Ein Inventurvereinfachungsverfahren bietet das Handelsgesetzbuch nach § 241 Abs. 3 HGB in Form der verlegten Inventur.[1] Danach dürfen Kaufleute innerhalb der letzten 3 Monate vor oder innerhalb der ersten 2 Monate nach dem Bilanzstichtag ihren Bestand körperlich aufnehmen (im sog. besonderen Inventar). Dazu müssen Sie gewährleisten, dass der Wert des Bestandes zum Schluss des Geschäftsjahres durch ein zulässiges Fortschreibungs- oder Rückrechnungsverfahren aus dem besonderen Inventar bestimmt werden kann.

Die Vereinfachung der verlegten Inventur besteht darin, dass nur der wertmäßige, nicht aber der mengenmäßige Bestand zum Schluss des Geschäftsjahres ermittelt werden muss.[2] Wenn die Zusammensetzung des Warenbestandes an den beiden Stichtagen nicht wesentlich voneinander abweicht, kann der Bestand zum Jahresende vom Inventurbestand hochgerechnet werden. Dies geschieht, indem der Wareneingang bis zum Bilanzstichtag hinzugerechnet und der Wareneinsatz abgezogen wird.

 
Praxis-Beispiel

Verlegte Inventur

Der Spielwarenhändler X erfasst zum 1.10. seinen Warenbestand vor Beginn des Weihnachtsgeschäftes im Wert von 150.000 EUR. Seine Wareneinkäufe bis Ende des Jahres – keine ausgesprochenen Weihnachtsartikel – betragen zusätzliche 250.000 EUR. Er erzielt zwischen dem 1.10. und 31.12. 300.000 EUR Umsatz bei einem durchschnittlichen Rohgewinn von 50 % des Umsatzes. Wie hoch ist der Wert seines Warenbestandes zum 31.12.?

 
Wert des Warenbestands am Bilanzstichtag    
Wert des Warenbestands am Inventurstichtag   150.000 EUR
zuzüglich Wareneingang   250.000 EUR

abzüglich Wareneinsatz (Umsatz abzüglich des durchschnittlichen

Rohgewinns) (300.000 ./. 150.000)
./. 150.000 EUR
    250.000 EUR

Ausnahmen

Vorräte, deren Wert nach den Verbrauchsfolgeverfahren ermittelt werden soll, sind von der verlegten Inventur ausgeschlossen und müssen zum Bilanzstichtag im mengenmäßigen Bestand körperlich aufgenommen werden.

Ausgeschlossen sind ebenfalls alle Gegenstände, die entweder besonders wertvoll sind oder bei denen durch Schwund, Verderb, Zerbrechen u. Ä. unkontrollierte Verluste eintreten, sofern der Schwund nicht annähernd zutreffend abgeschätzt werden kann.[3]

Eine vorverlegte oder nachverlegte Inventur ist daher insbesondere für Einzelhandelsunternehmen mit ausgeprägtem Weihnachtsgeschäft geeignet, während dieses Inventurverfahren z. B. für Molkereigroßbetriebe mit eigener Lagerung und eigenem Transport nicht angebracht ist.

[1] Störk/Lewe, in Beck Bil-Komm., 13. Aufl. 2022, § 241 HGB Rz 55 ff.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge