Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Wird ein zum Bau eines Hauses aufgenommenes Darlehen entsprechend den getroffenen Vereinbarungen um einen als Damnum vereinbarten Betrag gekürzt, so wendet der Darlehnsnehmer den vollen Betrag des Damnums bereits im Jahr der Darlehnsgewährung auf und kann ihn bei seinen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung als Werbungskosten abziehen. Das Damnum wird dann ebenso behandelt wie bereits bisher die Geldbeschaffungskosten (Urteil VI 19/57 U vom 24. April 1959, BStBl 1959 III S. 236, Slg. Bd. 68 S. 619).

 

Normenkette

EStG §§ 9, 11 Abs. 2, § 21

 

Tatbestand

Die Steuerpflichtigen (Stpfl.) haben im Jahre 1956 ein Haus gebaut und zur Finanzierung ein hypothekarisch gesichertes Darlehen von 43.000 DM aufgenommen, von dem ein Teilbetrag von 21.000 DM am 24. Oktober 1956 ausgezahlt wurde. Die das Darlehen gewährende Bank behielt hiervon als Geldbeschaffungskosten 2 v. H. (= 420 DM) ein, außerdem Bereitstellungszinsen von 621,83 DM, Taxkosten in Höhe von 80 DM und eine Unkostenentschädigung von 215 DM. Ende 1956 bezahlten die Stpfl. der Darlehnsgläubigerin eine weitere Unkostenentschädigung von 215 DM. Das Finanzamt (FA) ließ von diesen Beträgen lediglich die zuletzt gezahlte Unkostenentschädigung von 215 DM zum Abzug zu und außerdem von den übrigen einbehaltenen Beträgen einen Teilbetrag von 41,77 DM, der sich aus der Verteilung dieser Aufwendungen auf die Laufzeit des Darlehens ergab.

Die Sprungberufung der Stpfl. hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) sah die sämtlichen bei der Auszahlung des Darlehens einbehaltenen Beträge als Damnum an, das steuerlich auf die Laufzeit des Darlehens zu verteilen sei. Nach § 11 Abs. 2 EStG könne deshalb bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung im Streitjahr nur ein anteiliger Betrag als Werbungskosten abgezogen werden. Eine andere Behandlung sei nur möglich, wenn vereinbart worden wäre, die Tilgungsraten während einer bestimmten Zeit zur Tilgung des Damnums zu benutzen (sogenannte "Tilgungsstreckung"). Eine solche Vereinbarung liege aber im Streitfall nicht vor.

Die Stpfl. rügen mit ihrer nach dem Inkrafttreten der FGO als Revision zu behandelnden Rb. unrichtige Anwendung des geltenden Rechts. Das FG habe ebenso wie das FA zu Unrecht die gesamten streitigen Aufwendungen als Damnum angesehen. Für die Bereitstellungszinsen und die Unkostenentschädigungen hätten feste Zahlungstermine bestanden, so daß auch nach den Grundsätzen des FG der sofortige Abzug im Jahre 1956 zulässig gewesen sei. Dasselbe müsse auch für die Taxkosten gelten, die von der Bank bei der Auszahlung des Darlehnsteilbetrags einbehalten und damit von ihnen gezahlt worden seien. Die Stpfl. beantragen,

die streitigen Aufwendungen bei der Einkommensteuerveranlagung für 1960 in voller Höhe als Werbungskosten anzuerkennen.

Der Vorsteher des FA bittet, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung.

Der Große Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat im Beschluß Gr. S. 2/64 S vom 6. Dezember 1965 (BStBl 1966 S. 144) entschieden, daß für die steuerliche Berücksichtigung des Damnums bei Tilgungsdarlehen die von den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen maßgebend sind, wenn nach ihnen verfahren wird. Vereinbart der Darlehnsgeber mit dem Darlehnsnehmer, daß er den Darlehnsbetrag bei der Auszahlung eines Tilgungsdarlehns um das Damnum kürzen darf, so liegt hierin nach der Entscheidung des Großen Senats bereits die Tilgung des ganzen Damnums durch den Darlehnsnehmer, wenn der Darlehnsgeber nur den um das Damnum gekürzten Betrag auszahlt. Soweit dem Urteil VI 62/63 S vom 8. November 1963 (BStBl 1964 III S. 31, Slg. Bd. 78 S. 82) eine andere Rechtsauslegung zugrunde lag, ist sie durch die Entscheidung des Großen Senats Gr. S. 2/64 S. a. a. O.) überholt.

Die angefochtene Entscheidung ist von einer anderen Rechtsauffassung ausgegangen. Das FG hat - entsprechend der bisherigen Beurteilung - nicht geprüft, ob die bei der Auszahlung des Darlehens vorgenommenen Kürzungen nicht bereits die Abdeckung des Damnums im Sinn von § 11 Abs. 2 EStG bedeuteten, und ob der Kürzungsbetrag ganz oder teilweise demgemäß bei den Einkünften der Stpfl. aus Vermietung und Verpachtung als Werbungskosten zu berücksichtigen ist. Es hat auch keine Feststellungen getroffen, die ausreichen, um dem Senat eine Entscheidung hierüber zu ermöglichen. Die Vorentscheidung war deshalb aufzuheben und die Sache zur Prüfung dieser Frage an das FG zurückzuverweisen.

Im übrigen tritt der Senat auch der Auffassung des FG nicht bei, daß der ganze bei der Auszahlung des Darlehens von der Bank einbehaltene Betrag ein "Damnum" gewesen sei. Die Taxkosten und die Bereitstellungszinsen gehören keinesfalls dazu; sie waren bereits nach dem Urteil des Senats VI 19/57 U vom 24. April 1959 (BStBl 1959 III S. 236, Slg. Bd. 68 S. 619) als Geldbeschaffungskosten im Jahr der Verausgabung in voller Höhe abzugsfähig.

Das FG hat bei seiner erneuten Entscheidung deshalb nur zu prüfen, ob die als "Geldbeschaffungskosten" und "Unkostenentschädigung" bezeichneten Beträge ein "Damnum" waren. Dabei hat es zu beachten, daß die bisher zwischen "Damnum" und "Geldbeschaffungskosten" vorgenommenen Unterscheidung durch die Entscheidung des Großen Senats des BFH weiterhin ihre Bedeutung verloren hat, nachdem auch als Damnum vereinbarte Beträge unter Umständen bereits bei der Auszahlung des Darlehens voll abzugsfähig sind. Bei beiden Arten von Ausgaben kommt es für den Abzug als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung jetzt nur noch darauf an, welche Vereinbarungen über die Tilgung getroffen wurden und ob nach der vertraglichen Regelung verfahren wurde.

 

Fundstellen

Haufe-Index 412038

BStBl III 1966, 349

BFHE 1966, 19

BFHE 86, 19

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