Leitsatz

Gewinnanteile aus Anteilen an einer ausländischen (hier: polnischen) Kapitalgesellschaft, die nach § 8b Abs. 1 KStG bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz bleiben, zugleich aber auch nach Maßgabe eines sog. abkommensrechtlichen Schachtelprivilegs (hier: nach Art. 21 Abs. 1 Buchst. a S. 3 DBA-Polen 1972) von der Bemessungsgrundlage ausgenommen werden, sind nicht nach § 8 Nr. 5 GewStG dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzuzurechnen.

 

Normenkette

§ 6, § 7 S. 1, § 8 Nr. 5, § 9 Nr. 7 GewStG, § 8b Abs. 1 KStG, Art. 2 Abs. 3, Art. 10, Art. 21 Abs. 1 Buchst. a S. 3 DBA-Polen 1972, § 2 AO

 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine GmbH, war im Streitjahr 2003 an einer polnischen Kapitalgesellschaft (Sp. z.o.o. = GmbH) zu 75 % beteiligt.

Im November 2002 verpflichteten sich die Klägerin als Verkäuferin und eine polnische AG als Käuferin, einen Kaufvertrag über die Anteile der Klägerin an der Sp. z.o.o. abzuschließen. Das wirtschaftliche Eigentum an den Anteilen rückwirkend zum 01.01.2003 übergehen. Entsprechend dieser Verpflichtung wurde die Beteiligung im März 2003 veräußert.

Im Februar 2003 beschloss die Sp. z.o.o., für 2002 eine Gewinnausschüttung an die Klägerin vorzunehmen.

Das FA vertrat die Auffassung, dass die Gewinnausschüttung der Sp. z.o.o. zwar nach § 8b Abs. 1 und 5 KStG zu 95 % von der KSt befreit sei, dass diese Steuerfreiheit im Ergebnis aber nicht für die GewSt gelte. Vielmehr sei dem Gewinn aus Gewerbebetrieb der steuerfreie Gewinnanteil gem. § 8 Nr. 5 GewStG hinzuzurechnen, da die Voraussetzungen des § 9 Nr. 7 GewStG nicht erfüllt seien.

Ihre Klage gegen die geänderten Steuerbescheide des FA war erfolgreich (FG Düsseldorf, Urteil vom 16.06.2009, 8 K 3412/06 G,F, Haufe-Index 2316378, EFG 2010, 899).

 

Entscheidung

Der BFH hat das FG bestätigt:

Prinzipiell schlage § 8b Abs. 1 KStG zwar auf die Ermittlung des Gewerbeertrags nach § 7 S. 1 GewStG durch. So gesehen bleibe kein Raum für das DBA-Privileg. Infolge der Hinzurechnung nach § 8 Nr. 5 GewStG sei das aber anders. Diese neutralisiere die § 8b Abs. 1-Freistellung, "reichere" die Bemessungsgrundlage also wieder just um jene Dividende an, die das DBA-Privileg begünstigen wolle. Folglich scheide die Hinzurechnung aus.

 

Hinweis

Es handelt sich um ein gewerbesteuerentlastendes Urteil mit vielfachen interessanten und folgenreichen dogmatischen Facetten:

1. Nach § 7 S. 1 GewStG ist Gewerbeertrag bekanntlich der Gewinn nach EStG/KStG, vermehrt und vermindert um die in den §§ 8 und 9 GewStG bezeichneten Beträge. Dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzugerechnet werden nach § 8 Nr. 5 GewStG (u.a.) die nach § 8b Abs. 1 KStG außer Ansatz bleibenden Gewinnanteile (Dividenden) und die diesen gleichgestellten Bezüge und erhaltenen Leistungen aus Anteilen an einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse i.S.d. KStG, soweit sie nicht die Voraussetzungen des § 9 Nr. 2a oder 7 GewStG erfüllen, nach Abzug der mit diesen Einnahmen, Bezügen und erhaltenen Leistungen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Betriebsausgaben, soweit diese nach § 8b Abs. 5 KStG unberücksichtigt bleiben.

2. § 9 Nr. 7 S. 1 GewStG betrifft das gewerbesteuerliche internationale Schachtelprivileg. Danach wird die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen u.a. gekürzt um die Gewinne aus Anteilen an einer Kapitalgesellschaft mit Geschäftsleitung und Sitz außerhalb des Geltungsbereichs des GewSt, an deren Nennkapital das Unternehmen seit Beginn des Erhebungszeitraums ununterbrochen mindestens zu 15 % (früher: einem Zehntel) beteiligt ist (Tochtergesellschaft) und die ihre Bruttoerträge ausschließlich oder fast ausschließlich aus unter § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 AStG fallenden Tätigkeiten und aus Beteiligungen an bestimmten Gesellschaften bezieht, an deren Nennkapital sie mindestens zu einem Viertel unmittelbar beteiligt ist, wenn die betreffenden Gewinnanteile bei der Ermittlung des Gewinns angesetzt worden sind.

Mit anderen Worten:"Streubesitzer" unterhalb der Mindestbeteiligungsquote sowie solche Anteilseigner, die zwar oberhalb dieser Quote liegen, jedoch aus anderen Gründen an den Tatbestandsvoraussetzungen des § 9 Nr. 7 GewStG scheitern, müssen die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 5 GewStG dulden – es sei denn, und das war die Kern-Streitfrage im Urteilsfall, sie erfüllen die Voraussetzungen eines DBA-Schachtelprivilegs. Denn davon ist in § 8 Nr. 5 GewStG keine Rede und deshalb gibt es – jedenfalls vordergründig – auch nichts hinzuzurechnen.

3. Nun hat der BFH (im Urteil vom 14.01.2008, I R 47/08, BFH/NV 2009, 854, BFH/PR 2009, 227) zwar erst vor Kurzem entschieden, dass unilaterale und bilaterale Schachtelprivilegien zweierlei sind. I. d. R. wirkt sich das indes nicht aus, weil § 8b KStG weiterreicht und das DBA-Privileg im Grundsatz verdrängt. Es gibt dazu jedoch Ausnahmen, und eine solche wird hier vom BFH angenommen:

Zwar bleibt § 8b Abs. 1 KStG gem. § 7 S. 1 GewStG als gegenüber der Abkommensregelung günstigere nationale Regelung zunächst – auf der 1. Stufe – uneingeschränkt anwendbar. Die hiernach freige...

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