Zusammenfassung

 
Überblick

Stundung bedeutet Hinausschieben der Fälligkeit. Die Finanzbehörden können nach § 222 Satz 1 AO Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder teilweise stunden, wenn die Einziehung bei Fälligkeit eine erhebliche Härte für den Schuldner bedeuten würde und der Anspruch durch die Stundung nicht gefährdet erscheint.

Solange gestundet ist, können keine Säumniszuschläge entstehen und keine Vollstreckungsmaßnahmen getroffen werden (§ 254 AO, § 257 Abs. 1 Nr. 4 AO). Bereits durchgeführte Vollstreckungsmaßnahmen bleiben allerdings bestehen, soweit ihre Aufhebung nicht ausdrücklich angeordnet wird (§ 257 Abs. 2 Satz 3 AO).

Von der Stundung sind die Aussetzung der Vollziehung nach § 361 AO, § 69 FGO und der Vollstreckungsaufschub nach § 258 AO zu unterscheiden, die jeweils die Erhebung bzw. Vollstreckung verhindern, nicht aber die Fälligkeit hinausschieben.

Gestundet werden können alle Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis i. S. d. § 37 AO. Die Finanzbehörde kann gem. § 222 Satz 2 AO die Stundung von einer Sicherheitsleistung abhängig machen. Auch werden für die Dauer der Stundung gem. § 234 AO grundsätzlich Zinsen erhoben.

Bei der Entscheidung, ob und wie gestundet wird, haben die Finanzbehörden einen Ermessensspielraum. Sie müssen alle Umstände, die für und gegen eine Stundung sprechen, berücksichtigen und sorgfältig abwägen.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Gesetzliche Regelungen zur Stundung finden sich in § 222 AO; die Stundungszinsen sind in § 234 AO geregelt. Weitere Regelungen finden sich in AEAO zu § 234 AO.

1 Voraussetzungen

1.1 Fälligkeit

Die Fälligkeit von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis i. S. d. § 37 AO richtet sich gem. § 220 Abs. 1 AO nach den Vorschriften der einzelnen Steuergesetze. Da die Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis zunächst durch Bescheid festgesetzt werden müssen, tritt die Fälligkeit gem. § 220 Abs. 2 Satz 2 AO nicht vor Bekanntgabe der Festsetzung ein. Fehlt es an einer besonderen gesetzlichen Regelung über die Fälligkeit, wird der Anspruch mit seiner Entstehung fällig. Räumt die Finanzbehörde allerdings in einem solchen Fall in einem Leistungsgebot eine Zahlungsfrist ein, wird der Anspruch erst entsprechend später fällig.[1]

Die Fälligkeit von festgesetzten Steueransprüchen ist meist in den einzelnen Steuergesetzen geregelt, so für die Einkommensteuer in § 36 Abs. 4 Satz 1 EStG, § 37 Abs. 1 EStG, § 41a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG. Im Übrigen enthalten Steuerbescheide i. d. R. eine Zahlungsaufforderung mit Zahlungsfrist, die die Fälligkeit festlegt.

Verspätungszuschläge und Zwangsgelder entstehen erst mit ihrer Festsetzung und werden mit der Bekanntgabe der Festsetzung fällig. Da die Finanzbehörde jedoch mit dem Festsetzungsbescheid i. d. R. auch ein Leistungsgebot erlässt, indem sie eine Zahlungsfrist einräumt, legt sie hiermit die Fälligkeit abweichend fest.

Zinsen auf Steuern entstehen mit der Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestands.[2] Sie werden durch Zinsbescheid festgesetzt.[3] Auch hier setzt die Finanzbehörde mit einer Zahlungsaufforderung, mit der sie eine Zahlungsfrist setzt, den Fälligkeitszeitpunkt fest.

Säumniszuschläge entstehen mit Eintritt der Säumnis und werden nicht besonders festgesetzt.[4] Sie werden mit ihrer Entstehung fällig, ohne dass es einer besonderen Zahlungsaufforderung bedarf.

1.2 Erhebliche Härte

Grundsätzlich sind die Finanzbehörden verpflichtet, Steuern und steuerliche Nebenleistungen i. S. d. § 3 Abs. 4 AO vollständig und gleichmäßig zu erheben. Es müssen also in einem Stundungsfall im Vergleich zu den Normalfällen besondere Umstände vorliegen, die die Erhebung zum Fälligkeitszeitpunkt als erhebliche Härte erscheinen lassen.

Dabei ist zwischen erheblicher Härte aus sachlichen und aus persönlichen Gründen zu unterscheiden.

1.2.1 Sachliche Härtegründe

Bei den sachlichen Stundungsgründen liegt die erhebliche Härte in den objektiven Umständen, unabhängig von der persönlichen wirtschaftlichen Lage des Steuerpflichtigen. Dies kann insbesondere der Fall sein, wenn zu erwarten ist, dass die zu zahlende Steuer demnächst wieder zu erstatten sein wird, z. B. wenn ein Antrag auf Herabsetzung einer Steuer Erfolg haben wird, oder dass der Steuerpflichtige mit einer alsbaldigen Erstattung oder Vergütung anderer Steuern rechnen kann (sog. Verrechnungsstundung[1]).

 
Wichtig

Konkreter Erstattungsanspruch des Steuerpflichtigen ist Voraussetzung

Voraussetzung für einen Stundungsanspruch in solchen Fällen ist, dass nicht nur eine ungewisse oder unbestimmte Aussicht auf Erstattung besteht, sondern dass der Gegenanspruch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit besteht und in absehbarer Zeit fällig wird. Dementsprechend kann z. B. die Stundung von Einkommensteuer-Vorauszahlungen nicht verlangt werden, wenn zur Begründung des Stundungsantrags lediglich vorgebracht wird, dem Steuerpflichtigen stehe ein vom Finanzamt bisher nicht anerkannter Einkommensteuer-Erstattungsanspruch aus einer Einkommensteuer...

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