Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein gewerblicher Grundstückshandel bei einem Objekt, um dessen Veräußerung sich der Steuerpflichtige nicht bemüht; zur Aufgabe einer Vermietungsabsicht bei einem erst noch zu errichtenden Gebäude, finanziellen Schwierigkeiten und Zwangsverwaltung

 

Leitsatz (NV)

  1. Ein gewerblicher Grundstückshandel liegt nicht vor, wenn ein Steuerpflichtiger die Errichtung eines möglicherweise als Großobjekt einzustufenden Gebäudes plant, dieses nach eigenen Angaben vermieten möchte und innerhalb von 16 Jahren sich nicht um den Verkauf des Objekts bemüht.
  2. Zur Aufgabe einer unstreitig ursprünglich vorhandenen Vermietungsabsicht, insbesondere wenn fertiggestellte Gaststättenräume noch vom Steuerpflichtigen eingerichtet werden, die nach Erwerb eines Nachbargrundstücks geplanten baulichen Erweiterungen sich aufgrund finanzieller Schwierigkeiten verzögern und das Grundstück vorübergehend unter Zwangsverwaltung steht.
  3. Hat sich ein Steuerpflichtiger noch nicht entschieden, ob er ein bebautes oder noch zu bebauendes Grundstück verkaufen oder langfristig vermieten wird, fehlt es an der Einkunftserzielungsabsicht.
 

Normenkette

EStG §§ 15, 21; FGO § 118 Abs. 2

 

Tatbestand

I. Die Klägerin, Revisionsbeklagte und Revisionsklägerin (Klägerin) war seit 1983 als selbständige Immobilienmaklerin und seit 1989 als Gebietsrepräsentantin für Fertighäuser tätig. Sie ersteigerte am 6. April 1983 ein mit einem zweistöckigen Gebäude bebautes Grundstück, das sie anschließend im Erdgeschoss in eine Gaststätte, im 1. Obergeschoss in Büroräume und im 2. Obergeschoss in eine Pächterwohnung umbauen ließ. Im Jahr 1985 ließ sie in den Gaststättenräumen eine Thekeneinrichtung für 53 300 DM (netto) einbauen. Der Umbau war 1986 beendet. Nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) war die Gaststätte seit 1986 komplett eingerichtet. Die Klägerin nutzte das 1. Obergeschoss als Büro für ihren Gewerbebetrieb, das Erdgeschoss und das 2. Obergeschoss blieben ungenutzt.

Am 21. Juni 1985 hatte die Klägerin ferner ein unmittelbar an das o.g. Anwesen anschließendes unbebautes Grundstück erworben. Im Juli 1985 beantragte sie die Genehmigung für den Bau eines Hotel garni mit Ladenlokal, in das auch der vorhandene Altbau integriert werden sollte. Die Nutzfläche sollte von bisher 226 auf 631 qm erweitert werden. Der Bauschein wurde der Klägerin am 12. Januar 1987 erteilt.

Die Klägerin, die den Erwerb des bebauten Grundstücks, die Renovierung des Altbaus und die Einrichtung der Gaststätte mit Bankdarlehen finanziert hatte, geriet 1986 in Zahlungsschwierigkeiten. Zur Vermeidung der drohenden Zwangsversteigerung übertrug die Klägerin beide Grundstücke treuhänderisch auf Herrn P, der sich mit Vertrag vom 1. Juni 1987 zur Ablösung der Verbindlichkeiten der Klägerin verpflichtete. Die Klägerin hatte diesem die daraus entstehenden Aufwendungen zu ersetzen. Nach einer Einigung mit der Gläubigerbank wurden die Grundstücke im Jahr 1991 auf die Klägerin zurück übertragen. Nachdem Banken der Klägerin verdeutlicht hatten, dass sich die Marktsituation für Hotels verschlechtert habe, beschloss sie die Grundstücke mit einem Wohn- und Geschäftshaus zu bebauen und beantragte am 24. April 1992 eine entsprechende Baugenehmigung. Im Jahr 2000 begannen die Bauarbeiten auf der unbebauten Fläche des Grundstücks. Ende 2001 war der Hochbau ausgeschrieben.

Im Jahr 1988 erwarb die Klägerin außerdem für gewerbliche Zwecke eine Eigentumswohnung, die sie degressiv nach § 7 Abs. 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) abschrieb.

Im Rahmen des streitgegenständlichen Verlustfeststellungsbescheides nach § 10d Abs. 3 Satz 1 EStG zum 31. Dezember 1990 erkannte der Beklagte, Revisionsbeklagte und Revisionskläger (das Finanzamt ―FA―) die Aufwendungen und die anteilige Absetzung für Abnutzung (AfA) für das 1. Obergeschoss des Gebäudes uneingeschränkt, für das Erdgeschoss und das 2. Obergeschoss aber lediglich bis einschließlich 1986 an und lehnte eine degressive AfA für die Eigentumswohnung ab.

Mit der Klage begehrte die Klägerin, weitere Finanzierungskosten, eine erhöhte AfA für den Altbau, AfA für die Gaststättentheke, diverse Kosten, Grunderwerbsteuer und eine degressive AfA für die Eigentumswohnung anzuerkennen. Während des Klageverfahrens einigten sich die Beteiligten über die Zulässigkeit der degressiven AfA für die Eigentumswohnung. Im Übrigen hielt das FA die Klage für unbegründet, weil die Klägerin für die Zeit nach der treuhänderischen Übereignung nicht nachgewiesen habe, dass sie die geltend gemachten Finanzierungskosten und die Grunderwerbsteuer getragen habe, und der Altbau in die Herstellungskosten für das geplante Hotel garni eingehe und daher nicht mehr abgeschrieben werden könne.

Das FG gab, soweit sich die Beteiligten geeinigt hatten, der Klage statt und verpflichtete das FA, den angefochtenen Feststellungsbescheid insoweit zu ändern. Die darüber hinausgehenden Anträge wies es, nachdem es die Klägerin in der mündlichen Verhandlung auf die möglicherweise fehlende Einkunftserzielungsabsicht hingewiesen hatte, ab. Die Klägerin habe das FG nicht davon überzeugen können, dass sie in dem Zeitraum von 1985 bis Ende 1990 die Absicht gehabt habe, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen. Die Klägerin sei selbständige Immobilienmaklerin. Sie habe seit Erwerb bzw. Umbau des Gebäudes weder die seit 1986 komplett eingerichtete Gaststätte noch die Pächterwohnung im 2. Obergeschoss vermietet. Gegen eine Vermietungsabsicht spreche insbesondere, dass die Klägerin nach eigenen Angaben die Vermietung unter Berücksichtigung der umbaubedingten Lärmbelästigungen unterlassen habe. Damit habe sie selbst bekundet, den Altbau nicht vermieten zu wollen. Zudem habe sie selbst eingeräumt, dass sie "etwa 1987" in Anbetracht ihrer finanziellen Schwierigkeiten auf ein Kaufangebot, das es allerdings nie gegeben habe, ggf. eingegangen wäre. Dass sie keinerlei Initiative zum Verkauf des Grundstücks ergriffen habe, sei unerheblich. Im Übrigen hätten sich die seit 1985 geplanten Baumaßnahmen in rudimentären Aushubarbeiten erschöpft. Die Klägerin sei offenbar nicht an einer baldigen Fertigstellung und Vermietung des neu geplanten Komplexes interessiert, sondern nur an der späteren Veräußerung, denn sie habe bekundet, dass der für die Grundstücke erzielbare Preis über dem Investitionspreis liege. Sie habe aber, obgleich das ab 1992 geplante Objekt bereits ausgeschrieben sei, nicht die Kosten für den Hochbau beziffern können. Auch die Tatsache, dass die Klägerin eine Zwangsversteigerung des Grundstücks durch eine treuhänderische Übereignung habe vermeiden wollen, spreche dafür, dass sie sich den Besitz des Objekts habe sichern wollen.

Soweit die Klägerin bereits für die Zeit ab 1983 eine erhöhte lineare AfA begehre, fehle es an substantiierten Angaben zu einer verkürzten Nutzungsdauer des Gebäudes.

Die Aufwendungen könnten auch nicht als Verluste im Rahmen eines gewerblichen Grundstückshandels berücksichtigt werden, weil es sich bei einem Hotel garni mit einer Nutzungsfläche von 632 qm nicht um ein Großobjekt handle.

Das FA rügt mit seiner Revision Verletzung des § 96 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Ausweislich des angefochtenen Feststellungsbescheides vom 27. Juli 2001 seien für die Zeit ab 1985 vorweggenommene Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von insgesamt 103 857 DM berücksichtigt worden. Da das FG für diesen Zeitraum eine Einkunftserzielungsabsicht verneint habe, hätte es die zugestandene degressive AfA in Höhe von insgesamt 19 528 DM mit den nunmehr zu Unrecht vom FA für die Veranlagungszeiträume 1985 bis 1990 anerkannten vorweggenommenen Werbungskosten saldieren müssen.

Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben, die Klage abzuweisen und die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

Die Klägerin beantragt, unter Aufhebung des Urteils des FG, den festgestellten verbleibenden Verlustabzug um degressive AfA in Höhe von insgesamt 19 528 DM, eine zusätzliche AfA von 2,5 % für das Gebäude seit 1983, Zinsen in Höhe von 13 470 DM (1987) und 17 873 DM (1988), AfA für die Gaststätteneinrichtung in Höhe von jährlich 5 330 DM, diverse Kosten in Höhe von 12 232 DM und Grunderwerbsteuer in Höhe von 7 000 DM zu erhöhen sowie die Revision des FA als unbegründet zurückzuweisen.

Die geltend gemachten Aufwendungen seien entweder Betriebs-ausgaben im Rahmen eines gewerblichen Grundstückshandels oder Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung. Bei dem geplanten Hotel garni mit Ladenlokal handle es sich um ein Großobjekt im Sinne der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH). Großobjekt sei alles, was über ein Ein- oder Zweifamilienhaus hinausgehe. Die Tätigkeit der Klägerin entspreche nach ihrem wirtschaftlichen Kern der Tätigkeit eines Bauträgers. Sie habe die Grundstücke angeschafft, die maßgebliche Bauplanung durchführen lassen und Baugenehmigungen beantragt und Handwerker mit der Bauausführung beauftragt. Sie habe zumindest eine bedingte Verkaufsabsicht gehabt. Ggf. hätte das FG insoweit den Sachverhalt weiter aufklären müssen. Bis auf die AfA seien damit sämtliche Aufwendungen abziehbar.

Das FG habe ferner zu Unrecht eine Vermietungsabsicht verneint. Vermietungs- und Veräußerungsabsicht schlössen sich keineswegs aus. Insoweit habe das FG allgemeine Erfahrungssätze unbeachtet gelassen. Im Übrigen gebe es keinen Erfahrungssatz, dass das Brachliegenlassen eines Grundstücks gegen eine Vermietungsabsicht spreche. Das FG hätte zudem berücksichtigen müssen, dass die Klägerin durch einen erneuten Bauantrag im Jahr 1992 nochmals ihre Vermietungsabsicht zum Ausdruck gebracht habe. In jedem Fall müssten die Aufwendungen im 1. Obergeschoss des Gebäudes anerkannt werden. Die Voraussetzungen für eine Kompensation entsprechend dem Revisionsantrag des FA nach § 177 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) lägen nicht vor.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Revisionen sind begründet. Das Urteil des FG ist aufzuheben. Die Sache ist zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO).

A. Revision der Klägerin

1. Zu Recht ist das FG davon ausgegangen, dass die Klägerin bis zum 31. Dezember 1990 keinen gewerblichen Grundstückshandel betrieben hat.

a) Ein gewerblicher Grundstückshandel kommt nach nunmehr ständiger Rechtsprechung des BFH in der Regel dadurch zustande, dass der Steuerpflichtige eine Anzahl von bebauten oder unbebauten Grundstücken kauft, ggf. be- oder umbaut und sie in engem zeitlichen Zusammenhang hiermit veräußert. Im Allgemeinen wird ein gewerblicher Grundstückshandel dann angenommen, wenn der Steuerpflichtige mehr als drei Objekte innerhalb von fünf Jahren veräußert (vgl. insbesondere BFH, Großer Senat, Beschlüsse vom 3. Juli 1995 GrS 1/93, BFHE 178, 86, BStBl II 1995, 617, m.w.N.; vom 10. Dezember 2001 GrS 1/98, BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291).

b) Danach liegen im Streitfall die Voraussetzungen für einen gewerblichen Grundstückshandel nicht vor. Die Klägerin erwarb im Jahr 1983 ein bebautes Grundstück und 1985 das unbebaute Nachbargrundstück. Beide Grundstücke waren bis zum Ende der mündlichen Verhandlung am 13. Dezember 2001, d.h. 16 bzw. 18 Jahre nach dem Erwerb noch nicht veräußert. Die nach Feststellung des FG rein treuhänderische Übertragung im Jahr 1986 hat das wirtschaftliche Eigentum der Klägerin an den Grundstücken unberührt gelassen (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO 1977).

Nach den Feststellungen des FG hat sich die Klägerin zudem zu keinem Zeitpunkt um die Veräußerung der Grundstücke bemüht. Allein die Tatsache, dass die Klägerin als Immobilienmaklerin tätig war und aufgrund dieser Tätigkeit gewerbliche Gewinne erzielte, begründet noch keinen gewerblichen Grundstückshandel (vgl. ähnlich für einen Architekten BFH-Beschluss vom 14. März 1989 VIII R 96/84, BFH/NV 1989, 784). Einer im Grunde stets bestehenden bedingten Veräußerungsabsicht kommt allein keine Bedeutung zu (Großer Senat des BFH in BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291, unter C. III. 5.).

2. Das FG ist zwar auch zu Recht davon ausgegangen, dass die Klägerin die geltend gemachten Aufwendungen als vorab entstan-dene Werbungskosten nur geltend machen kann, wenn bzw. solange sie die Absicht hatte, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen. Die Feststellungen des FG, die Klägerin habe bereits im Jahr 1985 ihre Einkunftserzielungsabsicht wieder aufgegeben, widerspricht aber allgemeinen Erfahrungssätzen.

a) Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG erzielt, wer ein Grundstück gegen Entgelt zur Nutzung überlässt und beabsichtigt, auf die voraussichtliche Dauer der Nutzung des Grundstücks einen Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 10. Oktober 2000 IX R 52/97, BFH/NV 2001, 587; vom 4. Dezember 2001 IX R 70/98, BFH/NV 2002, 635). Die Absicht, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen, kann schon vor Abschluss eines Nutzungsüberlassungsvertrages vorliegen. Dementsprechend können bereits vor dem Anfall von Einnahmen Aufwendungen als vorab entstandene Werbungskosten abgezogen werden, sofern ein ausreichend bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und der Einkunftsart besteht, in deren Rahmen der Abzug begehrt wird. Aufwendungen für ein (noch) nicht vermietetes Objekt können aber nur dann berücksichtigt werden, wenn anhand der objektiven Umstände festzustellen ist, dass der Steuerpflichtige den Entschluss zur Einkunftserzielung endgültig gefasst und später nicht wieder aufgegeben hat (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 14. Februar 1995 IX R 74/92, BFH/NV 1995, 1051; BFH-Beschluss vom 21. September 2000 IX B 75/00, BFH/NV 2001, 585). Das Fehlen einer vorübergehenden Nutzung schließt eine Einkunftserzielungsabsicht nicht zwingend aus (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 27. Januar 1993 IX R 64/88, BFH/NV 1993, 528). Es kommt auf die jeweiligen Gesamtumstände an.

b) Die Feststellung der Einkunftserzielungsabsicht unterliegt der tatrichterlichen Würdigung des FG, an die das Revisionsgericht grundsätzlich gebunden ist (§ 118 Abs. 2 FGO; vgl. z.B. BFH-Urteil in BFH/NV 2002, 635, m.w.N.). Die Würdigung des FG darf jedoch nicht gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen (vgl. z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 118 Rdnr. 30, m.w.N.).

Aufgrund der Feststellungen des FG und unter Berücksichtigung allgemeiner Erfahrungssätze ist die Annahme des FG, die Klägerin habe bereits im Jahr 1985 die Absicht, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen, wieder aufgegeben, nicht möglich.

aa) Es ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass die Klägerin bei Erwerb des bebauten Grundstücks im Jahr 1983 die Absicht hatte, das aufstehende Gebäude nach Umbaumaßnahmen teils als Gaststätte und Pächterwohnung zu verpachten bzw. zu vermieten, teils selbst betrieblich zu nutzen. Dem ist das FG gefolgt. Der erkennende Senat ist daran gebunden.

Davon ausgehend widerspricht die Schlussfolgerung des FG, die Klägerin habe die Einkunftserzielungsabsicht im Jahr 1985 aufgegeben, unter Berücksichtigung der Feststellungen des FG allgemeinen Erfahrungssätzen. Die Klägerin hat noch im Jahr 1985 mit erheblichem Finanzierungsaufwand die Gaststätte eingerichtet, insbesondere eine Gaststättentheke für 53 300 DM einbauen lassen. Nach den Feststellungen des FG war die Gaststätte 1986 "komplett eingerichtet". Diese unstreitigen Tatsachen sprechen nach allgemeiner Erfahrung für eine geplante Verpachtung und gegen eine Veräußerungsabsicht, denn zum Verkauf bestimmte Objekte werden nicht mehr vom Verkäufer "eingerichtet". Käufer pflegen typischerweise das erworbene Gebäude nach eigenen Vorstellungen einzurichten, so dass nach allgemeiner Lebenserfahrung ein Verkäufer, der zudem wie die Klägerin sich in finanziellen Schwierigkeiten befindet, nicht mehr in eine neue Einrichtung investiert.

Nach den Feststellungen des FG waren ferner die Umbaumaßnahmen erst 1986 fertig gestellt. Aus der Tatsache, dass 1985 und ggf. 1986 noch kein Pachtvertrag über die Gaststätte abgeschlossen war ―was die Klägerin allerdings bestritten hatte―, lässt sich daher noch nicht auf den Wegfall der Einkunftserzielungsabsicht schließen.

bb) Nicht nachvollziehbar ist ferner die Feststellung des FG, aus der Tatsache der treuhänderischen Grundstücksübertragung ergebe sich die Aufgabe einer Einkunftserzielungsabsicht, weil die Klägerin "alles daran gesetzt habe, das Grundstück zu behalten". Auch zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung musste sie Eigentümerin der Grundstücke bleiben.

cc) Allgemeiner Lebenserfahrung widerspricht auch die Annahme des FG, das Fehlen eines Nutzungsüberlassungsvertrages im Jahr 1985 spreche für die Aufgabe der Einkunftserzielungsabsicht. Die Klägerin hatte erst Mitte 1985 das unbebaute Nachbargrundstück erworben und anschließend eine Neuplanung unter Einbezug beider Grundstücke in Auftrag gegeben. Auch hat die Klägerin den Bauschein für den Umbau in ein Hotel garni erst Anfang 1987 erhalten. Unter diesen Umständen aus dem Fehlen eines Nutzungsüberlassungsvertrags im Jahr 1985 auf einen Wegfall der Einkunftserzielungsabsicht zu schließen ist nicht denkbar, sofern nicht besondere Umstände hinzutreten. Solche sind bislang nicht festgestellt.

3. Der Senat kann auf Grund der vorliegenden Feststellungen des FG nicht abschließend darüber entscheiden, ob, ggf. wann die Klägerin die Absicht, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung des Erdgeschosses und der Pächterwohnung (2. Obergeschoss) zu erzielen, gefasst und ggf. aufgegeben hat (BFH-Urteil in BFH/NV 2002, 635).

a) Zwar spricht die Tatsache, dass ein Steuerpflichtiger über einen längeren Zeitraum ein bebautes Objekt weder selbst nutzt noch vermietet oder verpachtet, im Allgemeinen gegen eine Einkunftserzielungsabsicht. Im Streitfall hatte die Klägerin aber erst 1985 das unbebaute Nachbargrundstück erworben, das sie unter Einbeziehung des vorhandenen Altbaus bebauen lassen wollte. Anschließend geriet sie nach den Feststellungen des FG in Zahlungsschwierigkeiten. Allein diese müssen nicht für eine Aufgabe der Einkunftserzielungsabsicht sprechen (vgl. z.B. BFH- Urteile vom 8. Februar 1983 VIII R 130/79, BFHE 138, 195, BStBl II 1983, 554; vom 6. Dezember 1994 IX R 11/91, BFHE 176, 221, BStBl II 1995, 192). Dass sie faktisch zum Verkauf zwangen, ist bislang nicht festgestellt. Da im Grunde stets eine bedingte Veräußerungsabsicht besteht (vgl. Beschluss des Großen Senats in BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291, unter C. III. 5.), kann das Bekunden der Klägerin, sie hätte seinerzeit das Anwesen verkauft, wenn ein entsprechendes Angebot an sie herangetragen worden wäre, allein nicht entscheidend sein.

Auch ergibt sich aus dem vom FG ausdrücklich in Bezug genommenen Protokoll über die mündliche Verhandlung, dass das Grundstück zeitweise unter Zwangsverwaltung stand. Dadurch war der Klägerin die Verwaltung und Benutzung des Grundstücks entzogen (§ 148 Abs. 2 des Gesetzes über Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung ―ZVG―). Das Fehlen eines Nutzungsüber-lassungsvertrages muss daher nicht auf dem Wegfall einer Einkunftserzielungsabsicht beruhen.

b) Die Sache ist daher zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen. Das FG hat die notwendigen Feststellungen nachzuholen und erneut unter Würdigung der Gesamtumstände zu entscheiden. Es wird, ggf. durch Einvernahme von Angestellten der das Objekt finanzierenden Banken aufzuklären haben, ob die Klägerin die Absicht hatte, das zu einem Hotel garni umzubauende Grundstück zu veräußern oder zu verpachten. Die Aussage, nach Einschätzung der Banken habe sich seinerzeit die Marktsituation für Hotels verschlechtert, lässt offen, ob damit ein Verkauf oder eine Verpachtung des Objekts gemeint war. Über die Frage, welche Absichten die Klägerin mit dem 1992 neu geplanten Objekt verfolgt, ist hier nicht zu entscheiden.

Das FG wird zu berücksichtigen haben, dass ―wie sich aus dem in Bezug genommenen Protokoll über die mündliche Verhandlung ergibt― der Erwerb des Anwesens u.a. mit Darlehen eines Bierverlages finanziert wurde. Erfahrungsgemäß sind derartige Verträge mit langjährigen Getränkeabnahmeverpflichtungen für den Darlehensnehmer verbunden. Solche werden typischerweise nicht eingegangen, wenn der Verkauf des Objekts beabsichtigt ist. Es wird auch festzustellen sein, ob, wie bislang im Urteil unterstellt, eine Vermietung der Gaststättenräume unter Berücksichtigung der nach Erwerb des Nachbargrundstücks geplanten Gebäudeerweiterung bautechnisch überhaupt möglich war. Sollte dies nicht der Fall sein, spricht das Fehlen eines Nutzungsüberlassungsvertrages noch nicht gegen die Aufgabe der Einkunftserzielungsabsicht.

c) Sollte sich die Klägerin nach der im zweiten Rechtsgang gewonnenen Überzeugung des FG seinerzeit noch nicht entschieden haben, ob das Grundstück mit dem geplanten Hotel garni verkauft oder langfristig vermietet werden soll, so fehlt es an der Einkunftserzielungsabsicht (z.B. BFH-Urteile vom 15. September 1992 XI R 15/91, BFH/NV 1994, 301, m.w.N.; vom 30. März 1999 VIII R 30/96, BFH/NV 1999, 1321).

B. Revision des FA

Die Revision des FA ist dem Grunde nach begründet.

In den nach § 10d Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 Satz 1 EStG erstmals zum 31. Dezember 1990 festzustellenden verbleibenden Verlustabzug gehen die aus den Vorjahren stammenden und noch nicht ausgeglichenen Verluste ein (BFH-Beschluss vom 5. April 1995 I B 126/94, BFHE 177, 231, BStBl II 1995, 496). Die Verlusterhöhung durch die degressive AfA für die Eigentumswohnung ist mit solchen von der Klägerin geltend gemachten Verlusten zu verrechnen, für die das FG die Einkunftserzielungsabsicht verneint. Die Verrechnung wird allein durch das Verböserungsverbot begrenzt (Gräber/von Groll, a.a.O., § 96 Rdnr. 5, m.w.N.).

Über die Höhe der Kompensation ist im zweiten Rechtsgang zu entscheiden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 962734

BFH/NV 2003, 1315

HFR 2003, 966

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