Leitsatz (amtlich)
Bürgschaftsprovisionen, die durch Sicherheitsleistung zur Abwendung der Vollziehung eines Steuerbescheides entstanden sind, gehören nicht zu den Aufwendungen für das Verfahren, in dem die Aufhebung des Steuerbescheides angestrebt worden ist.
Normenkette
FGO §§ 139, 149
Tatbestand
In dem Rechtsstreit der Beschwerdeführerin gegen das HZA wegen Ausgleichsteuer wurden dem HZA durch Beschluß des FG VI 922/62 (Z) vom 3. Juli 1969 die Kosten des Verfahrens auferlegt. Die Beschwerdeführerin forderte daraufhin u. a. die Erstattung von 2 591,70 DM, die sie als Avalprovision für eine Bürgschaft zur Abwendung der Vollziehung des angefochtenen Abgabenbescheides zu zahlen hatte. Der Urkundsbeamte ließ diesen Betrag bei der Festsetzung der zu erstattenden Aufwendungen unberücksichtigt. Die Erinnerung wies das FG durch Beschluß B II 65/69 vom 14. August 1970 u. a. mit der Begründung zurück, die Aufwendungen für eine Bürgschaft, die als Sicherheitsleistung für die Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Bescheides durch die Behörde gedient habe, seien nicht zu erstatten, weil sie nur mittelbar mit dem Verfahren zu tun hätten, für das die Aufwendungen zu erstatten seien. Die Aufwendungen seien auch nicht als Kosten der Zwangsvollstreckung zu erstatten. Es handle sich nämlich nicht um Kosten der Zwangsvollstreckung einer gerichtlichen Entscheidung im Sinne der §§ 151 Abs. 2, 150 FGO, sondern um solche der Vollstreckung einer behördlichen Maßnahme, deren Abwehrkosten nicht in die Kostenerstattung des gerichtlichen Verfahrens einbezogen werden könnten. Gegen den Beschluß ließ das FG die Beschwerde zu.
Die Beschwerdeführerin legte, soweit ihr die Erstattung der Kosten für die Avalprovision versagt worden war, mit der Begründung Beschwerde ein, eine wirtschaftliche Betrachtungsweise führe dazu, daß die Kosten der Sicherheitsleistung erstattet werden müßten. Auch die Aufwendungen für das Vorverfahren, in dem die Kosten der Sicherheitsleistung entstanden seien, müßten erstattet werden, um eine Begünstigung des anderen Verfahrensbeteiligten zu vermeiden. Dazu reiche es nicht aus, daß die Aufwendungen als Schadensersatz in einem Verfahren vor den ordentlichen Gerichten geltend gemacht werden könnten. Im vorliegenden Fall habe noch die durch das HZA verursachte lange Verfahrensdauer dazu geführt, daß die Aufwendungen auf den geltend gemachten Betrag aufgelaufen seien.
Das HZA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Beschwerde ist nicht begründet.
Die Avalprovision ist bei der Festsetzung der erstattungsfähigen Aufwendungen nach § 149 FGO nicht zu berücksichtigen. Zu erstattende Aufwendungen im Sinne des § 149 FGO sind nur solche, die gemäß § 139 Abs. 1 FGO zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Dazu gehört die Avalprovision schon deshalb nicht, weil sie tatsächlich nicht der für dieses Kostenfestsetzungsverfahren maßgebenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung gedient hat. Welche Aufwendungen bei der Festsetzung der zu erstattenden Aufwendungen zu berücksichtigen sind, muß nach der gerichtlichen Entscheidung über die Auferlegung der Kosten beurteilt werden, die Grundlage der Kostenfestsetzung ist. Die Festsetzung der zu erstattenden Aufwendungen ist nämlich nur eine Ergänzung dieser gerichtlichen Kostenentscheidung (vgl. Beschluß des BFH Gr. S. 8/66 vom 18. Juli 1967, BFH 90, 156 [159], BStBl II 1968, 59). Durch die Kostenfestsetzung wird die Erstattungsfähigkeit der Einzelkosten eines Verfahrens dem Grunde und der Höhe nach nach Maßgabe der gerichtlichen Kostenentscheidung festgestellt, durch die über die Auferlegung der Kosten des betreffenden Verfahrens entschieden worden ist (vgl. Beschluß des BFH Gr. S. 5-7/66 vom 18. Juli 1967, BFH 90, 150 [153], BStBl II 1968, 56). In diesem Kostenfestsetzungsverfahren sind nur die Aufwendungen des genannten Rechtsstreits wegen Ausgleichsteuer festzusetzen. Die in diesem Rechtsstreit ergangene Kostenentscheidung ist nämlich Grundlage der Kostenfestsetzung, über die in diesem Kostenfestsetzungsverfahren zu entscheiden ist. In dem Rechtsstreit wegen Ausgleichsteuer hat die Beschwerdeführerin die Aufhebung der streitbefangenen Steuerbescheide angestrebt, wie sich insbesondere aus der zur Einleitung des Rechtsstreits eingereichten Berufungsschrift ergibt. Für die Entstehung der Avalprovision war aber die Abhängigkeit der Aussetzung der Vollziehung von einer Sicherheitsleistung ursächlich. Danach kann die Avalprovision allenfalls als Aufwendung für das Verfahren auf Aussetzung der Vollziehung und nicht als Aufwendung für den Rechtsstreit wegen Ausgleichsteuer angesehen werden (vgl. Beschluß des FG Hamburg IV a 8-9/65 H (IIE) vom 16. Juni 1970, EFG 1971, 34).
Es werden jedoch die - allerdings sehr umstrittenen (vgl. Beschluß des Kammergerichts 1 W 1604/67 vom 18. September 1967, NJW 1968, 256 mit weiteren Hinweisen) - Auffassungen vertreten, daß die Kosten der Sicherheitsleistung und insbesondere auch die Provisionen für die als Sicherheit beigebrachten Bankbürgschaften zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus einem für vorläufig vollstreckbar erklärten zivilgerichtlichen Urteil als Kosten der Zwangsvollstreckung nach § 788 ZPO (vgl. Beschlüsse des OLG München 11 W 1267/69 vom 22. Januar 1970, NJW 1970, 1195, und des OLG Stuttgart 8 W 351/55 vom 29. Oktober 1955, NJW 1956, 350) oder als Kosten der Rechtsverteidigung nach § 91 ZPO (vgl. Beschluß des OLG Frankfurt 6 W 26/61 vom 20. März 1961, NJW 1961, 1729) zu erstatten seien. Wenn auch die Sicherheitsleistung zur Hemmung der Vollziehung eines Steuerbescheides mit der Abwendung der Vollstreckung aus einem für vorläufig vollstreckbar erklärten Urteil vergleichbar ist, so ist es doch schon deshalb nicht gerechtfertigt, die Bürgschaftsprovisionen in Anlehnung an die genannten Auffassungen als Kosten des Verfahrens wegen Aufhebung des Steuerbescheides anzusehen, weil das Verfahren wegen Aussetzung der Vollziehung selbständig neben diesem Verfahren steht und mit einer besonderen Kostenentscheidung endet. Das gilt nicht nur für das Verfahren, in dem die Vollziehung auf einen Antrag an das Gericht der Hauptsache hin gemäß § 69 Abs. 3 FGO ausgesetzt wird (vgl. Beschlüsse des BFH IV B 23/66 vom 14. April 1967, BFH 88, 195 [196], BStBl III 1967, 321, und IV S 3/67 vom 3. August 1967, BFH 90, 10, BStBl III 1967, 730; vgl. auch Eyermann-Fröhler, Verwaltungsgerichtsordnung, Kommentar, 5. Aufl., § 80 Rdnr. 50, und Redecker-von Oertzen, Verwaltungsgerichtsordnung, 4. Aufl., § 80 Anm. 54 mit weiteren Hinweisen), sondern ganz besonders auch dann, wenn eine Entscheidung der Verwaltung über die Aussetzung der Vollziehung (§ 242 Abs. 2 AO, § 69 Abs. 2 FGO) im gerichtlichen Verfahren angefochten wird. Wenn eine in dem Verfahren wegen Aussetzung der Vollziehung getroffene Maßnahme für die Entstehung der Bürgschaftsprovisionen ursächlich ist, können diese Provisionen allenfalls als Kosten dieses Verfahrens wegen Aussetzung der Vollziehung angesehen werden. Ob das allerdings gerechtfertigt ist, braucht im vorliegenden Fall nicht entschieden zu werden, da hier nur zu prüfen ist, ob die Avalprovision als Aufwendung für den Rechtsstreit anzusehen ist, in dem die Aufhebung der Steuerbescheide angestrebt worden ist.
Da die Avalprovision nicht der Erreichung dieses Zieles gedient hat, kann sie auch nicht als erstattungsfähige Aufwendung für das Vorverfahren angesehen werden, in dem die in der Berufungsschrift genannte Einspruchsentscheidung ergangen ist.
Auch eine wirtschaftliche Betrachtungsweise rechtfertigt es nicht, die Avalprovision als Aufwendung für den genannten Rechtsstreit wegen Ausgleichsteuer anzusehen. Es muß nämlich auch bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise berücksichtigt werden, daß Ursache für das Entstehen der Avalprovision die Abhängigkeit der Aussetzung der Vollziehung von einer Sicherheitsleistung war und daß diese Abhängigkeit auf einer Entscheidung beruht, die in einem selbständigen Verfahren getroffen worden ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO, die Entscheidung über den Streitwert auf § 140 Abs. 3 FGO.
Fundstellen
Haufe-Index 69653 |
BStBl II 1972, 573 |
BFHE 1972, 330 |