Leitsatz (amtlich)
Vergütungen auf Grund von Arbeitsverträgen zwischen Ehegatten sind nicht als Betriebsausgaben abziehbar, wenn das Arbeitsentgelt auf ein Konto überwiesen wird, dessen alleiniger Inhaber der Arbeitgeber-Ehegatte ist und über das der Arbeitnehmer-Ehegatte lediglich Verfügungsvollmacht hat.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4
Tatbestand
Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind zusammenveranlagte Eheleute. Der Kläger - Ehemann - betreibt ein Einzelhandelsgeschäft, in welchem die Klägerin - Ehefrau - als Angestellte tätig ist. Ein schriftlicher Arbeitsvertrag wurde dem Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt - FA -) 1966 vorgelegt; das FA berücksichtigte das Arbeitsverhältnis bei den Veranlagungen bis 1972.
Nach einer Betriebsprüfung kam das FA zu der Auffassung, daß das Arbeitsverhältnis zwar entsprechend dem vorgelegten Arbeitsvertrag durchgeführt worden sei, steuerrechtlich aber nicht anerkannt werden könne, weil ein Teil des Gehalts, nämlich 800 DM monatlich, auf ein privates Girokonto des Ehemannes überwiesen worden sei und somit den betrieblichen Bereich des Arbeitgebers nicht verlassen habe. Das FA änderte die erklärten Besteuerungsgrundlagen - Erhöhung des Gewinns aus Gewerbebetrieb, Herabsetzung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, Abzug von Arbeitgeberanteilen zur Sozialversicherung als Sonderausgaben - und erließ entsprechende berichtigte Einkommensteuerbescheide für 1971 und 1972 sowie erstmalige Bescheide für 1973 und 1974. Die Einsprüche dagegen blieben erfolglos.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt und führte dazu im wesentlichen aus:
Das Arbeitsverhältnis zwischen den Eheleuten - Klägern - sei steuerrechtlich anzuerkennen, weil es unter Gewährung einer angemessenen Vergütung klar und eindeutig vereinbart und tatsächlich durchgeführt worden sei.
Die Frage nach der steuerrechtlichen Anerkennung von Ehegattenarbeitsverhältnissen sei im Rahmen der freien Beweiswürdigung unter Berücksichtigung aller Umstände im Einzelfall zu beantworten. Im Streitfall sei der Nachweis über ein Arbeitsverhältnis erbracht. Dieses beruhe auf dem schriftlich abgeschlossenen Vertrag vom 1. Februar 1964, der auch unter Fremden übliche Vereinbarungen enthalte. Die Ehefrau habe die ihr zugewiesenen Tätigkeiten tatsächlich erbracht - Führung der Bücher und der Lagerkartei, Betreuung des Rechnungsund Mahnwesens, Aushilfe als Verkäuferin sowie Aufwartung der Verkaufsräume -. Das vereinbarte Gehalt sei angemessen, Sozialversicherungsbeiträge und Lohnsteuer seien einbehalten und abgeführt worden. Die Art und Weise, wie ein Teil des Nettogehalts an die Ehefrau ausgezahlt worden sei, könne die ernsthafte Durchführung des Arbeitsverhältnisses nicht in Frage stellen. Entscheidend sei, daß das Arbeitsentgelt aus dem betrieblichen Bereich des Arbeitgeber-Ehegatten ausscheide. Das sei der Fall, wenn das Arbeitsentgelt auf ein auf den Namen beider oder eines der Ehegatten lautendes Konto zur Bestreitung des gemeinsamen Haushalts und von Unterhaltszwecken gehe und außer Zweifel stehe, daß das "Haushaltskonto" diesen Zwecken diene. Auf die fehlende Alleingläubigerschaft des Arbeitnehmer-Ehegatten über das Konto komme es dann nicht an. Das gelte für den vorliegenden Fall. Die Kläger hätten ein Konto auf den Namen des Ehemanns unter Erteilung einer Verfügungsvollmacht für die Ehefrau eingerichtet, um davon ausschließlich die Ausgaben für den Familienunterhalt und für das 1971 fertiggestellte private Einfamilienhaus zu bestreiten. Auf dieses Konto seien allmonatlich 400 DM Privatentnahmen des Ehemanns und 800 DM des der Ehefrau zustehenden Arbeitsentgelts überwiesen worden.
Mit der - vom FG zugelassenen - Revision rügt das FA unrichtige Anwendung von § 4 Abs. 4, § 19 und § 26 a des Einkommensteuergesetzes (EStG) und macht dazu geltend:
Die Beurteilung durch das FG entspreche nicht den Grundsätzen der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur steuerrechtlichen Anerkennung von Ehegatten-Arbeitsverhältnissen. Hinsichtlich der Zahlung des Arbeitsentgelts auf ein Konto sei erforderlich, daß das Entgelt aus dem betrieblichen Bereich des Arbeitgeber-Ehegatten ausscheide und auf dem Konto dem Zugriff der Gläubiger des Arbeitgeber-Ehegatten entzogen sei.
Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Klageabweisung.
1. Entgegen der Annahme des FG können die umstrittenen Beträge nicht als Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 4 EStG) abgezogen werden.
Nach der Rechtsprechung des BFH sind Arbeitsverhältnisse zwischen Ehegatten auch steuerrechtlich anzuerkennen, wenn sie klar und eindeutig vereinbart und tatsächlich vollzogen sind. Zum tatsächlichen Vollzug eines solchen Arbeitsverhältnisses gehört, daß das vereinbarte Entgelt aus dem betrieblichen Bereich des Arbeitgeber-Ehegatten ausscheidet und in den alleinigen Einkommens- und Vermögensbereich des Arbeitnehmer-Ehegatten gelangt (vgl. BFH-Urteil vom 16. Januar 1974 I R 176/72, BFHE 111, 319, BStBl II 1974, 294). Das ist nicht der Fall, wenn das Arbeitsentgelt auf ein gemeinschaftliches Konto der Eheleute überwiesen wird, über das jeder der Kontoinhaber ohne Mitwirkung des anderen verfügen kann (vgl. BFH-Urteil vom 22. März 1972 I R 152/70, BFHE 105, 351, BStBl II 1972, 614) oder wenn das Geld auf ein eigenes Konto des Arbeitgeber-Ehegatten überwiesen wird, an welchem der Arbeitnehmer-Ehegatte ein Mitverfügungsrecht hat (vgl. BFH-Urteil vom 9. April 1968 I R 157/65, BFHE 92, 281, BStBl II 1968, 524). Unschädlich ist hingegen die Überweisung des Arbeitsentgelts auf ein alleiniges Konto des Arbeitnehmer-Ehegatten, über das der Arbeitgeber-Ehegatte eine unbeschränkte Verfügungsvollmacht besitzt (vgl. BFHE 111, 319, BStBl II 1974, 294). Der letzterwähnten Überweisungsart kann - entgegen der Meinung des FG - nicht der umgekehrte Fall gleichgestellt werden, in dem das Arbeitsentgelt auf ein Konto überwiesen wird, dessen alleiniger Inhaber der Arbeitgeber-Ehegatte ist und über das der Arbeitnehmer-Ehegatte lediglich Verfügungsvollmacht hat. Denn hierbei wird lediglich das Geld aus dem betrieblichen Bereich des Arbeitgeber-Ehegatten in dessen privaten Bereich überführt. Es fehlt der Übergang der durch Überweisung geleisteten Zahlung in den alleinigen Einkommens- und Vermögensbereich des Arbeitnehmer-Ehegatten. Dieser Übergang ist ein wesentliches Merkmal für den tatsächlichen Vollzug des Arbeitsverhältnisses, weil nach der Lebenserfahrung davon auszugehen ist, daß ein fremder Arbeitnehmer auf einen solchen Übergang des Entgelts in seinen Einkommens- und Vermögensbereich nicht verzichtet. Unerheblich ist es, wozu die auf ein solches Konto überwiesenen Beträge verwendet werden, insbesondere auch, ob es sich um ein sog. "Haushaltskonto" von Eheleuten handelt. Denn der Verwendungszweck ist kein zuverlässiges Merkmal für die Bestimmung, aus welchem Einkommens- und Vermögensbereich die Mittel stammen.
Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall sind die umstrittenen Beträge kein Arbeitsentgelt der Klägerin und damit keine Betriebsausgaben des Klägers. Nach den Feststellungen des FG wurden die Beträge auf ein privates Konto des Klägers überwiesen, für das lediglich eine Verfügungsvollmacht der Klägerin bestand.
2. Die Vorentscheidung, die von anderen Überlegungen ausging und die darauf beruht, war aufzuheben. Der Senat kann selbst entscheiden und weist die Klage ab.
Fundstellen
Haufe-Index 73487 |
BStBl II 1980, 350 |
BFHE 1980, 149 |