Leitsatz

1. § 7g Abs. 3 Satz 2 EStG ermöglicht als spezielle Korrekturvorschrift lediglich eine punktuelle Rückgängigmachung des vom Steuerpflichtigen gemäß § 7g Abs. 1 EStG gewinnmindernd berücksichtigten Investitionsabzugsbetrages. Über diesen Rahmen hinausgehende Gewinnänderungen können nur vorgenommen werden, wenn diese durch andere Änderungsnormen gedeckt sind. Dies gilt auch für Fehler, die dem FA im Zusammenhang mit der Rückgängigmachung eines Investitionsabzugsbetrages unterlaufen sind.

2. Auch die Hemmung der Festsetzungsverjährung gemäß § 7g Abs. 3 Satz 3 EStG wirkt nur partiell. Sie tritt nur insoweit ein, als die Rückgängigmachung des Investitionsabzugsbetrages gemäß § 7g Abs. 3 Satz 2 EStG betroffen ist.

 

Normenkette

§ 7g Abs. 3 EStG

 

Sachverhalt

Der Kläger war im Streitjahr 2009 selbstständig tätig. Bei der Einkommensteuerfestsetzung legte das FA erklärungsgemäß den Gewinn aus freiberuflicher Arbeit i.H.v. 89.174 EUR zugrunde. Bei dessen Ermittlung hatte der Kläger einen Investitionsabzugsbetrag gemäß § 7g Abs. 1 EStG i.H.v. 15.800 EUR berücksichtigt. Der Bescheid erging ohne Vorbehalt der Nachprüfung. Da die Anschaffung der Wirtschaftsgüter unterblieben war, beabsichtigte das FA ausweislich des "Überwachungsbogens VZ 2009 für Investitionsabzugsbeträge gemäß § 7g EStG" den Abzugsbetrag von 15.800 EUR im VZ 2009 wieder hinzuzurechnen. In dem unter Verweis auf § 7g Abs. 3 Satz 2 EStG erlassenen Einkommensteueränderungsbescheid nahm das FA jedoch statt einer Erhöhung der Einkünfte des Klägers aus der freiberuflichen Tätigkeit um 15.800 EUR eine Minderung des Gewinns um 14.200 EUR auf 74.974 EUR vor und setzte die ESt entsprechend niedriger fest. Warum es zu dieser fehlerhaften Minderung der Einkünfte aus der freiberuflichen Tätigkeit kam, konnte nicht aufgeklärt werden.

Nachdem es den Fehler entdeckte, erließ das FA am 21.2.2017 einen weiteren Einkommensteueränderungsbescheid für das Streitjahr, in dem es die Einkünfte des Klägers um 30.000 EUR (14.200 EUR + 15.800 EUR) erhöhte. Als Rechtsgrundlage für die Änderung verwies es erneut auf § 7g Abs. 3 Satz 2 EStG.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage teilweise statt (FG Köln, Urteil vom 13.11.2018, 15 K 1325/17, Haufe-Index 12728513, EFG 2019, 367). Es hielt die Änderung des Einkommensteuerbescheids vom 29.9.2014 verfahrensrechtlich insoweit für ausgeschlossen, als das FA die Einkünfte des Klägers aus freiberuflicher Tätigkeit – über die Rückgängigmachung des Investitionsabzugsbetrags i.H.v. 15.800 EUR hinaus – um weitere 14.200 EUR erhöhte. Insoweit habe das FA keinen Investitionsabzugsbetrag hinzugerechnet, sondern einen materiell-rechtlichen Fehler korrigiert.

 

Entscheidung

Der BFH hat die Revision des FA als unbegründet zurückgewiesen.

 

Hinweis

1. Das FA kann einen rechtswidrigen Steuerbescheid außerhalb eines Einspruchsverfahrens nur dann korrigieren, wenn die Voraussetzungen einer Korrekturvorschrift vorliegen. Diese finden sich nicht nur in der AO, sondern auch in den Einzelsteuergesetzen, wie z.B. in § 7g Abs. 3 EStG. Nach dieser Vorschrift ist der nach § 7g Abs. 1 EStG vorgenommene Abzug rückgängig zu machen, soweit der Investitionsabzugsbetrag nicht bis zum Ende des dritten auf das Wirtschaftsjahr des Abzugs folgenden Wirtschaftsjahres nach § 7g Abs. 2 EStG hinzugerechnet wurde. Wurde der Gewinn des maßgebenden Wirtschaftsjahres bereits einer Steuerfestsetzung oder einer gesonderten Feststellung zugrunde gelegt, ist der entsprechende Steuer‐ oder Feststellungsbescheid insoweit zu ändern. § 7g Abs. 3 Satz 2 EStG enthält somit für die Fälle der Rückgängigmachung des Investitionsabzugsbetrags eine spezielle Korrekturvorschrift i.S.d. § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d AO für das Abzugsjahr.

2. Der BFH hat mit der vorliegenden Entscheidung klargestellt, dass § 7g Abs. 3 EStG die Änderung bestandskräftiger Steuer‐ oder Feststellungsbescheide nur insoweit ermöglicht, als dies der Rückgängigmachung eines gemäß § 7g Abs. 1 EStG vorgenommenen Investitionsabzugs dient. Die Korrektur ist folglich auf den Umfang des geltend gemachten und berücksichtigten Investitionsabzugsbetrags begrenzt. Über diesen Rahmen hinausgehende Änderungen können nur vorgenommen werden, wenn diese durch andere Änderungsnormen gedeckt sind. Dies gilt auch dann, wenn dem FA Fehler im Zusammenhang mit der Rückgängigmachung eines Investitionsabzugsbetrags unterlaufen, die über den Investitionsabzugsbetrag hinausgehen.

3. Gegenstand der Korrektur war im Streitfall jedoch nicht nur der dem Erstbescheid zugrunde gelegte Gewinn nach Berücksichtigung des Investitionsabzugsbetrags, sondern auch der darüber hinaus zu niedrig angesetzte Gewinn aus dem ersten Änderungsbescheid, den das FA mit dem zweiten Änderungsbescheid korrigieren wollte. Die Korrektur des ersten Änderungsbescheids war jedoch gemäß § 7g Abs. 3 EStG der Höhe nach auf die Rückgängigmachung des Investitionsabzugsbetrags begrenzt.

4. Eine weitergehende Änderung kam danach im vorliegenden Fall nur in Betracht, soweit die Voraussetzu...

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