Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzsteuerrechtliche Beurteilung von mit einer Grundstücklieferung verbundenen Generalübernehmerleistungen

 

Leitsatz (amtlich)

Nach den Grundsätzen der Einheitlichkeit der Leistung bilden die Lieferung eines unbebauten Grundstücks und die Bauleistungen nach einem Generalübernehmervertrag einen einheitlichen Grundstücksumsatz "Lieferung eines bebauten Grundstücks", wenn die Leistung nach dem Parteiwillen und der tatsächlichen Durchführung so miteinander verbunden worden sind, dass die eine Leistung nicht ohne die andere Leistung ausgeführt werden konnte.

 

Normenkette

UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 4 Nr. 9 Buchst. a, § 9

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 19.03.2009; Aktenzeichen V R 50/07)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob eine Grundstücksveräußerung der Umsatzsteuer unterliegt.

Die Klägerin ist eine in der Rechtsform der Kommanditgesellschaft betriebene Immobilienentwicklungsgesellschaft. Ihr Unternehmensgegenstand sind der Erwerb, die Verwaltung, Entwicklung und Veräußerung von Grundvermögen.

Mit notariellem Vertrag vom 18.12.2001 veräußerte die Klägerin ein unbebautes Grundstück an eine Erwerbergemeinschaft (im Folgenden: Erwerber; Grundstückskaufvertrag) für deren Unternehmen. Der Kaufpreis betrug ... Mio. € (ohne Ausweis von Umsatzsteuer) und war zum 04.01.2002 zu leisten. Vereinbarter Übergabetag des Grundstücks war der auf die vollständige Kaufpreiszahlung folgende Kalendertag, vorausgesetzt, dass bis zu diesem Zeitpunkt auch der nach dem Generalübernehmervertrag (vgl. hierzu sogleich) zu zahlende Pauschalfestpreis gezahlt wurde (§ 4 Grundstückskaufvertrag). Die Eigentumsumschreibung des Grundstücks auf die Erwerber erfolgte am 17.04.2002.

Mit weiterer notarieller Urkunde vom 18.12.2001 verpflichtete sich die Klägerin, als Generalübernehmerin auf dem veräußerten Grundstück den Erwerbern ein schlüsselfertiges Büro- und Geschäftshaus zu einem Preis (brutto) von 8.647.655,20 € (7.436.923,97 € zuzüglich 1.210.731,23 € ausgewiesener Umsatzsteuer) zu errichten (Generalübernehmervertrag). Die Vergütung wurde als Teil eines Gesamtpreises verstanden, der von den Parteien für das Grundstück nach dem Grundstückskaufvertrag und für die Bau- und sonstigen Leistungen ermittelt wurde (§ 5.1 Generalübernehmervertrag). Vertraglicher Fertigstellungstermin für das Objekt war der 1./15.04.2003.

Die Klägerin sicherte den Erwerbern zu, dass die im Generalübernehmervertrag vereinbarte Leistung der Umsatzsteuer unterliege und optierte für den Generalunternehmervertrag "rein vorsorglich" gemäß § 9 i. V. m. § 4 Nr. 9a UStG zur Umsatzsteuer (§ 2 Generalübernehmervertrag).

Der Grundstückskaufvertrag und der Generalübernehmervertrag wurden durch wechselbezügliche Rücktrittsrechte miteinander verknüpft. Nach dem Willen der Vertragsparteien --und der tatsächlichen Vertragsdurchführung-- sollte der eine Vertrag nicht ohne den anderen zustande kommen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Vertragsurkunden (UR-Nr. ...59/2001 und 1860/2001 ...60/2001 des Hamburgischen Notars Dr. A) verwiesen.

Die Klägerin erklärte die Veräußerung des unbebauten Grundstücks in ihrer Umsatzsteuererklärung für 2002 als steuerfreien Umsatz i. S. des § 4 Nr. 9a UStG. Der Beklagte stimmte der Erklärung mit Mitteilung vom 23.09.2003 zu --vgl. § 168 AO.

Nach einer bei der Klägerin durchgeführten Umsatzsteuer-Sonderprüfung änderte der Beklagte die Umsatzsteuer-Festsetzung für 2002 mit streitgegenständlichem Bescheid vom 16.06.2004. Er folgte der Berichtsausführung vom 03.05.2004, wonach die Lieferung des Grundstücks steuerpflichtig sei. Die zivilrechtlich getrennten Grundstückskauf- und Generalübernehmerverträge enthielten umfangreiche Rücktritts- und Rückabwicklungsvereinbarungen, die u. a. die alleinige Erfüllung nur eines Vertrags ohne gleichzeitige Erfüllung des anderen Vertrags verhinderten. Die Verknüpfung beider Verträge sei Ausdruck des Willens, den Leistungsempfängern als einheitlichen Leistungsgegenstand ein bebautes Grundstück zu verschaffen. Da nach der EuGH-Rechtsprechung der Verzicht auf Steuerbefreiungen nur einheitlich für Gebäude und den dazugehörigen Grund und Boden ausgeübt werden könne, erstrecke sich die im Generalübernehmervertrag erklärte Option auch auf die Grundstückslieferung. Die steuerpflichtigen Umsätze und die geschuldete Umsatzsteuer seien daher entsprechend zu erhöhen gewesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Prüfungsbericht vom 03.05.2004 verwiesen.

Hiergegen legte die Klägerin am 16.07.2004 Einspruch ein.

Der Gesamtvorgang sei als Geschäftsveräußerung im Ganzen gemäß § 1 Abs. 1a UStG insgesamt nicht steuerbar. Der angegriffene Bescheid sei bereits aus diesem Grunde rechtswidrig. Ferner handele es sich bei den Leistungen gemäß Grundstückskauf- und Generalübernehmervertrag nicht um eine einheitliche Leistung i. S. des § 1 UStG. Beide Verträge seien getrennt zu beurteilen. Wirtschaftlich seien die Grundstückslieferung und die Baubetreuung nicht gleichwertig. Zudem führe nach ständiger Rechtsprechung des BFH...

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