Entscheidungsstichwort (Thema)

Verdeckte Gewinnausschüttung; keine Pensionszusage an Gesellschafter-Geschäftsführer nach dem 60. Lebensjahr

 

Leitsatz (NV)

Zuführungen zu Pensionsrückstellungen für eine dem Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH nach Vollendung des 60. Lebensjahres erteilten Pensionszusage sind als verdeckte Gewinnausschüttungen zu beurteilen.

 

Normenkette

KStG § 8 Abs. 3 S. 2

 

Verfahrensgang

FG Baden-Württemberg

 

Tatbestand

1. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 21. Januar 1976 gegründet. Gesellschafter waren seit September 1981 F, geboren am 9. November 1920 (zu 45 v. H.), dessen Tochter -- DR -- (zu 35 v. H.) und dessen Schwiegersohn GR, geboren am 31. Januar 1944 (zu 20 v. H.). Geschäftsführer waren in den Streitjahren 1986 bis 1989 F und GR. DR war als Prokuristin bestellt. Am 17. Dezember 1985 schloß die Klägerin mit den beiden Geschäftsführern und der Prokuristin Pensionsverträge. Danach hatten F ab dem 72. Lebensjahr, GR ab dem 65. Lebensjahr und DR ab dem 63. Lebensjahr Ansprüche auf Betriebspensionen. Die Pensionen sollen sich zusammensetzen aus Pensionsleistungen in Höhe von 50 v. H. (F), 40 v. H. (GR) und 20 v. H. (DR) der pensionsfähigen Bezüge und aus ergänzenden Leistungen, die aus Gehaltsverzichten und Verzichten auf Gehaltserhöhungen errechnet wurden.

Die Klägerin bildete in der Bilanz zum 31. Dezember 1985 entsprechende Pensionsrückstellungen, die vom Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt -- FA --) nach der Betriebsprüfung für den Prüfungszeitraum 1983 bis 1985 anerkannt wurden. Im Anschluß an die folgende Betriebsprüfung für die Streitjahre 1986 bis 1989 behandelte das FA die in den Jahren 1986 bis 1989 erfolgten Zuführungen zur Pensionsrückstellung F als verdeckte Gewinnausschüttungen.

2. Die Klägerin erhob gegen die entsprechenden Körperschaftsteuerbescheide Klage, die jedoch erfolglos blieb.

Die Klägerin stützt ihre gegen das erstinstanzliche Urteil eingelegte Revision auf Verletzung materiellen Rechts.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Finanzgerichts (FG) aufzuheben und die gebildeten Pensionsrückstellungen der Jahre 1986 bis 1989 als rechtens anzuerkennen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Sie war zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --).

1. Das FG hat die Zuführungen zu der für die Pensionsansprüche des Gesellschafter- Geschäftsführers F gebildeten Pensionsrückstellung in den Streitjahren zu Recht als verdeckte Gewinnausschüttungen behandelt. Seit seinem Urteil vom 1. Februar 1989 I R 73/85 (BFHE 156, 155, BStBl II 1989, 522) definiert der erkennende Senat in ständiger Rechtsprechung eine verdeckte Gewinnausschüttung i. S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes 1984 bei einer Kapitalgesellschaft als eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung), die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt ist, sich auf die Höhe des Einkommens auswirkt und in keinem Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht. Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat der Bundesfinanzhof (BFH) eine Veranlassung der Vermögensminderung durch das Gesellschafts verhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (BFH-Urteile vom 16. März 1967 I 261/63, BFHE 89, 208, BStBl III 1967, 626; vom 17. September 1992 I R 89-98/91, BFHE 169, 171, BStBl II 1993, 141).

a) Bei der Frage, ob einem gesellschaftsfremden Geschäftsführer eine Pension zugesagt worden wäre, spielt neben anderen Kriterien (z. B. wirtschaftliche Leistungskraft des Unternehmens) eine wesentliche Rolle, ob der Geschäftsführer die Pension noch erdienen kann (vgl. BFH-Urteile vom 13. Dezember 1961 I 321/60 U, BFHE 74, 657, BStBl III 1962, 243; vom 20. Mai 1992 I R 2/91, BFH/NV 1993, 52; vom 10. November 1993 I R 36/93, BFH/NV 1994, 827; Streck, Körperschaftsteuergesetz, 3. Aufl., § 8 Anm. 150 "Pensionszusage" Nr. 6). In der Literatur wird allerdings die Auffassung vertreten, daß Versorgungszusagen in jedem Alter gegeben würden und daher nur die Angemessenheit der Gesamtausstattung zu prüfen sei (vgl. Baer, Betriebsberater -- BB -- 1989, 1529; Höfer/Kisters-Kölkes, BB 1989, 1157). Der Senat kann sich dem nicht anschließen. Die betriebliche Altersversorgung ist eine (freiwillige) Maßnahme des Arbeitgebers in Anerkennung längerer Betriebszugehörigkeit und in Erwartung weiterer Betriebstreue. Auch § 1 Abs. 1 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung liegt die Vorstellung zugrunde, daß eine Altersversorgung erdient werden muß.

b) Die Erdienbarkeit hängt entscheidend vom Alter des Geschäftsführers im Zeitpunkt der Pensionszusage ab. Der Senat hat zur Prüfung der Erdienbarkeit im wesentlichen auf das Alter im Zeitpunkt der Pensionszusage abgestellt und insbesondere im Hinblick auf das mit dem Alter steigende Risiko kurzfristiger Inanspruchnahme der Pension die Erdienbarkeit verneint, sobald der Geschäftsführer das 60. Lebensjahr überschritten hat (vgl. BFH in BFH/NV 1993, 52; BFH-Urteil vom 25. Mai 1988 I R 107/84, BFH/NV 1989, 195). Daran hält der Senat fest. Wird eine Pensionszusage erst nach Vollendung des 60. Lebensjahres erteilt, muß der Arbeitgeber mit einer zeitlich eng begrenzten Tätigkeit des Arbeitnehmers rechnen. Er muß damit rechnen, daß auch bei noch rüstigen Angestellten die Pension wegen nachlassender Arbeitsfähigkeit nicht mehr erdient werden kann. Dem steht nicht entgegen, daß die Lebenserwartung in den letzten Jahrzehnten höher geworden ist. Dieser Umstand schließt ein mit wachsendem Alter steigendes Risiko nicht aus. Es ist deshalb ohne Bedeutung, daß die Altersgrenze für F höher angesetzt wurde als für seinen Mitgeschäftsführer und die Prokuristin.

c) Da F zur Zeit der Pensionszusage bereits das 65. Lebensjahr vollendet hatte, ist davon auszugehen, daß die Zusage bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters nicht erteilt worden wäre und durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt wurde. Die auf der Zusage beruhenden einkommenswirksamen Vermögensminderungen der Klägerin müssen deshalb als verdeckte Gewinnausschüttungen beurteilt werden.

2. Grundsätze von Treu und Glauben stehen dieser Entscheidung nicht entgegen. Der Umstand, daß die bei der Klägerin für den vorangegangenen Prüfungszeitraum durchgeführte Außenprüfung die Pensionsrückstellung nicht beanstandet hatte, begründete keinen Vertrauenstatbestand zugunsten der Klägerin. Verbindliche Zusagen oder eine sonstige verbindliche Auskunft wurden auch nach dem Vortrag der Klägerin nicht erteilt (vgl. BFH-Urteil vom 23. Januar 1991 I R 22/90, BFHE 164, 164, BStBl II 1991, 554). Aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist ebenfalls kein Vertrauenstatbestand abzuleiten. Zum einen hat der BFH auch in seiner früheren Rechtsprechung zum mutmaßlichen Ruhestandsalter beherrschender Gesellschafter- Geschäftsführer in keiner Entscheidung eine erst nach dem 65. Lebensjahr erteilte Pensionszusage steuerlich anerkannt (vgl. BFH-Urteil vom 20. Juni 1974 I R 112/72, BFHE 113, 25, BStBl II 1974, 694; vgl. auch BFH-Urteil vom 23. Juli 1957 I 306/56, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Körperschaftsteuergesetz 1934 bis 1975, § 6 Abs. 1 Satz 2, Rechtsspruch 35). Zum anderen war diese Rechtsprechung bereits mehrere Jahre vor der Pensionszusage für F aufgegeben worden (vgl. BFH-Urteil vom 28. April 1982 I R 51/76, BFHE 135, 519, BStBl II 1982, 612 m. w. N.).

 

Fundstellen

Haufe-Index 65449

BFH/NV 1995, 1092

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