rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Private Nutzung eines betrieblichen Kfz – Widerlegung des Anscheinsbeweises

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Zum Begriff der Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG.
  2. Darunter fallen auch geldwerte Vorteile, die mit der Nutzung eines betrieblichen Kfz zu privaten Zwecken verbunden sind.
  3. Im Bereich der Nutzung betrieblicher Pkw durch ArbN spricht der Beweis des ersten Anscheins für ein auch private Nutzung des Dienstwagens. Dieser Anscheinsbeweis kann durch Gegenbeweis entkräftet oder erschüttert werden.
  4. Der Anscheinsbeweis wird entkräftet, wenn ein Stpfl. auf die ihm arbeitsvertraglich eingeräumte Privatnutzung schriftlich verzichtet und er im Übrigen darlegt, dass seiner Familie (ohne das betriebliche Kfz) ein ausreichendes Fahrzeug zur Verfügung stand und er ferner arbeitstäglich häufig erst so spät nach Hause gekommen ist, dass für Privatfahrten keine Zeit verblieben ist.
 

Normenkette

EStG § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2, § 8 Abs. 2 S. 2, § 19 Abs. 1 S. 1

 

Streitjahr(e)

2003, 2004, 2005

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 11.02.2009; Aktenzeichen VI B 93/08)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger den Vorteil aus der privaten Nutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs seiner Arbeitgeberin, einer GmbH, nach der 1%-Regel zu versteuern hat.

Die Kläger sind zur Einkommensteuer zusammen veranlagte Eheleute. Der Kläger bezog in den Streitjahren 2003-2005 Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit als Außendienstmitarbeiter. Seine Arbeitgeberin, bei der er seit 2001 angestellt war, stellte ihm für seine Tätigkeit ein betriebliches Kraftfahrzeug, einen VW Passat Variant, zur Verfügung. Ein arbeitsvertragliches Verbot der privaten Mitbenutzung des Fahrzeugs gab es nicht. Vielmehr wurde das Fahrzeug ausdrücklich auch zur privaten Nutzung überlassen. Die Klägerin ist nicht berufstätig. Die Kläger haben drei, in den Streitjahren minderjährige Kinder.

In der ersten Lohnabrechnung rechnet die Arbeitgeberin dem Kläger für die private Nutzung des betrieblichen Fahrzeugs lohnsteuerpflichtige, nach den 1%-Regelung berechnete Einnahmen zu, obwohl er zu Beginn des Arbeitsverhältnisses eine Verpflichtungserklärung unterschrieben hatte, dass er das Fahrzeug nicht privat nutze und auch nicht benutzen wolle. Auf Intervention des Klägers wurde die Lohnabrechnung geändert. In der Folge wurde dem Kläger kein steuerpflichtiger Vorteil aus der Nutzung des Fahrzeugs mehr zugerechnet und versteuert.

In den Vorjahren (2001-2002) wurde die Arbeitgeberin im Wege der Haftung für nicht einbehaltene und nicht abgeführte Lohnsteuer des Klägers für die private Nutzung des Fahrzeugs vom Finanzamt in Anspruch genommen. Sie akzeptierte den entsprechenden Haftungsbescheid. Der Kläger war darüber nicht informiert.

Nach einer Lohnsteueraußenprüfung änderte der Beklagte (das Finanzamt – FA –) die bestandskräftigen Einkommensteuerbescheide 2003-2005 und erhöhte die Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit des Klägers um den nach der 1%-Regel berechneten Vorteil aus einer privaten Mitbenutzung des Firmenfahrzeugs, da die Abreitgeberin kein Nutzungsverbot ausgesprochen habe und der Kläger kein Fahrtenbuch geführt habe. Der dagegen erhobene Einspruch blieb erfolglos.

Mit der Klage begehren die Kläger die Aufhebung der Änderungsbescheide. Dazu trägt der Kläger vor, er habe das Firmenfahrzeug ausschließlich betrieblich genutzt. Eine Privatnutzung sei nicht notwendig gewesen. Zu Beginn seines Anstellungsverhältnisses im Jahr 2001 hätten er und seine Ehefrau über einen VW Sharan und eine VW Polo verfügt. Der Polo sei erst nach Beendigung der Probezeit verkauft worden als er sicher sein konnte, die Anstellung zu behalten. Sein Einsatzgebiet sein sehr weitläufig. Er sei arbeitstäglich häufig erst spät abends nach Hause gekommen, so dass für Privatfahrten keine Zeit verblieben sei. Seine Kinder seien teilweise noch auf Kindersitze angewiesen gewesen, diese hätten aus dem Privatfahrzeug bei einer Nutzung des Firmenfahrzeugs erst ausgebaut werden müssen. Das sei umständlich und deshalb auch niemals geschehen. Seiner Arbeitgeberin gegenüber habe er die Reisekosten und Fahrten immer abgerechnet. Dies habe nicht zu Beanstandungen geführt. Aus den vorgelegten Abrechnungen ergebe sich, dass er nur betrieblich gefahren sei.

Das Firmenfahrzeug sei zudem mit Arbeitsmaterialien bepackt gewesen. Urlaubsfahrten habe die Familie immer mit dem Privatwagen unternommen.

Nach der Beanstandung der ersten Lohnabrechnung habe ihm die Arbeitgeberin eine Schriftstück vorgelegt, mit dem er durch seine Unterschrift auf die im arbeitsvertraglich eingeräumte Privatnutzung verzichte habe. Diesen Sachverhalt habe die Arbeitgeberin mit Schreiben vom 28. Februar 2008, das dem Gericht vorliege, bestätigt. Die Verpflichtungserklärung selbst habe er nicht mehr.

Die Kläger beantragen,

die Änderungsbescheid 2003-2005 vom 21. Juni 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22. November 2007 aufzuheben.

Das Finanzamt beantragt,

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