vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Einmalentschädigung für Überspannung eines Grundstücks mit Hochspannungsleitung – Steuerbarkeit als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung oder aus sonstigen Leistungen

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Besteht die Gegenleistung des Stpfl. nicht in einem bloßen Unterlassen, sondern darin, einem Netzbetreiber einen Teil des Luftraums über seinem Grundstück für den Betrieb einer Hochspannungsleitung zur Nutzung zu überlassen und der Eintragung einer entsprechenden Grunddienstbarkeit zuzustimmen, liegt nach dem wirtschaftlichen Gehalt der Vereinbarung eine Nutzungsüberlassung gegen Entgelt und damit eine Einnahme i.S.d. § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG vor (Abgrenzung zum BFH-Urteil vom 17.05.1995 X R 64/92 BStBl II 1995, 640).
  2. Die im Vertragswege vereinbarte Einmalentschädigung für die Überspannung eines Grundstücks mit einer Hochspannungsleitung gehört mangels Freiwilligkeit des ansonsten im Wege der Enteignung durchsetzbaren Eingriffs nicht zu den Einkünften i.S. des § 22 Nr. 3 EStG.
 

Normenkette

EStG § 21 Abs. 1 Nr. 1, § 22 Nr. 3; EnWG § 45; EEG NW § 2 Abs. 1 Nr. 1; BGB § 1090

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 02.07.2018; Aktenzeichen IX R 31/16)

BFH (Beschluss vom 11.04.2017; Aktenzeichen IX R 31/16)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die anlässlich der Überspannung eines Grundstücks gezahlte Einmalentschädigung steuerbar ist.

Die Kläger sind Ehegatten und wurden im Streitjahr 2008 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

Der Kläger ist Eigentümer des bebauten und von den Ehegatten selbst bewohnten Grundstücks A in B (Gemarkung ..., Flur ..., Flurstück ...). Anlässlich der Planung der Hochspannungsleitung C, welche genau über das Grundstück des Klägers führen sollte, schloss der Kläger mit der D GmbH am 06./09.10.2008 eine Vereinbarung, wonach letztere „zum Zwecke von Bau, Betrieb und Unterhaltung elektrischer Leitungen nebst Zubehör einschließlich Steuer- und Telekommunikationskabel und aller dazu erforderlichen Vorkehrungen” berechtigt war, das Grundstück des Klägers in Anspruch zu nehmen. Hierfür wurde dem Kläger, der sich zu der Bewilligung einer entsprechenden beschränkten persönlichen Dienstbarkeit im Grundbuch verpflichtete, eine einmalig zu zahlende Gesamtentschädigung von 17.904 € gewährt. Der Betrag wurde wie folgt ermittelt: Verkehrswert für Bau/Gewerbeland 170 €/qm, davon 10 % = 17 €/qm, x 1.050 qm = 17.850 €, zzgl. 54 € für 36 m Telekommunikationslinie. Etwaige Verpflichtungen hinsichtlich der künftigen Nutzung bzw. Nichtnutzung des Grundstücks wurden dem Kläger nicht auferlegt. Die Zahlung erfolgte am 27.11.2008. Ein Mast wurde auf dem Grundstück des Klägers nicht erbaut; dieses wird lediglich überspannt.

In ihrer ESt-Erklärung für das Jahr 2008 ließen die Kläger den obigen Vorgang unberücksichtigt. Die Einkommensteuer 2008 wurde mit Bescheid vom 16.09.2009 auf 17.529 € festgesetzt.

Im Oktober 2012 erfuhr der Beklagte durch eine Kontrollmitteilung des Finanzamts für Groß- und Konzernbetriebsprüfung E von dem o.g. Vertrag. Er nahm dies zum Anlass, die Einkommensteuer 2008 mit Änderungsbescheid vom 31.10.2012 unter Verweis auf § 173 Abs.1 Nr. 1 AO auf 24.094 € heraufzusetzen. Dabei wurden Einkünfte aus sonstigen Leistungen i.H.v. 17.904 € berücksichtigt.

Die Kläger haben hiergegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren (Einspruchsentscheidung vom 11.06.2013) Klage erhoben. Sie sind der Ansicht, dass sich aus dem Vertrag vom 06./09.10.2008 keine steuerlichen Folgen ergeben würden. Es lägen weder Einkünfte nach § 21 EStG noch nach § 22 Nr. 3 EStG vor.

Die hoheitliche Belastung von Grundstücken mit Leitungsdienstbarkeiten stelle eine entschädigungspflichtige Enteignung dar. Da keine Chance bestanden habe, sich gegen den enteignungsgleichen Eingriff erfolgreich zu wehren, könne in keiner Weise von einer freiwilligen Leistung und einer ausgewogenen Gegenleistung gesprochen werden. Durch die enteignungsgleiche, erzwungene Gestattung der Überbauung mit der Hochspannungsleitung und die dafür ins Grundbuch eingetragene beschränkte Dienstbarkeit sei der Verkehrswert des Grundstücks erheblich wertgemindert und die Wiederverkäuflichkeit des Grundstücks erheblich eingeschränkt worden. Die ortsüblichen Baulandpreise seien bei einem Verkauf bei weitem nicht mehr zu erzielen. Die gezahlte Entschädigung betreffe damit letztlich einen Vorgang auf der Vermögensebene und sei als solcher nicht steuerbar. Tatsächlich richte sich die Höhe der Entschädigung bei der D auch grundsätzlich danach, ob und in welchem Umfang das belastete Grundstück gegenüber einem unbelasteten Grundstück minderbewertet sei.

Die Kläger verweisen zur Untermauerung ihrer Rechtsauffassung auf das Urteil des BFH vom 17.05.1995 - X R 64/92.

Die Kläger beantragen,

den Einkommensteuerbescheid 2008 vom 31.10.2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11.06.2013 aufzuheben,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält daran fest, dass die erhaltene...

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