Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Gewährt ein Unternehmer anläßlich eines Betriebsausflugs an seine Arbeitnehmer Barzuwendungen, so können diese unter den gleichen Voraussetzungen wie Sachzuwendungen lohnsteuerfrei bleiben, wenn sichergestellt ist, daß sie nur für den vorausgesetzten Zweck verwendet werden.

 

Normenkette

EStG § 19/1; EStG § 19/1/1; LStR Abschn. 11

 

Tatbestand

Die Bfin. hat im Jahre 1960 einen Betriebsausflug veranstaltet und den teilnehmenden Betriebsangehörigen ein Zehrgeld von je 12,40 DM und, soweit sie verheiratet waren, ein zusätzliches Zehrgeld von je 2,40 DM, insgesamt 3.720 DM, gewährt. Die Fahrtkosten von 7,60 DM je Teilnehmer hat sie an das Beförderungsunternehmen unmittelbar gezahlt. Lohnsteuer ist nicht einbehalten worden. Das Finanzamt zog die Bfin. wegen der Barzuwendungen an die Betriebsangehörigen als Haftende heran, weil sie auf die Zuwendungen hätte Lohnsteuer einbehalten müssen.

Die Sprungberufung blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht sah in den Barzuwendungen nicht bloß eine Annehmlichkeit. Mit dem Finanzamt hielt es das Finanzgericht auch nicht für zulässig, Barzuwendungen ebenso zu behandeln wie Sachzuwendungen, die unter bestimmten Voraussetzungen steuerfrei bleiben könnten.

Mit ihrer Rb. rügt die Bfin. unrichtige Anwendung des bestehenden Rechts. Nach ihrer Ansicht können die Barzuwendungen nicht der Lohnsteuer unterworfen werden. Hätte sie, so macht sie geltend, in gleicher Höhe Sachzuwendungen gewährt, so wären diese steuerfrei gewesen. Es gehe nicht an, die Barzuwendungen anders zu behandeln. Dies würde gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen. Das Finanzgericht halte es zu Unrecht für unerheblich, daß ihre Betriebsangehörigen bei der Verwendung der Zuwendungen gebunden gewesen seien. Es habe sich nicht um einen privaten Ausflug, sondern um einen Betriebsausflug gehandelt. Sie sei zur Gewährung von Barzuwendungen praktisch gezwungen gewesen, weil anders der Betriebsausflug kaum durchzuführen gewesen wäre.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. führte zur Aufhebung der Vorentscheidung.

Der Senat hat in dem Urteil VI 176/60 S vom 7. Juli 1961 (BStBl 1961 III S. 443, Slg. Bd. 73 S. 485) zur Steuerfreiheit von Sachzuwendungen aus Anlaß von Betriebsausflügen Stellung genommen. Er hat zwischen den den einzelnen Betriebsangehörigen zuzurechnenden Sachzuwendungen und den für die Gesamtheit aufgewendeten Zuwendungen unterschieden und zu den ersteren auch die Fahrtkosten gerechnet, selbst wenn sie nicht dem einzelnen Betriebsangehörigen ausgezahlt wurden. In übereinstimmung mit Abschn. 11 LStR hat der Senat Sachzuwendungen, die nicht höher als 20 DM bis 25 DM jährlich sind, als steuerfreie Annehmlichkeit angesehen. Im Urteil VI 327/61 vom 13. Juli 1962 (Der Betrieb 1962 S. 1360) hat der Senat die in dem Urteil VI 176/60 S a. a. O. entwickelten Grundsätze dahin ergänzt, daß es für die Beurteilung der üblichkeit der Zuwendungen nicht auf die Dauer des Betriebsausflugs, sondern auf die Zahl der beteiligten Arbeitnehmer ankommt und daß die Angehörigen der Arbeitnehmer hierbei nicht zu berücksichtigen sind.

Wenn das Finanzgericht die zu der lohnsteuerlichen Behandlung von Sachzuwendungen entwickelten Grundsätze nicht auch für Barzuwendungen gelten lassen will, so kann dem in dieser allgemeinen Form nicht zugestimmt werden. Dem Finanzgericht ist zwar zuzugeben, daß Sachzuwendungen und Barzuwendungen sich in der Regel dadurch unterscheiden, daß der Empfänger in der Verwendung bei Barzuwendungen freier gestellt ist als bei Sachzuwendungen. Das braucht aber nicht immer so zu sein. Die Verhältnisse können im Einzelfall so liegen, daß eine andere Verwendung als die vom Arbeitgeber vorausgesetzte so gut wie ausgeschlossen ist. Das gilt z. B. für das tarifliche Waschgeld bei Kaminkehrergesellen, über das im Urteil des Senats VI 197/60 U vom 10. November 1961 (BStBl 1962 III S. 50, Slg. Bd. 74 S. 130) zu entscheiden war. ähnlich liegt auch der Fall bei Abschn. 11 LStR betreffend Barzuwendungen aus Anlaß des 1. Mai. Der Senat ist mit dem Finanzgericht der Auffassung, daß Barzuwendungen nicht wie Sachzuwendungen steuerfrei bleiben können, wenn der Arbeitnehmer in der Verwendung der Barzuwendungen freigestellt ist, z. B. wenn Barzuwendungen zwar aus Anlaß eines Betriebsausflugs allen Arbeitnehmern gewährt werden, es aber jedem Arbeitnehmer überlassen bleibt, ob er an dem Betriebsausflug teilnimmt. Für eine unterschiedliche Behandlung von Sach- und Barzuwendungen besteht aber kein Grund, wenn es gesichert ist, daß die Arbeitnehmer die Barzuwendungen tatsächlich nicht anders als zu dem vorausgesetzten Zweck verwenden können. Gewährt ein Arbeitgeber bei einem Betriebsausflug statt Sachzuwendungen Barzuwendungen in einem solchen Rahmen, daß nach der Lebenserfahrung die am Betriebsausflug teilnehmenden Arbeitnehmer sich dafür nur das verschaffen können, was ihnen sonst als Sachzuwendungen steuerfrei hätte gewährt werden können, so können die Barzuwendungen nicht anders behandelt werden als Sachzuwendungen.

Das angefochtene Urteil, das mit den vorstehenden Grundsätzen nicht in Einklang steht, war danach aufzuheben. Weil nur noch zu prüfen ist, ob die von der Bfin. gewährten Barzuwendungen einschließlich der Fahrtkosten und der von der Bfin. etwa schon anderweit gewährten Zuwendungen die Grenze von 20 DM bis 25 DM jährlich nicht übersteigen, ist es zweckmäßig, die Sache an das Finanzamt zurückzuverweisen, das nunmehr im Einspruchsverfahren nach den vorstehenden Grundsätzen zu entscheiden hat.

 

Fundstellen

Haufe-Index 410964

BStBl III 1963, 562

BFHE 1964, 660

BFHE 77, 660

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