Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Steuerberatungskosten sind bei den Einkünften aus freiberuflicher Tätigkeit Betriebsausgaben, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns entstehen.

Steuerberatungskosten, die im Zusammenhang mit einem Rechtsmittelverfahren entstehen, sind nur insoweit Betriebsausgaben, als sich das Rechtsmittel auf die Ermittlung des Gewinns bezieht. Der Senat stimmt den Grundsätzen des VI. Senats des Bundesfinanzhofs in der Entscheidung VI 207/62 S vom 30. April 1965 (BStBl 1965 III S. 410) zu.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 4, § 12 Nr. 1, § 4 Abs. 3

 

Tatbestand

Streitig ist bei der Einkommensteuerveranlagung 1961 eines Freiberuflers die Abzugsfähigkeit von Steuerberatungskosten als Betriebsausgaben (§§ 4 Abs. 4, 12 Ziff. 1 EStG).

Der Steuerpflichtige ist Facharzt. Er ermittelte den Gewinn nach der überschußrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG). Die Aufzeichnungen führte er im wesentlichen selbst. Für die Abschlußarbeiten, die Anfertigung der Steuererklärungen und die Durchführung von Rechtsmittelverfahren nahm er die Hilfe eines Steuerbevollmächtigten in Anspruch. Bei der Gewinnermittlung für das Streitjahr setzte er Steuerberatungskosten in Höhe von 1 654,75 DM als Betriebsausgaben ab. Es handelte sich um das Honorar für die Abschlußarbeiten, die Aufstellung der überschußrechnungen und der Einkommensteuer- und Umsatzsteuererklärungen für die Jahre 1958 (326 DM), 1959 (417,50 DM, worin auch das Honorar für die Vermögenserklärung mit Aufstellung des Betriebsvermögens zum 1. Januar 1960 enthalten war), 1960 (370 DM) sowie für die Prüfung von Steuerbescheiden und die Bearbeitung der Rechtsmittel gegen die Einkommensteuerbescheide für das Jahr 1953 und die Folgejahre (530 DM), endlich um Auslagen und Entgelte für sonstige Arbeiten (11,25 DM). Die Rechtsmittel betrafen die Ermittlung der Einkünfte aus selbständiger Arbeit und aus Vermietung und Verpachtung, für die Jahre 1954 und 1957 außerdem tarifliche Freibeträge (1954: außergewöhnliche Belastung, 1957: Kinderermäßigung).

Das Finanzamt versagte den Abzug der Steuerberatungskosten, da es sich um Aufwendungen handele, die mit der Entrichtung von Personensteuern (Einkommensteuer und Vermögensteuer, § 12 Ziff. 3 EStG) zusammenhingen.

Im Einspruchsverfahren ließ das Finanzamt einen Teilbetrag von 150 DM, den es als (geschätztes) Entgelt für die Abfassung der Umsatzsteuererklärungen ansah, zum Abzug zu.

Das Finanzgericht gab der Berufung des Steuerpflichtigen teilweise statt, und zwar hinsichtlich der Aufwendungen für die Aufstellung der überschußrechnungen (729 DM), für die Umsatzsteuererklärungen (84 DM), für die Aufstellung des Betriebsvermögens (35 DM) sowie für die Auslagen und sonstigen Arbeiten (11 DM), insgesamt 859 DM. Es begründete seine Auffassung im wesentlichen damit, daß Steuerberatungskosten insoweit Betriebsausgaben darstellen, als die Tätigkeit des Steuerberaters betrieblichen Zwecken diene. Bei selbständig Tätigen bilde die Ermittlung des Gewinns einen Teil der freiberuflichen Tätigkeit. Es sei unerheblich, ob der Steuerpflichtige sich dabei eines geschulten Angestellten oder eines Steuerberaters bediene. Die für Gewerbetreibende geltenden Grundsätze (Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs IV 454/52 U vom 5. Februar 1953, BStBl 1953 III S. 75, Slg. Bd. 57 S. 190) seien entsprechend anzuwenden. Die Kosten, die durch die Aufstellung und Abfassung der Einkommensteuererklärungen entstünden, seien dagegen nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig, da sie mit der Entrichtung von nichtabzugsfähigen Steuern (§ 12 Ziff. 3 EStG) zusammenhingen (Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs VI 166/60 U vom 16. Dezember 1960, BStBl 1961 III S. 63, Slg. Bd. 72 S. 169). Aus den gleichen Gründen seien zwar die Kosten der Aufstellung des Betriebsvermögens absetzbar, nicht jedoch die Kosten der Vermögenserklärung. Nicht abzugsfähig seien schließlich die Kosten zur Prüfung von Steuerbescheiden und der Bearbeitung der Rechtsmittel, da es sich insoweit nicht um Rechtsmittel in Betriebsteuersachen (z. B. in Umsatzsteuer- und Gewerbesteuerfragen) handele.

Der Vorsteher des Finanzamts erstrebt mit seiner Rb., daß die Kosten der Erstellung der überschußrechnung und der Ermittlung des Betriebsvermögens nicht als Betriebsausgaben anerkannt werden.

Der Steuerpflichtige begehrt mit der Rb. die Anerkennung derjenigen Steuerberatungskosten als Betriebsausgaben, die das Finanzgericht nicht zum Abzug zuließ, nämlich die Kosten für Erstellung der Einkommensteuererklärungen für die Jahre 1958 bis 1960 (209 DM), für die Anfertigung der Vermögenserklärung zum 1. Januar 1960 (56,50 DM) und für die Prüfung der Steuerbescheide (Arbeiten und Schriftverkehr zu den Rechtsmitteln gegen die Einkommensteuerbescheide für den Veranlagungszeitraum 1953 und die folgenden Veranlagungszeiträume, (530 DM).

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. des Vorstehers des Finanzamts ist unbegründet. Die Rb. des Steuerpflichtigen führt zur Aufhebung der Vorentscheidungen und zur Zurückverweisung der Sache an das Finanzamt.

Nach § 10 Abs. 1 Ziff. 8 EStG in der Fassung des Steueränderungsgesetzes (StändG) 1965 (BStBl 1965 I S. 217) sind Steuerberatungskosten als Sonderausgaben abzugsfähig, wenn sie weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind. Die Neufassung ist erstmals für den Veranlagungszeitraum 1965 anzuwenden (§ 52 Abs. 1 EStG in der Fassung des StändG 1965). Der Streitfall, der den Veranlagungszeitraum 1961 betrifft, ist deshalb nach der Rechtslage zu beurteilen, die vor dem 1. Januar 1965 bestand. Steuerberatungskosten können danach nur insoweit berücksichtigt werden, als sie Betriebsausgaben bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit (§§ 4 Abs. 4, 18 EStG) oder Werbungskosten bei Einkünften im Sinn von § 2 Abs. 3 Ziff. 4 bis 7 EStG darstellen.

Die angeführte Neufassung des EStG ist jedoch für die Entscheidung insofern von Bedeutung, als das Gesetz davon ausgeht, daß es Steuerberatungskosten gibt, die nicht als Betriebsausgaben oder als Werbungskosten anzusehen sind und die deshalb ohne die Aufzählung in dem Katalog des § 10 EStG nicht abzugsfähig wären. Das Gesetz bestätigt somit die in der bisherigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs vertretene Auffassung, daß Steuerberatungskosten nicht schon deshalb als im Rahmen einer Einkunftsart angefallen behandelt werden können, weil die Steuerpflicht und die dadurch erforderlich werdende steuerliche Beratung durch das Vorhandensein von Einkünften veranlaßt ist.

In der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs und des Bundesfinanzhofs wurde anerkannt, daß Steuerberatungskosten Betriebsausgaben sind, wenn die Tätigkeit des Beraters der Ermittlung des Gewinns dient (vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs VI 626/37 vom 20. Oktober 1937, RStBl 1938 S. 93; Urteile des Bundesfinanzhofs IV 454/52 U; VI 207/62 S vom 30. April 1965, BStBl 1965 III S. 410). Der Grundsatz gilt in erster Linie für den Betriebsausgabenabzug bei Gewerbetreibenden. Für die Anerkennung ist vor allem die Erwägung maßgebend, daß es dem Gebot der Gleichmäßigkeit und der Gerechtigkeit der Besteuerung widerspräche, wenn große Betriebe, bei denen das Rechnungswesen und die Abschlußarbeiten in den Händen von fachlich vorgebildeten Angestellten liegen, die dadurch verursachten Ausgaben als Betriebsausgaben abziehen könnten, während bei kleineren Gewerbetreibenden die für die gleichen Arbeiten an Stundenbuchhalter oder Steuerberater gezahlten Entgelte vom Abzug ausgeschlossen wären.

Auch bei Angehörigen freier Berufe müssen Kosten der Steuerberatung insoweit abgezogen werden, als sie die Erfüllung von Verpflichtungen auf dem Gebiete der Betriebsteuern (z. B. Umsatzsteuer) zum Gegenstand haben. Darüber hinaus müssen wie bei Gewerbetreibenden die im Rahmen der Gewinnermittlung anfallenden Steuerberatungskosten zum Abzug zugelassen werden.

Bei freiberuflich Tätigen kommt zwar eine Beschäftigung von Angestellten, denen nur die Betreuung des betrieblichen Rechnungswesens und der Gewinnermittlung obliegt, in der Regel nicht in Betracht. Gleichwohl müssen dieselben Grundsätze wie bei Gewerbetreibenden angewendet werden. Denn so wenig wie innerhalb des Kreises der Gewerbetreibenden bei der Abzugsfähigkeit von Steuerberatungskosten als Betriebsausgaben ein Unterschied gemacht wird, ob die Führung von Aufzeichnungen durch das Handelsrecht und andere außersteuerrechtliche Normen vorgeschrieben ist oder ob sich diese Verpflichtungen aus steuerrechtlichen Vorschriften ergeben, wie z. B. für Minderkaufleute (§ 4 HGB, § 161 Abs. 1 Ziff. 1 AO in Verbindung mit §§ 4 Abs. 1, 5 EStG), so wenig kann gegen die Anerkennung von Steuerberatungskosten als Betriebsausgaben bei Angehörigen freier Berufe eingewendet werden, daß diese Gruppe von Steuerpflichtigen nur auf Grund von Steuervorschriften verpflichtet sei, Aufzeichnungen zu führen. Auch bei freiberuflicher Tätigkeit ist die Führung von Aufzeichnungen schon weitgehend durch den Betrieb selbst bedingt. Die Notwendigkeit, ein nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen geordnetes Rechnungswesen zu unterhalten und Abschlüsse zu fertigen, kann sich auch auf rechtsgeschäftlicher Grundlage (Gesellschaftsvertrag, Kreditvertrag usw.) ergeben. Schließlich ist zu berücksichtigen, daß eine unterschiedliche Behandlung von Gewerbetreibenden und Angehörigen freier Berufe hinsichtlich der in Zusammenhang mit der Gewinnermittlung anfallenden Steuerberatungskosten schon deshalb nicht gerechtfertigt ist, weil beide Einkunftsarten in vielen Fällen nur schwer voneinander abzugrenzen sind und die Versagung des Abzugs von Beratungskosten bei strukturell ähnlichen Betrieben, die jedoch verschiedenen Einkunftsarten zugewiesen sind, zu unverständlichen Härten führen würde. Die gleichen Schwierigkeiten würden beim Abzug von Steuerberatungskosten im Rahmen der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft entstehen.

Der Senat wendet deshalb bei der Beurteilung der Abzugsfähigkeit von Steuerberatungskosten der Freiberufler den auch vom VI. Senat anerkannten Grundsatz an, daß Steuerberatungskosten stets Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind, wenn und soweit sie bei der Ermittlung der Einkünfte angefallen sind (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs VI 207/62 S; VI 7/63 U und VI 50/64 U vom 30. April 1965, BStBl 1965 III S. 412 und 414).

Zu den Steuerberatungskosten, die der Ermittlung der freiberuflichen Einkünfte dienen, gehören nicht nur die Kosten der Buchführungsarbeiten selbst, sondern auch die Kosten der überwachung der Buchführung, der Ermittlung von Ausgaben oder Einnahmen, der Anfertigung von Zusammenstellungen, der Aufstellung von Bilanzen oder von überschußrechnungen und der sich dabei ergebenden betrieblichen Steuerfragen sowie die Kosten der Beratung und der Anfertigung der Steuererklärungen, soweit es sich um Betriebsteuern handelt.

Dagegen gehört die übertragung des Ergebnisses in die Einkommensteuererklärungsvordrucke und das übrige Ausfüllen der Einkommensteuererklärung sowie die Beratung, die sich auf den Abzug von Sonderausgaben und auf Veranlagungs- und Tariffragen bezieht, nicht mehr zur Einkunftsermittlung. Der auf diese Tätigkeit entfallende Honorarteil rechnet wie bei den anderen Personensteuern (§ 12 Ziff. 3 EStG, besonders bei der Vermögensteuer) zu den nach § 12 Ziff. 1 EStG nicht abzugsfähigen Aufwendungen im Bereich der Einkommensverwendung (vgl. Entscheidung VI 207/62 S). Zu den mit der Erfüllung der Vermögensteuerpflicht zusammenhängenden Beraterkosten gehören auch diejenigen, die durch die Anfertigung der Betriebsvermögensaufstellung entstehen. Sie fallen nicht im Rahmen der Gewinnermittlung an.

Die Kosten der Prüfung von Personensteuerbescheiden stehen mit der Ermittlung der Einkünfte nicht im Zusammenhang. Sie sind wie die Kosten der Anfertigung der entsprechenden Steuererklärungen zu behandeln. Sie betreffen die Frage, ob das Finanzamt von der Steuererklärung abgewichen ist. Dabei ist zu berücksichtigen, daß die Steuerbehörden regelmäßig Abweichungen von der Erklärung kenntlich machen (vgl. § 205 Abs. 3 AO).

Die durch die Führung eines Rechtsmittelverfahrens entstandenen Kosten sind nur insoweit Betriebsausgaben oder Werbungskosten, als das Rechtsmittel die Ermittlung von Einkünften betrifft. Strebt der Steuerpflichtige hingegen eine änderung der Steuerfestsetzung unter dem Gesichtspunkt erhöhter Sonderausgaben, tariflicher Freibeträge oder einer anderen Veranlagungsart an, so sind die hierdurch entstandenen Beratungskosten für die vor dem 1. Januar 1965 endenden Veranlagungszeiträume nicht abzugsfähig. Im Zweifel sind die Beraterhonorare nach diesen Grundsätzen im Schätzungsweg nach abzugsfähigen und nicht abzugsfähigen Beträgen aufzuteilen. Die Aufteilung kann entfallen, wenn es sich um Bagatellbeträge handelt (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs VI 207/62 S und VI 50/54 U).

 

Fundstellen

Haufe-Index 411860

BStBl III 1966, 190

BFHE 1966, 519

BFHE 84, 519

BB 1966, 396

DB 1966, 606

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