Rz. 96

Die folgenden Ausführungen betreffen Prüfungshandlungen, die sich unmittelbar auf den Jahres- und den Einzelabschluss sowie den Lagebericht beziehen, welche gem. § 320 Abs. 1 Satz 1 HGB i. V. m. § 324a Abs. 1 Satz 1 HGB von den gesetzlichen Vertretern der Kapitalgesellschaft und ihr gesetzlich gleichgestellten Unternehmen gefertigt und dem Abschlussprüfer unverzüglich vorgelegt werden müssen. Abbildung 13 gibt einen Überblick über die einzelnen Prüfungsobjekte des § 316 Abs. 1 Satz 1 HGB i. V. m. § 264 Abs. 1 Sätze 1, 2 HGB. Ob eine Kapitalmarktorientierung vorliegt, ist nach § 264d HGB zu beurteilen. Kapitalmarktorientierte Unternehmen gehören gemäß § 316a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 HGB zu den Unternehmen von öffentlichem Interesse, für die besondere Prüfungsvorschriften nach der Verordnung EU Nr. 537/2014 gelten.[1]

 

Rz. 97

Zur Abgrenzung zu den Vorprüfungen, die sich i. d. R. auf die Prüfung der außerbuchhalterischen Bereiche beziehen und noch vor Beendigung des zu prüfenden Geschäftsjahres vorgenommen werden können, finden Prüfungen des Jahres- und des Einzelabschlusses sowie des Lageberichts stets nach dem Bilanzstichtag und nach Beendigung der Aufstellungsarbeiten durch die gesetzlichen Vertreter statt. Sie werden in der betrieblichen Praxis deshalb auch als Hauptprüfungen bezeichnet.

 

Rz. 98

Aus den GoA folgt, dass der Abschlussprüfer verpflichtet ist, den gesamten Prüfungsprozess zu planen, in dem aus sachlicher, personeller und zeitlicher Sicht vorausschauend festzulegen ist,

  • welche Prüfungshandlungen vorzunehmen sind (Prüfungsprogrammplanung),
  • welche Prüfer dabei welche Aufgaben übernehmen (Personaleinsatzplanung) und
  • wann mit den Teil-Prüfungsprozessen zu beginnen und wie viel Zeit für die einzelnen Prüfungshandlungen vorzusehen ist, damit der Prüfungsauftrag termingerecht abgeschlossen werden kann (Prüfungszeitplanung).[2]

Abb. 13: Prüfungsobjekte von Kapitalgesellschaften und ihnen gesetzlich gleichgestellte Unternehmen

 

Rz. 99

Vor diesem Hintergrund muss sich der Prüfer darum bemühen, das Prüfungsobjekt zu strukturieren, um einzelne Prüffelder zu bilden. Im Hinblick auf die Prüfung der handelsrechtlichen Rechnungslegung bietet es sich an, die Prüffelder in Anlehnung an die vorhandenen Strukturen Buchführung, Jahres- bzw. Einzelabschluss und Lagebericht und innerhalb dieser Bereiche in Anlehnung an deren einzelne Posten festzulegen (Balance Sheet Audit), wobei aus Zweckmäßigkeitsüberlegungen einzelne Prüffelder in der Praxis häufig kombiniert werden. Darüber hinaus ergeben sich Strukturierungsmerkmale aber auch aus der Qualifikation der einzelnen Prüfer (z. B. Spezialisten für IT-Prüfungen oder Prüfungen der Pensionsrückstellungen). Mit einer sorgfältigen Prüfungsplanung bzw. einer Prüffeldbildung wird zugleich die Grundlage für eine zunehmende Urteilssicherheit und eine Rationalisierung des Prüfungsprozesses geschaffen (Lean Auditing). Im Ergebnis verbessert sich der Wirkungsgrad der Abschlussprüfung zunächst durch die mit der Prüfobjektstrukturierung einhergehende Generierung von Planungsalternativen (z. B. Zuweisung von Prüffeldern an Spezialisten oder Berücksichtigung von Reihenfolgebedingungen), aber auch infolge der aus der Bildung von Prüffeldern resultierenden Vermeidung von Doppelarbeiten. Schließlich wird durch die Ordnung des Prüfungsobjekts die Voraussetzung für eine permanente Kontrolle der Revisionsarbeiten durch den verantwortlichen Prüfungsleiter geschaffen.

[1] Vgl. "Abschlussprüfungen nach Handelsrecht – Unternehmen von öffentlichem Interesse"; Rz. 194 ff,

Entnommen aus Driesch, in Freidank/Altes, Das Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts, 2009, S. 159.

[2] Vgl. Freidank, Unternehmensüberwachung, 2012, S. 213 ff.; IDW PS 240, IDW, IDW Prüfungsstandards, IDW Stellungnahmen zur Rechnungslegung, Band I S. 1 ff., Stand: 11/2021.

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