Leitsatz (amtlich)

Die auf den Zeitraum der Eigennutzung des Einfamilienhauses entfallenden und den Grundbetrag übersteigenden Schuldzinsen können nicht als Werbungskosten von einem bei der Veräußerung des Hauses erzielten Spekulationsgewinn abgezogen werden.

 

Normenkette

EStG 1967 § 9 Abs. 1 Nr. 1, § 21 Abs. 2, § 23 Abs. 4; EinfHaus-VO § 2 Abs. 2

 

Tatbestand

Streitig ist die Berücksichtigung von Schuldzinsen bei der Ermittlung eines Spekulationsgewinns aus der Anschaffung und Veräußerung eines Einfamilienhauses.

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) erwarb im März 1970 zum Preis von 75 000 DM ein Einfamilienhaus und veräußerte es ein Jahr später für 103 000 DM. Die Anschaffungs- sowie nachträgliche Herstellungskosten des für eigene Wohnzwecke angeschafften und bis zur Veräußerung von ihm bewohnten Einfamilienhauses finanzierte er mit Hilfe eines Zwischenkredits der ...Bausparkasse. Veranlassung für den Verkauf war das von seiner früheren Ehefrau betriebene Scheidungsverfahren.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) sah in der Anschaffung und Veräußerung des Hauses ein Spekulationsgeschäft im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Dementsprechend errechnete er aus dem Unterschied zwischen dem Veräußerungspreis einerseits und den Anschaffungs- und Herstellungskosten andererseits einen Spekulationsgewinn von 4 407 DM (103 000 abzüglich 98 593 DM), den er der Veranlagung 1971 zugrunde legte. Die auf den Zeitraum der Eigennutzung entfallenden Schuldzinsen berücksichtigte er gemäß § 2 Abs. 2 der Verordnung über die Bemessung des Nutzungswerts der Wohnung im eigenen Einfamilienhaus - Einfamilienhaus-Verordnung - (EinfHaus-VO) bis zur Höhe des Grundbetrages als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.

Einspruch und Klage, mit denen der Kläger geltend machte, ein steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn sei nicht angefallen, weil die nicht zum Abzug gelangten Schuldzinsen als Werbungskosten im Sinne des § 23 Abs. 4 EStG zu berücksichtigen seien, blieben ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) vertrat unter Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 12. August 1966 VI R 159/66 (BFHE 86, 622, BStBl III 1966, 586) die Ansicht, daß die auf die Eigennutzung gerichteten Aufwendungen des Klägers durch die Anwendung der Einfamilienhaus-Verordnung abgegolten seien und demgemäß weder Werbungskosten noch Anschaffungskosten im Sinne des § 23 Abs. 4 EStG noch Sonderausgaben sein könnten.

Mit der Revision rügt der Kläger Verletzung materiellen Rechts (§ 9 Abs. 1, § 23 Abs. 4 EStG, § 1 des Steueranpassungsgesetzes - StAnpG -). Er vertritt die Ansicht: Die Schuldzinsen hingen sowohl mit der Vermietung und Verpachtung als auch mit dem Spekulationsgeschäft zusammen. Sie seien daher beiden Einkunftsarten zuzuordnen. Für die Aufteilung müßten im wesentlichen die gleichen Grundsätze gelten, wie sie die Rechtsprechung für den An- und Verkauf fremdfinanzierter Wertpapiere entwickelt habe. Denn die für den Zwischenkredit zu entrichtenden Zinsen von 9,5 % lägen erheblich über der ortsüblichen Miete und dürften demzufolge nicht oder nur teilweise den laufenden Erträgen aus dem Grundstück gegenübergestellt werden. Von den im Jahre 1970 gezahlten Zinsen stünden lediglich 4,5 % in einem engeren Zusammenhang mit der Nutzung des Grundstücks. Diese Zuordnung sei wirtschaftlich begründel. Denn der Satz von 4,5 v. H. entspreche dem nach der Zuteilung des Bauspardarlehns langfristig zu zahlenden Zins von 4,5 v. H. Die restlichen 5 v. H. (ca. 3 000 DM) seien bei der Ermittlung des Spekulationsgewinns zu berücksichtigen. Dem stehe die fehlende Spekulationsabsicht nicht entgegen, weil dieses Merkmal auch nicht die Voraussetzung für die Annahme eines steuerpflichtigen Spekulationsgewinns sei. Die den Zeitraum nach der Aufnahme der Verkaufsbemühungen betreffenden und 1971 gezahlten Zinsen von 1 912 DM seien in vollem Umfang dem Spekulationsgeschäft zuzuordnen.

Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Einkommensteuer ohne Ansatz eines Spekulationsgewinns festzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

Bei der Anschaffung und Veräußerung des Einfamilienhauses handelt es sich um ein Spekulationsgeschäft im Sinne des § 22 Nr. 2, § 23 EStG (BFH-Urteil vom 17. März 1967 VI R 259/66, BFHE 88, 327, BStBl III 1967, 390). Nach § 23 Abs. 4 EStG ist Gewinn aus einem Spekulationsgeschäft der Unterschied zwischen dem Veräußerungspreis einerseits und den Anschaffungs- oder Herstellungskosten und den Werbungskosten andererseits. Dieser beträgt nach der zutreffenden Berechnung des FA 4 407 DM. Zu Recht hat es die Vorinstanz abgelehnt, von diesem Betrag noch Schuldzinsen in gleicher Höhe abzusetzen.

Schuldzinsen sind Werbungskosten, wenn sie mit einer Einkunftsart in einem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Sie müssen durch die Einkunftserzielung verursacht oder veranlaßt sein (BFH-Urteil vom 3. Juni 1975 VIII R 274/71, BFHE 116, 35, BStBl II 1975, 664). Der Kredit, für den der Kläger die Aufwendungen gemacht hat, diente dem Erwerb und der Instandsetzung des zur Eigennutzung bestimmten Einfamilienhauses und damit der Erzielung von Einnahmen. Die auf den Zeitraum der Eigennutzung entfallenden Schuldzinsen sind daher Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung und gemäß § 2 Abs 2 EinfHaus-VO nur bis zur Höhe des Grundbetrages abzugsfähig. Ihre Eigenschaft als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung verlieren sie nicht dadurch, daß sie nach positiver Regelung nur teilweise zum Abzug gelangen (BFH-Urteil vom 31. Januar 1969 VI R 114/68, BFHE 94, 531, BStBl II 1969, 294).

Die vom Kläger beantragte Aufteilung der Zinsen ist rechtlich nicht zulässig. Denn die spätere Veräußerung des Grundstücks konnte den bereits vorhandenen Zusammenhang zwischen den Kreditzinsen und den Erträgen nicht nachträglich zurückdrängen. Unerheblich ist, daß nach dem Vortrag des Klägers wegen der Höhe der Zwischenzinsen mit einem Überschuß der Einnahmen über die Werbungskosten zunächst nicht zu rechnen war. Denn Schuldzinsen sind bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung grundsätzlich auch dann absetzbar, wenn ihre Höhe zu einem Verlust im betreffenden Veranlagungszeitraum führt. Die Rechtsprechung zum Schuldzinsenabzug bei Kapitaleinkünften, nach der die Zinsen nur bis zur Höhe der Erträge zu berücksichtigen sind (BFH-Urteil vom 26. November 1974 VIII R 266/72, BFHE 114, 229, BStBl II 1975, 331), kann auf den vorliegenden Sachverhalt nicht übertragen werden. Sie beruht auf der Überlegung, daß derjenige, der Wertpapiere mit Fremdmitteln erwirbt und dafür eine den Kapitalertrag übersteigende Zinsbelastung in Kauf nimmt, dies in der Regel im Hinblick auf einen erhofften Kursgewinn bei der Wiederveräußerung tut. Ein vom Eigentümer selbst bewohntes Einfamilienhaus dient dagegen in erster Linie dem eigenen Wohnbedürfnis und nicht der Erzielung eines Gewinns bei einer etwaigen Veräußerung (BFH-Urteile VI R 159/66 und VI R 114/68). Anders als bei Wertpapieren können daher Zinsen, die für die zum Bau oder zum Erwerb des Hauses aufgenommenen Schulden gezahlt werden, auch nicht teilweise von der Zweckbestimmung des Hauses als Wohnung für den Eigentümer gelöst werden.

Dies gilt auch für die Zinsen, die ab dem Zeitpunkt angefallen sind, in dem der Kläger sich erstmals um den Verkauf des Grundstücks bemüht hat. Denn er hat das Grundstück bis zu seiner Veräußerung unverändert und in gleichem Maß wie zuvor als Einkunftsquelle genutzt. Deshalb kann auch ein nach außen erkennbarer Verkaufsentschluß, von dem noch nicht feststeht, ob und wann er zur Erzielung eines Veräußerungsgewinns führt, noch nicht den wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Erzielung von Einkünften nach § 23 EStG begründen. Anhaltspunkte dafür, daß aufgrund der beabsichtigten Veräußerung ein Mehraufwand an Zinsen entstanden ist, sind nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich.

Der Umstand, daß sich ein Teil der vom Kläger aufgewandten Schuldzinsen steuerlich nicht auswirkt, hat hiernach, wie das FG zutreffend ausgeführt hat, seinen Grund allein in der für Einfamilienhäuser vorgeschriebenen Ermittlung des Nutzungswerts der eigengenutzten Wohnung nach der Einfamilienhaus-Verordnung. Diese Regelung ist verfassungsrechtlich einwandfrei und rechtsgültig (Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 3. Dezember 1958 1 BvR 488/57, BVerfGE 9, 3, BStBl I 1959, 68).

 

Fundstellen

Haufe-Index 72949

BStBl II 1979, 30

BFHE 1979, 22

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