Entscheidungsstichwort (Thema)

Erlass von Umsatzsteuerschulden nach § 14 Abs. 3 UStG aus sachlichen Billigkeitsgründen. Ablehnung des Erlaßantrages der Umsatzsteuer 1996

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Einziehung der nach § 14 Abs. 3 UStG geschuldeten Steuer ist unbillig, nachdem der Vorsteuerabzug beim Leistungsempfänger rückgängig gemacht worden ist, so dass die Gefährdung des Steueraufkommens vollständig beseitigt ist.

2. Sind die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen für die ordnungsgemäße Umsetzung des zur Zulässigkeit der Berichtigung einer zu Unrecht in Rechnung gestellten Steuer ergangenen EuGH-Urteils vom 19.9.2000 C-454/98 (UR 2000, 470) noch nicht geschaffen, so dass eine entsprechende Umsatzsteuerfestsetzung nach § 14 Abs. 3 UStG dem Gesetzeswortlaut entspricht, kann der die Steuer nach § 14 Abs. 3 UStG schuldende Steuerpflichtige nicht darauf verwiesen werden, er müsse seine Rechte im Steuerfestsetzungsverfahren statt im Erlassverfahren geltend machen.

 

Normenkette

AO 1977 § 227; UStG § 14 Abs. 3 S. 1; EWGRL 388/77 Art. 21 Nr. 1 Buchst. c

 

Tenor

1. Unter Aufhebung des ablehnenden Verwaltungsaktes vom 02. Juli 1999 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 01. Februar 2000 wird die Umsatzsteuer in Höhe von 110.623,54 DM (56.560, 92 Euro) erlassen.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung abzuwenden, wenn nicht der Kläger Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob der Beklagte zu Recht den Erlaß einer Umsatzsteuerschuld aus Billigkeitsgründen abgelehnt hat.

Der Kläger hatte bis zum 31. Dezember 1991 ein Versandlager und einen Großhandel mit Getränken und Elektrogeräten betrieben. Hierbei hatte er Geschäftsbeziehungen zu einer in Y. ansässigen Unternehmerin unterhalten (Firma E. GmbH & Co. KG). Im Rahmen einer Steuerfahndungsprüfung war in den Unterlagen des Klägers eine Rechnung vom 20. Juli 1990 an die Firma E. über 902.277,24 DM aufgefunden worden. Der Beleg enthielt den Namen des Leistenden B., den Namen der Leistungsempfängerin, die Menge und Bezeichnung der gelieferten Gegenstände sowie das Entgelt und den Steuerbetrag. In dem Beleg waren 110.623,54 DM Umsatzsteuer offen ausgewiesen. Diese Umsatzsteuer war mit dem Bescheid über die Steuerrate 1990 festgesetzt worden.

Mit der Umsatzsteuererklärung für 1996, die am 01. September 1997 beim Finanzamt einging, berichtigte der Kläger den Beleg vom 20. Juli 1990. Mit Bescheid vom 02. Oktober 1997 wurde die Umsatzsteuer 1996 auf 1.267,00 DM festgesetzt. Hierbei wurde der berichtigte Beleg nicht berücksichtigt. In dem hiergegen gerichteten Einspruchsverfahren trug der Kläger im wesentlichen vor, es sei weder eine Lieferung von ihm an die Firma E. ausgeführt worden, noch sei eine Zahlung für diese Warenlieferung geleistet worden. Die Waren hätten sich nur zur Aufbewahrung in dem Lager des Klägers befunden und seien Eigentum der Firma E. gewesen. Dem Fiskus sei kein endgültiger Vermögensschaden entstanden. Zu einer mißbräuchlichen Verwendung des Beleges sei es nicht gekommen, da die ausgewiesene Umsatzsteuer nicht als Vorsteuer abgezogen worden sei. Der damalige Geschäftsführer seines Unternehmens habe den Beleg ohne Wissen und Wollen des Klägers auf Veranlassung des Herrn G. erstellt. Als gutgläubigem Rechnungsaussteller müsse dem Kläger eine Berichtigung des Beleges gestattet werden. Mit seinem Einspruchsschreiben hatte der Kläger weiterhin beantragt, „die auf der Inventurauflistung 1990 ausgewiesene Umsatzsteuer aus Billigkeitsgründen gemäß § 277 AO i.V.m. A 190 (3) S. 2 UStR zu erlassen.”

Der Einspruch hatte keinen Erfolg. Der Beklagte führte in seiner Einspruchsentscheidung vom 05. Februar 1998 unter anderem aus, nach § 14 Abs. 3 UStG werde eine Rechnungsberichtigung aus Billigkeitsgründen zugelassen, wenn die Erhebung der zu Unrecht ausgewiesenen Steuer zu einer sachlichen Härte führe. Eine sachliche Härte sei anzunehmen, wenn die Leistung, über die in der Rechnung abgerechnet werde, von Aussteller ausgeführt worden sei und glaubhaft gemacht werde, daß nur irrtümlich ein unzutreffender Leistungsempfänger oder eine unrichtige Leistungsbezeichnung angegeben worden sei. Im vorliegenden Fall habe der Kläger die Leistung nicht ausgeführt und der Leistungsempfänger sei auch nicht irrtümlich falsch bezeichnet worden. Außerdem sei die Rechnungslegung dem Finanzamt nicht durch die Mithilfe des Klägers, sondern durch die Steuerfahndung bekannt geworden. Eine Berichtigung aus Billigkeitsgründen sei somit nicht möglich; der Erlaß der Steuern aus § 14 Abs. 3 UStG sei im Billigkeitsverfahren zu verfolgen gemäß § 227 AO (BStBl II 1994, 131 – Blatt 60 f der Erlaßakten). In dem daraufhin erhobenen Klageverfahren (Aktenzeichen 4 K 186/98) wies der Beklagte nochmals ausdrücklich darauf hin, daß eine Berichtigung aus Billigkeitsgründen nicht möglich sei. Der Erlaß der Steuern aus § 14 Abs. 3 UStG...

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