmehr möglichen – reinen Beitragszusage wird dem Arbeitnehmer lediglich versprochen, zu dessen Gunsten einen bestimmten Beitrag zum Aufbau einer Versorgung zu leisten, ohne sich hinsichtlich der Höhe der Versorgungs- oder Mindestleistung festzulegen. Mit der Leistung der Beiträge an die Versorgungseinrichtung hat der Arbeitgeber das ihm Obliegende getan. Nach § 1 Abs. 2 BetrAVG n.F. fällt diese Zielrente ohne Mindestleistung und ohne Subsidiärhaftung in den Geltungsbereich des BetrAVG.

Wahl der Zusageart hat nach IAS 19 Auswirkung auf Bilanzwirksamkeit 

Nach IAS 19 unterscheidet sich die Bilanzierung von defined benefit plans wesentlich von der Bilanzierung von defined contribution plans. Letztere sind – bis auf Voraus- oder Nachzahlungen – bilanzunwirksam (IAS 19.50 ff.). Der abgeführte Betrag wird in der aktuellen Periode aufwandswirksam. In der Konzernbilanz ist keine Pensionsrückstellung anzusetzen. Eine Abgrenzung kann lediglich wegen höheren Zahlungen, als sie den bis zum Abschlussstichtag erbrachten Arbeitsleistungen entsprechen, oder ausstehenden Beitragszahlungen trotz Fälligkeit und Erbringung der Arbeitsleistung vor dem Abschlussstichtag erforderlich sein. Im Konzernanhang ist lediglich der im Geschäftsjahr erfasste Pensionsaufwand anzugeben.

Als defined benefit plan eingestufte Zusagen sind bilanzwirksam 

Als defined benefit plan eingestufte Zusagen sind dagegen – eine Saldierung mit Planvermögen ausgeklammert - bilanzwirksam. Der Barwert der anzusetzenden Pensionsrückstellung sowie der Aufwand aus deren Zuführung sind versicherungsmathematisch nach dem Anwartschaftsbarwertverfahren zu bestimmen (IAS 19.55 ff.). Dies erfolgt als Schätzung zu Geschäftsjahresbeginn; etwaige Abweichungen der tatsächlichen Verhältnisse sind später als versicherungsmathematische Erfolge erfolgsneutral im other comprehensive income zu erfassen. Es sind umfangreiche Anhangangaben geboten (IAS 19.135 ff.).

Voraussetzungen für Einstufung als defined contribution plan 

Gem. IAS 19.8 liegt ein defined contribution plan vor, wenn der Arbeitgeber neben der Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen an die Versorgungseinrichtung keine weiteren Verpflichtungen hat. Trägt der Arbeitnehmer das versicherungsmathematische und das Anlagerisiko in vollem Umfang, ist eine Zusage ein defined contribution plan (IAS 19.28). Werden diese Risiken (oder auch Chancen) nur teilweise vom Arbeitgeber getragen, handelt es sich um einen defined benefit plan.

Mit Wegfall der Subsidiärhaftung seitens des AG auch Klassifizierung als defined contribution plan möglich 

Wegen der nach deutschem Recht bislang verankerten Subsidiärhaftung besteht bei den bisherigen Zusagen nach BetrAVG stets ein solches Risiko des Arbeitgebers. Damit liegen (un-)mittelbaren defined benefit plans vor. Eine Klassifikation als defined contribution plan ist ausnahmsweise akzeptabel, wenn eine Inanspruchnahme aus der Subsidiärhaftung nahezu ausgeschlossen ist. Die reine Beitragszusage dagegen stellt auch bei strenger Auslegung einen defined contribution plan dar.

Praxishinweis: Abbildung reiner Beitragszusagen im Konzernabschluss weniger komplex

Durch Erteilung einer reinen Beitragszusage statt einer (reinen) Leistungszusage, einer beitragsorientierten Leistungszusage oder einer Beitragszusage mit Mindestleistung braucht der Arbeitgeber arbeitsrechtlich nicht mehr das Risiko, dass die aufgebrachten Beiträge zur Finanzierung einer fest zugesagten Versorgungsleistung nicht ausreichen (versicherungsmathematisches bzw. Anlagerisiko), zu übernehmen. Nach IAS 19 sind reine Beitragszusagen als defined contribution plans zu klassifizieren, deren Abbildung im IFRS-Konzernabschluss wesentlich weniger komplex als die Abbildung von defined benefit plans ist.

Mehr zum Thema „Leistungen an Arbeitnehmer, Altersversorgung“ finden Sie auch in Lüdenbach/Hoffmann/Freiberg, Haufe IFRS-Kommentar, § 22.

Gesetz zur Stärkung der betrieblichen Altersversorgung und zur Änderung anderer Gesetze (Betriebsrentenstärkungsgesetz), BGBl I 2017, S. 3214 ff.

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