Leitsatz

1. Auch Rechtsanwaltsgesellschaften in der Rechtsform der AG kommen als vor dem BFH vertretungsberechtigte Personen in Betracht.

2. Für die ordnungsgemäße Begründung der Revision reicht es jedenfalls aus, wenn die Revisionsbegründung auf die in Kopie beigefügte Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde und auf den mit Gründen versehenen, die Revision wegen Divergenz zulassenden Beschluss des BFH Bezug nimmt, die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde ihrerseits ihrem Inhalt nach zur Begründung der Revision genügt und der BFH in seinem Zulassungsbeschluss das Vorliegen der gerügten Divergenz bejaht hat.

3. Der nach § 268 AO gestellte Aufteilungsantrag ist identisch mit dem in § 277 AO genannten Antrag auf Beschränkung der Vollstreckung. § 277 AO entfaltet seine Schutzwirkung für jeden der Gesamtschuldner, solange über einen Aufteilungsantrag noch nicht unanfechtbar entschieden ist. Verwertungsmaßnahmen (wie z.B. die Einziehung einer Forderung) sind daher erst nach Bestandskraft des Aufteilungsbescheids zulässig, unabhängig davon, ob der betreffende Gesamtschuldner diesen Schutz auch verdient.

 

Normenkette

§ 268 AO , § 277 AO , § 62a Abs. 2 FGO , § 115 Abs. 2 Nr. 2 zweite Alternative FGO , § 120 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a FGO , § 59c BRAO

 

Sachverhalt

Zusammen veranlagte Eheleute hatten die Aufteilung ihrer ESt-Schuld beantragt. Nach dem Bescheid des FA entfielen 100 % auf den Ehemann. Dieser erhob dagegen Klage. Ungeachtet dessen pfändete das FA seine Bankkonten und zog die Steuerschuld ein.

Die gegen die Pfändungs- und Einziehungsverfügung gerichtete Fortsetzungsfeststellungsklage hatte vor dem FG indes keinen Erfolg. Hinsichtlich der Einziehungsverfügung gelangte sie jedoch an den BFH, der insoweit dem Kläger Recht gab.

 

Entscheidung

Der Aufteilungsantrag der Eheleute habe einen Antrag auf Beschränkung der Vollstreckung nach § 268 AO beinhaltet. Nach § 277 AO hätten deshalb Vollstreckungsmaßnahmen nur so weit durchgeführt werden dürfen, als dies zur Sicherung des Anspruchs erforderlich ist, solange nicht über den Antrag auf Beschränkung der Vollstreckung unanfechtbar entschieden war. Es sei dabei unerheblich, welcher der Gesamtschuldner den Aufteilungsantrag gestellt hat. Der Vollstreckungsaufschub komme vielmehr auch dem Gesamtschuldner zugute, der nach der noch nicht bestandskräftigen Aufteilung die Steuer schuldet.

 

Hinweis

Die Entscheidung betrifft zwei wichtige allgemeine prozessuale Probleme und eine spezielle vollstreckungsrechtliche Frage:

1.Rechtsanwaltsgesellschaften sind zur Vertretung vor dem BFH berechtigt, wenn sie durch Personen tätig werden, die gem. § 3 Nr. 1 StBerG i.V.m. § 62a Abs. 1 Satz 1 FGO zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen und damit zur Vertretung vor dem BFH befugt sind. Die Rechtsform der Rechtsanwaltsgesellschaft wird in § 62a Abs. 2 FGO nicht vorgeschrieben. Die BRAO enthält freilich lediglich Zulassungsregelungen für Rechtsanwaltsgesellschaften in der Rechtsform einer GmbH. Es stellte sich deshalb die Frage, ob die BRAO (verfassungskonform) dahin auszulegen ist, dass auch Rechtsanwalts-AGs in entsprechender Anwendung der für GmbHs aufgestellten Regeln zugelassen werden (und dann vor dem BFH auftreten) können.

Der BFH hat dies angenommen: Das Grundrecht auf freie Berufswahl (Art. 12 Abs. 1 GG) lasse es "geboten erscheinen", auch Rechtsanwaltsgesellschaften in der Rechtsform einer AG zuzulassen.

Ob das die Zulassungsbehörde auch so gesehen hat, ob also trotz §§ 59c ff. BRAO die Bevollmächtigte des Klägers tatsächlich zugelassen worden ist, hat den BFH nicht weiter beschäftigt; er hat die Zulassung mangels Rüge des FA unterstellt. Ob eine – noch – nicht zugelassene Gesellschaft nach § 62a FGO vor dem BFH auftreten kann, ist dementsprechend nicht erörtert worden. Es dürfte gewiss zu bezweifeln sein.

2. Eine Revision kann grundsätzlich nicht durch Bezugnahme auf Schriftsätze begründet werden, die in einem früheren Abschnitt des Verfahrens eingereicht worden sind. Denn die Revisionsbegründung soll zeigen, dass der Revisionskläger sich mit dem angefochtenen Urteil auseinandergesetzt und anhand der Rechtsausführungen des FG seinen Rechtsstandpunkt selbstkritisch überprüft hat. Auch im Verhältnis zur Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde bestehen grundlegend unterschiedliche Anforderungen, weil § 115 Abs. 2 FGO, der die Zulassungsgründe regelt – entgegen der Annahme vieler Berufsangehöriger –, die Unrichtigkeit des FG-Urteils weder voraussetzt noch für eine Revisionszulassung genügen lässt. Gleichwohl hat die Rechtsprechung des BFH zugelassen, für die Revisionsbegründung auf die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde Bezug zu nehmen, sofern diese bereits eine kritische Würdigung des angefochtenen Urteils unter dem Gesichtspunkt seiner materiell-rechtlichen und/oder verfahrensrechtlichen Richtigkeit enthält.

Vorsicht ist indes geboten. Es ist dringend zu raten, von Bezugnahmen in der Revisionsbegründung abzusehen. Insbesondere dürfen Sie grundsätzlich auch nicht auf Schrift...

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