Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewerbesteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Der Mitunternehmer einer Unternehmergemeinschaft im Sinne des § 2 Abs. 2 Ziff. 1 GewStG schuldet gemäß § 5 GewStG in seiner für den Erhebungszeitraum 1960 geltenden Fassung die Gewerbesteuer nach dem Ertrag der Unternehmergemeinschaft als Gesamtschuldner unmittelbar und unbeschränkt. Die Gewerbesteuerpflicht wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß er daneben keinen eigenen Gewerbebetrieb unterhält. Wenn der Mitunternehmer anstatt als Gesamtschuldner für den ganzen Ertrag nur nach einen Anteil am Ertrag der Unternehmergemeinschaft zur Gewerbesteuer herangezogen wird, liegt regelmäßig keine Beschwer vor.

 

Normenkette

GewStG § 2 Abs. 2 Ziff. 1, § 5

 

Tatbestand

Der Revisionskläger (Steuerpflichtige - Stpfl. -) betrieb bis 1959 ein Baugeschäft mit Sägewerk und war seit 1958 als Bauunternehmer an einer aus drei Mitgliedern bestehenden Arbeitsgemeinschaft beteiligt. Im Jahre 1959 übertrug der Stpfl. das Baugeschäft durch Verkauf des beweglichen Anlagevermögens und Verpachtung der Betriebsgrundstücke an seinen Sohn. Forderungen und Verbindlichkeiten sowie die Beteiligung an der Arge behielt er zurück. Im gleichen Zeitraum veräußerte er die Einrichtung und den Warenvorrat des Sägewerks an verschiedene Abnehmer.

Aus der Beteiligung an der Arge, die ihren vollen Gewinn erst 1960 auswies, entfiel auf den Stpfl. ein Gewinnanteil von rund ... DM, den der Revisionsbeklagte (Finanzamt - FA -) durch Meßbescheid 1960 beim Stpfl. zur Gewerbesteuer heranzog.

Die hiergegen gerichtete Sprungberufung blieb erfolglos. Zur Begründung führte das Finanzgericht (FG) aus:

Zwar seien nach dem Urteil des BFH IV 313/59 U vom 23. Februar 1961 (BStBl 1961 III S. 194, Slg. Bd. 72 S. 533) Arbeitsgemeinschaften, die wie im Streitfall nach außen im eigenen Namen aufträten, in der Regel ohne Rücksicht auf die Dauer ihres Bestehens sowie auf die Anzahl der beteiligten Unternehmer und der zur Ausführung kommenden Aufträge gewerbesteuerpflichtige Unternehmergemeinschaften im Sinne des § 2 Abs. 2 Ziff. 1 GewStG. Gleichwohl sei die angefochtene Heranziehung des anteiligen Gewerbeertrags entsprechend der auf der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs (RFH) beruhenden Verwaltungsübung nicht zu beanstanden. Denn das Bayerische Staatsministerium der Finanzen habe sich in der Entschließung vom 21. August 1961 (L 1401 - 1/20 - 49257 I) damit einverstanden erklärt, daß Arbeitsgemeinschaften, die auf Grund der früheren Rechtsprechung vom Richtliniengeber nicht als gewerbesteuerpflichtig angesehen wurden, im Streitjahr noch nach der bisherigen gewerbesteuerlichen Praxis behandelt würden. Diese Verwaltungsanweisung einer obersten Finanzbehörde sei als Anpassungsregelung nach der Rechtsprechung des BFH von den FGen zu beachten. Der Stpfl. sei auch in 1960 noch gewerbesteuerpflichtig gewesen, da das Baugeschäft in 1959 nicht im ganzen auf den Sohn übergegangen sei. Vielmehr habe der Stpfl. im Streitjahr in Gestalt der nicht übertragenen Verbindlichkeit und Forderungen einschließlich des Gewinnanspruchs an die Arge einen gewerbesteuerlich noch nicht voll abgewickelten Restbetrieb ausgeübt.

Mit der Rb. (Revision) wird geltend gemacht, die Anwendung der minsteriellen Verwaltungsanweisung setze Arbeitsgemeinschaften voraus, die noch eine eigene gewerbesteuerrechtserhebliche Unternehmertätigkeit ausübten. Diese Voraussetzung fehle vorliegend, da der Stpfl. seinen Gewerbebetrieb schon 1959 eingestellt und im Streitjahr eine werbende Tätigkeit nicht mehr entfaltet habe.

Dem hält das FA entgegen, der Gewinn der Arge sei unstreitig durch eine gewerbliche Tätigkeit im Sinne des Gewerbesteuerrechts erzielt worden. Ihn nicht zur Gewerbesteuer heranzuziehen, widerspräche dem Willen des Gesetzgebers und der Gleichmäßigkeit der Besteuerung.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das FG.

Für die Entscheidung der Sache kann dahinstehen, ob das Einzelunternehmen des Stpfl. im Jahre 1959 durch übertragung der wesentlichen Betriebsgrundlagen mittels Veräußerung und Verpachtung im ganzen auf den Sohn übergegangen war mit der Folge, daß der Stpfl. insoweit mangels einer Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr nicht mehr gewerbesteuerpflichtig war.

Unentschieden kann auch bleiben, ob die Entschließung des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen vom 21. August 1961 den Charakter einer die FGe bindenden übergangsregelung im Sinne des BFH-Urteile I 39/57 U vom 14. August 1958 (BStBl 1958 III S. 409, Slg. Bd. 67 S. 354) und VI 134/58 U vom 1. April 1960 (BStBl 1960 III S. 231, Slg. Bd. 70 S. 621) hatte.

Entscheidend ist dagegen, ob die Arge als Gesellschaft im Sinne des § 2 Abs. 2 Ziff. 1 GewStG im Erhebungszeitraum 1960 noch einen stehenden Gewerbebetrieb im Sinne des § 2 Abs. 1 GewStG unterhalten hat. War diese Voraussetzung erfüllt, so ist der gegen den Stpfl. erlassene Meßbescheid dem Grunde und der Höhe nach rechtlich nicht zu beanstanden. Denn in diesem Falle schuldete, wie sich aus § 5 Abs. 1 GewStG in seiner für das Streitjahr geltenden Fassung ergibt, der Stpfl. als Mitunternehmer die Gewerbesteuer nach dem vollen Ertrag der Gesellschaft in voller Höhe als Gesamtschuldner. Wird in Fällen dieser Art ein Mitunternehmer nur zu einem Teil der Gewerbesteuer nach dem vollen Ertrag oder zur vollen Gewerbesteuer nach einem Anteil am Ertrag der Gesellschaft herangezogen, so ist er nicht beschwert (vgl. BFH-Urteil IV 313/59 U, a. a. O.). Wie der Große Senat in seinem Beschluß Gr. S. 3/64 S vom 29. November 1965 (BStBl 1966 III S. 158) ausgeführt hat, schuldet die Gesellschaft als solche nicht die Gewerbesteuer. Vielmehr schulden die Gesellschafter die Gewerbesteuer unmittelbar. Die Gewerbesteuerpflicht eines Gesellschafters wird deshalb nicht dadurch ausgeschlossen, daß er daneben keinen eigenen Gewerbebetrieb unterhält.

Der festgestellte Sachverhalt läßt nicht erkennen, ob die Arge im streitigen Erhebungszeitraum noch einen stehenden Gewerbebetrieb unterhalten hat. Die Sache geht daher zur erneuten Entscheidung nach Aufklärung dieses Punktes an die Vorinstanz zurück.

 

Fundstellen

Haufe-Index 412109

BStBl III 1966, 398

BFHE 1966, 237

BFHE 86, 237

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