vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [II R 19/15)]

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Grunderwerbsteuer: Einheitliches Vertragswerk - Änderung bestandskräftiger Bescheide nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Zu den Voraussetzungen eines sog. einheitlichen Vertragswerks.
  2. Ein einheitliches Vertragswerk hat zur Folge, dass die aus dem Werkvertrag für die Errichtung des Hauses geschuldete Vergütung zusätzlich zu der aus dem Kaufvertrag für den Erwerb eines Grundstücks geschuldeten Vergütung als Gegenleistung für den Erwerb gesehen und als Bemessung bei der GrESt-Festsetzung zu Grunde gelegt wird.
  3. Ist ein Erwerber bereits nach den im Grundstückskaufvertrag getroffenen Vereinbarungen in seiner Entscheidung über das "Ob" und "Wie" der Bebauung nicht mehr frei, ist der planmäßige nachfolgende Abschluss des Bauvertrages kein rückwirkendes Ereignis, dass zur Änderung der bestandskräftigen (vorbehaltlosen und nicht vorläufigen) Steuerfestsetzung nunmehr unter Einbeziehung der Baukosten berechtigt.
 

Normenkette

AO §§ 162, 164-165, 172-173, 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2; GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, §§ 14, 19, 8-9

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 25.01.2017; Aktenzeichen II R 19/15)

 

Tatbestand

Dem Rechtsstreit liegt ein einheitliches Vertragswerk zugrunde. Das Finanzamt (FA) hatte die Grunderwerbsteuer nur auf den Kaufpreis des Grundstücks als Bemessungsgrundlage festgesetzt. Streitig ist u.a., ob es den bestandskräftig gewordenen Grunderwerbsteuerbescheid ändern durfte.

Die Kläger erwarben mit Vertrag vom … von der Stadt … das im Grundbuch von … eingetragene Grundstück zur Größe von …m² sowie einen ideellen Miteigentumsanteil von einem Siebtel an dem Wegeflurstück … zur Größe von …m². Es handelt sich um eines von sieben Reihenhausgrundstücken in dem Baugebiet …, welches von der Stadt … auf der Grundlage des Bebauungsplanes Nr. … erschlossen wird.

Zur Beurkundung erschienen beide Kläger. Sie handelten gleichzeitig als Vertreter ohne Vertretungsvollmacht für die Stadt …, d.h. die Grundstücksverkäuferin, als auch für die X- GmbH, diese vertreten durch den Geschäftsführer Y. Die X-GmbH ist das Bauunternehmen, welches die Reihenhäuser errichtet hat.

In der (in der Überschrift durch Fettdruck hervorgehobenen) Vorbemerkung auf der ersten Seite des Vertrages heißt es:

"Der Rat der Stadt … hat die Vergabe der Reihenhausgrundstücke … an den Architekten A auf der Basis der vorgelegten Bauskizzen beschlossen. Die Vermarktung und Bauausführung führt für ihn die X-GmbH aus. In diesem Vertrag soll der Verkauf eines einzelnen Reihenhausgrundstücks einschl. eines ideellen Miteigentumsanteils an dem Gartenweg geregelt werden. Um sicherzustellen, dass der Verkauf aller sieben Reihenhausgrundstücke in seiner Gesamtheit erfolgen kann, werden die einzelnen notariellen Kaufverträge zunächst von den Erwerbern und für die Stadt … und für die X-GmbH vollmachtlos unterzeichnet. Die Stadt … wird erst nach Unterzeichnung der Kaufverträge durch alle beteiligten Erwerber bzw. der X-GmbH als Ersatzerwerber die Verträge nachträglich genehmigen. Sollte die Stadt … die Genehmigung zu diesem Vertrag nicht erteilen, weil nicht von allen Beteiligten der erforderliche Kaufvertrag unterzeichnet wurde, besteht kein Anspruch auf Erstattung entstandener Kosten.

Die X-GmbH errichtet nach den Plänen des Architekten A die Reihenhauszeile und tritt in diesem Vertrag als Beteiligte auf, damit gewährleistet wird, dass für den Fall, dass ein Kaufvertrag rückabgewickelt wird, das Bauprojekt insgesamt nicht verzögert wird. In diesem Fall ist vorgesehen, dass sie entweder kurzfristig einen neuen Erwerber benennt oder selbst als Erwerber auftritt."

Der Kaufpreis für das von den Klägern erworbene Grundstück beträgt laut § 2 des Vertrages € 36.000 (€ … pro m²). Er beinhaltet erstmalig zu erhebende Erschließungs- und andere Beiträge, hinsichtlich derer eine auf die gesamte Reihenhauszeile bezogene Ablösevereinbarung (Anlage 1 zum Vertrag) geschlossen wurde.

Laut § 8 des Vertrages - Bauverpflichtung, Vertragsstrafe - waren die Käufer zur Bebauung mit einem Reihenhaus innerhalb von zwei Jahren nach Vorliegen der Baureife verpflichtet. Dabei waren "Grundlage der Bebauung … ausschließlich die dem Vertrag als Anlage 4 beigefügten Bauzeichnungen des Architekten A." § 9 des Vertrages beinhaltete ein Vor- und Wiederkaufsrecht u.a. für den Fall, dass die Käufer das Grundstück nicht bis zum vereinbarten Zeitpunkt bebauen.

§ 10 des Vertrages - sonstige Verpflichtungen - bestimmt:

"Sollte die Stadt … von ihrem Rücktrittsrecht gemäß. § 2 dieses Vertrages (Nichtzahlung des Kaufpreises) Gebrauch machen, verpflichtet sich die X-GmbH, innerhalb von 2 Wochen nach dem ausgeübten Rücktrittsrecht für dieses Kaufgrundstück einen anderen Erwerber zu benennen oder dieses Kaufgrundstück zu den gleichen Konditionen zu erwerben.

Die X-GmbH verpflichtet sich außerdem, der Stadt … die für die Herstellung des privaten Fußwegs (Flurstück …) angefal...

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