Die Steuerberaterverbände hatten sich gegenüber den Finanzministerien des Bundes und der Länder in der Vergangenheit für den Erlass der Bescheide über die Feststellung der Grundsteuerwerte sowie der Grundsteuermessbescheide unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 AO) mit der Begründung eingesetzt, dass dadurch den Steuerpflichtigen und den Steuerberatern die Möglichkeit eröffnet würde, Daten ohne größeren Aufwand auch nachträglich berichtigen zu können. Anderenfalls dürften viele Grundstückseigentümer Einspruch einlegen, um die sonst drohende Bestandskraft abzuwenden.

Da die Finanzverwaltung es nicht für zielführend hält, die Bescheide nach § 164 AO zur Vermeidung von Massenrechtsbehelfen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung zu erlassen, haben viele Steuerbürger in der Vergangenheit bereits Einsprüche gegen das Bewertungsverfahren im Rahmen der Grundsteuerreform erhoben. Die Erfolgsaussichten von Einsprüchen (und Klagen) sind jedoch fraglich.

So hat das Sächsische FG eine Klage wegen Festsetzung des Grundsteuerwerts auf den 1.1.2022 als unbegründet abgewiesen (Urteil v. 24.10.2023, 2 K 574/23, Revision zugelassen). Nach Ansicht der Leipziger Richter bestehen verfassungsrechtliche Bedenken auch nicht im Hinblick auf die Festsetzung der Grundsteuer in einem dreistufigen Verfahren und den Umstand, dass der Hebesatz für die Zeit ab 1.1.2025 von den Gemeinden zum gegenwärtigen Zeitpunkt (hier: Festsetzung des Grundsteuerwerts zum 1.1.2022 und des Grundsteuermessbetrags zum 1.1.2025 im Oktober 2022) noch nicht festgelegt ist.

 
Wichtig

Zwischenzeitlich liegen auch mehrere – allerdings divergierende – Entscheidungen verschiedener Finanzgerichte in Verfahren wegen Aussetzung der Vollziehung nach § 69 FGO vor.

Zum Hintergrund: Nach dieser Vorschrift soll das Gericht auf Antrag die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts ganz oder teilweise aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes bestehen. Ernstliche Zweifel sind zu bejahen, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Verwaltungsakts neben den für seine Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen bewirken. Ernstliche Zweifel können auch verfassungsrechtliche Zweifel an der Gültigkeit einer dem angefochtenen Verwaltungsakt zugrunde liegenden Norm sein.

So haben

die beantragte Aussetzung der Vollziehung der Grundsteuerwertbescheide auf den 1.1.2022 abgelehnt. Das FG Nürnberg sieht bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung keine ernstlichen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Regelungen (in Bayern: reines Flächenmodell). Das FG Berlin-Brandenburg hat die Frage, ob überhaupt Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der neuen grundsteuerlichen Bewertungsvorschriften (in Berlin und Brandenburg: Bundesmodell) bestehen, offen gelassen.

Das FG Rheinland-Pfalz hat hingegen eine bürgerfreundliche Entscheidung getroffen und "den Stein ins Rollen gebracht". Es hat als erstes Gericht ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Grundsteuerwertfeststellung im sog. Bundesmodell geäußert (Beschlüsse v. 23.11.2023, 4 V 1295/23 und 4 V 1429/23, die jeweils 94 Seiten (!) umfassen). Das FG hat in beiden Verfahren die Beschwerde zum BFH zugelassen.

Im ersten Fall ging es um die Feststellung des Grundsteuerwerts für ein 1980 erbautes Einfamilienhaus. Das Finanzamt setzte hier den Grundsteuerwert nach dem gesetzlich normierten Mietwert pro Quadratmeter an, obwohl die Grundeigentümerin zuvor geltend gemacht hatte, dass dieser zu hoch sei: Das Haus sei seit Jahrzehnten unrenoviert und noch mit einfachverglasten Fenstern versehen.

Der zweite Fall betraf ein 1977 errichtetes Einfamilienhaus, bei dem die Grundeigentümer einen Abschlag von 30% auf den Bodenrichtwert geltend machten. Sie argumentierten, das Grundstück sei nur eingeschränkt nutzbar, weil es an einem Hang liege und nur durch einen Privatweg erschlossen sei.

Die Finanzämter berücksichtigten diese Einwände nicht.

Das FG zweifelt nach der in Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung an der einfach-rechtlichen Rechtmäßigkeit der einzelnen Bescheide und der Verfassungsmäßigkeit der zugrunde liegenden Bewertungsregeln. Einfachrechtlich bezweifelt es, dass die entscheidend in die Bewertung eingeflossenen Bodenrichtwerte rechtmäßig zustande gekommen sind. Das FG stellt infrage, dass die rheinland-pfälzischen Gutachterausschüsse unabhängig sind, weil es nach der rheinland-pfälzischen Gutachterausschussverordnung möglich sei, dass der Vorsitzende des Gutachterausschusses durch die Auswahl der Mitglieder nach Anzahl und konkreter Besetzung Einfluss nehmen könne. Entsprechendes gelte auch bezüglich des für die Bodenwertermittlung zwingend im Gutachterausschuss mitwirkenden Bediensteten der Finanzverwaltung. Das FG zweifelt fe...

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