Entscheidungsstichwort (Thema)

Berücksichtigung als ausbildungswilliges Kind bei geringfügiger Beschäftigung

 

Leitsatz (amtlich)

Die Ausübung einer geringfügigen Beschäftigung steht der Berücksichtigung eines ausbildungswilligen Kindes nicht entgegen (gegen DA-FamEStG Ziffer 63.3.4. Abs. 5 Satz 2).

 

Normenkette

EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2c

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 23.02.2006; Aktenzeichen III R 8/05)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob dem Kläger für seinen Sohn D für den Zeitraum von Oktober bis Dezember 2003 Kindergeld zusteht.

Der Kläger ist der Vater des am 25.07.1978 geborenen D. D beendete im Juli 2000 seinen Zivildienst. In der Zeit von August 2000 bis Juni 2001 besuchte er die Fachoberschule Sozialwesen. Bis Juni 2001 wurde dem Kläger für D Kindergeld gewährt.

Im Januar 2004 nahm D ein Fachhochschulstudium der Fachrichtung Kunsttherapie/Kunstpädagogik auf. In der Zeit von August 2001 bis Dezember 2003 war er - um die Wartezeit auf einen Studienplatz zu überbrücken - stets einer geringfügigen Beschäftigung nachgegangen, mit Ausnahme des Monats Juli 2002, in dem er mit 29 Wochenstunden teilzeitbeschäftigt war. Er war gemäß Änderungsvertrag vom 30.09.2002 (Bl. 36 Prozessakte) bis 31.08.2003 befristet geringfügig beschäftigt mit 10,5 Wochenstunden; sein monatlicher Verdienst betrugt 325 €. Am 20.08.2003 wurde dieser Vertrag zu unveränderten Bedingungen bis 31.12.2003 verlängert (Bl. 30 Prozessakte).

Seine Einkünfte und Bezüge betrugen im Jahr 2003 lt. Erklärung zu den Einkünften und Bezügen 4.096,80 € (Bl. 26/27 Prozessakte 6 K 2636/03). Der monatliche Verdienst betrug im streitigen Zeitraum von Oktober bis Dezember 2003 je 325 €.

Für den Zeitraum von Juli 2001 bis April 2003 ist unter dem Aktenzeichen 6 K 2636/03 eine weitere Klage anhängig; der Ausgang dieses Verfahrens hängt auch davon ab, ob der Kläger für die streitigen Zeiträume die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2c EStG nachweisen kann. Der Zeitraum von Mai bis September 2003 ist nicht streitig.

Mit Bescheid vom 11.09.2003 hob die beklagte Familienkasse die Kindergeldfestsetzung für D ab Oktober 2003 auf. Der dagegen gerichtete Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 10.11.2003 als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung führt die Beklagte aus, ein Kind, das sich aus einer Erwerbstätigkeit heraus für eine Ausbildung bewerbe, sei nicht nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2c EStG zu berücksichtigen; auf den Umfang der Erwerbstätigkeit komme es nicht an.

Zur Begründung seiner Klage trägt der Kläger vor, D habe sich im Anschluss an die Beendigung seines Zivildienstes sofort um eine Ausbildung zum Kunsttherapeuten für Behinderte bemüht. Wegen Zulassungsbeschränkungen habe er eine Wartezeit bis Januar 2004 in Kauf nehmen müssen. Der Kläger legte u.a. als Nachweis über Bemühungen seines Sohnes D hinsichtlich einer Ausbildung zum Kunsttherapeuten ein Anschreiben der Fachhochschule O vom 17.10.2003 mit Antrag auf Immatrikulation zum 01.01.2004 (Bl. 74 Prozessakte 6 K 2636/03) vor.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid vom 11. September 2003 und die Einspruchsentscheidung vom 10. November 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger für seinen Sohn D Kindergeld für die Zeit von Oktober bis Dezember 2003 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor, der Kläger habe im Juli 2003 eine Aufnahmebestätigung der Fachhochschule vom 20.05.2003 vorgelegt, weshalb eine Berücksichtigung ab Mai 2003 möglich sei. Ab Oktober 2003 sei die Zahlung eingestellt worden, weil Dl sich auch einer Erwerbstätigkeit heraus um den Studienplatz beworben habe. Er könne erst nach Beendigung der Erwerbstätigkeit als Kind berücksichtigt werden, wobei es auf den Umfang der Erwerbstätigkeit nicht ankomme (vgl. Schriftsatz v. 26.03.2004, Bl. 61/62 Prozessakte 6 K 2636/03).

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Der Sohn D des Klägers ist für den streitigen Zeitraum von Oktober bis Dezember 2003 als Kind zu berücksichtigen gemäß § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2c EStG. Durch das Schreiben der Fachhochschule O vom 17.10.2003 über die Zusage eines Studienplatzes für das Wintertrimester 2004 und die Aufforderung zur Immatrikulation (Bl. 74 Prozessakte 6 K 2636/03) ist nachgewiesen, dass der Sohn des Klägers sich um einen Ausbildungsplatz bemüht hat. Zum Januar 2004 hat er das Studium schließlich tatsächlich begonnen.

1.

Entgegen Ziffer 63.3.4. Abs. 5 Satz 2 DAFamEStG steht eine vor der Aufnahme des Studiums ausgeübte geringfügige Beschäftigung der Berücksichtigung nicht entgegen. Die geringfügige Beschäftigung ist nicht einer Vollerwerbstätigkeit gleichzustellen.

Nach zwischenzeitlich ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist der Gesetzgeber auch bei den in § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b und c EStG geregelten Berücksichtigungstatbeständen davon ausgegangen, dass sich das Kind typischerweise in einer Unterhaltssituation befindet, die derjenigen während einer Berufsausbildung (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG) entspricht. Hieran --und ...

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